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Montag, 30. Juli 2012

Sarrazins alte Leier - und mal eine andere Autorenlesung


"Objektive Faktoren sind für diese Unterschiede nicht maßgebend,
vielmehr ist es die Mentalität der Völker."


Thilo Sarrazin, "Deutschland braucht den Euro nicht"
http://www.wiwo.de/politik/deutschland/europa-braucht-den-euro-nicht-die-provokantesten-
zitate-aus-dem-sarrazin-buch/6643422.html?slp=false&p=4&a=false#image


Bei Thilo Sarrazin weiß man, was man bekommt. Seine Argumentation dreht sich immer wieder um vermeintlich fest verankerte, seiner Überzeugung nach genetisch begründete Unterschiede der "Qualität" zwischen Menschen verschiedener Herkunft – ob es sich nun um Einwanderer handelt (“Deutschland schafft sich ab”) oder um Teilnehmer an der Währungsunion (“Deutschland braucht den Euro nicht”).

Wie Textvergleiche zeigen, muss er wohl auf dem Speicher oder sonstwo ein paar alte Schinken gefunden haben, die sich als unverwüstlich erweisen (z.B. von Friedrich Reinöhl, 1937; siehe
http://guttmensch.blogspot.com/2011/04/nazi-wissenschaftler.html). 

Auch mit seinem neuen Bestseller hat sich Sarrazin an sein mittlerweile bewährtes Rezept gehalten: Er vermischt Kritik an tatsächlich bestehenden und gut bekannten Problemen mit den völkisch-genetischen Deutungen der “Rassenhygieniker”, wie sie seit den 1920er Jahren populär wurden. Diese Art von Populismus kommt an, immer noch und wieder. Denn Menschen neigen impulsiv dazu, Erfolg und Misserfolg in einer Weise zu deuten, die sie selbst in einem guten und “die anderen” in einem weniger guten, im Konfliktfall besonders schlechten Licht dastehen lässt. Dies haben solide psychologische Untersuchungen vielfach gezeigt (siehe Literatur zu “Attributionstheorie”). Die meisten von uns schreiben Erfolg oder Misserfolg nach einem bestimmten Muster eher festen Eigenschaften oder eher den Umständen zu; nämlich: eigenen Erfolg der eigenen Tüchtigkeit; eigenen Misserfolg widrigen Umständen; Erfolg anderer günstigen Umständen; Misserfolg anderer deren Untüchtigkeit.

Mit “Deutschland braucht den Euro nicht” dreht Thilo Sarrazin die alte Leier: Wir sind tüchtig, die anderen sich untüchtig; alle Probleme lassen sich darauf zurückführen, dass wir Tüchtigen uns aus eingeredeten Schuldgefühlen heraus zuviel mit den Untüchtigen einlassen. Sein zweiter Bestseller ist kein Sachbuch über Bankwesen oder Währungspolitik; es ist ein Bedürfniserfüllungsbuch für Menschen, denen es gerade angesichts wirtschaftlicher Bedrohungen besonders wichtig ist, sich tüchtig und überlegen zu fühlen.


Aus impulsiven Zuschreibungen nach dem Muster “wir sind tüchtig, die anderen sind untüchtig" treten wir heraus, wenn wir die Welt auch einmal aus der Perspektive von Menschen betrachten, die selbst Chancenlosigkeit erlebt haben – und doch noch eine Chance bekamen. Das ermöglichen z.B. Veranstalter, die Autoren wie Philip Oprong Spenner einladen. 
Aus einer Ankündigung der Buchhandlung Machwirth, Alzey, zur Autorenlesung des Buches “Move on up, Ich kam aus dem Elend und lernte zu leben“ (im Juni 2012):

"Philip Oprong Spenner wächst als Vollwaise in Kenia auf – das Leben auf der Straße ist sein Alltag. Mit 12 kommt er in ein Waisenhaus und hat erstmals die Chance auf eine Schulbildung. Als Philip zwanzig ist, adoptiert ihn ein Hamburger Arzt, der zuvor die Patenschaft für ihn im Waisenhaus übernommen hatte. ...  (Heute) ... arbeitet (Philip) ... als Lehrer an einer Hamburger Schule und kümmert sich um die „Problemkinder“ unserer Gesellschaft – Jugendliche, auf der Suche nach sozialem Halt und Anerkennung. Philip Oprong Spenner sieht sich als einer von ihnen und er hat das Standing, ihnen zu helfen, weil er sie versteht und ernst nimmt. ...

‚Ich war und bin ein Exot. Ein Exot, der eine riesige Chance bekommen hat. Diese Chance wurde mein Leben.‘ Philip Oprong Spenner.“
http://www.machwirth.de/veranstaltung/autorenlesung-mit-philip-oprong-spenner
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Sarrazin-Buddy Henryk Broder preist auch dessen neues Buch in den Himmel, einzig und allein aufgrund dessen, dass Sarrazin mal wieder ein Tabu verletzt haette:

Weil er die deutsche Europa-Politik mit der Buße für den Holocaust begründet, wird Thilo Sarrazins neues Buch verdammt, bevor es gelesen wurde. Das aber zeugt von einer totalitären Gesinnung. ... Damit hatte sich Sarrazin am Allerheiligsten der deutschen Geschichte vergangen, dem Holocaust.“http://www.welt.de/kultur/article106355851/Sarrazin-hat-einen-sehr-deutschen-Nerv-getroffen.html

 
Noch eine interessante Beobachtung zu Sarrazins Euro-Buch, seinem zweiten Bestseller. - Aus einer Buchbesprechung in der ZEIT von Henrik Enderlein, Professor für Politische Ökonomie und Vize-Rektor der Hertie School of Governance in Berlin (Hervorhebung in Fettdruck von mir):
http://www.zeit.de/2012/22/L-Sarrazin/seite-2
„... Das Beispiel deutet außerdem auf Sarrazins sehr bemerkenswertes Verständnis von nationalem Wohlstand und Wachstum hin. Gut ist, wenn ein Land besser dasteht als der Durchschnitt. Sarrazin scheint es nicht zu interessieren, ob es einem Land absolut besser oder schlechter geht, sondern nur, wie sich die relative Position von Land A gegenüber Land B verhält. Der Datenteil des Buches ist voll mit solchen Vergleichen. Dass Sarrazin relative Größen als Indikatoren für wirtschaftlichen Erfolg wählt, muss verwundern. ...“

Interessant ist das deshalb, weil sich Sarrazin in seinem ersten Bestseller ausfuehrlich darueber mokierte, dass Armut in Deutschland als „relative Armut“ bemessen wird, als „Armut im Vergleich zum jeweiligen sozialen Umfeld”. Den Armen in Deutschland, so argumentierte er in “Deutschland schafft sich ab”, ginge es doch gut, da sie nur “relativ arm” seien und nicht richtig arm. Das Konzept der relativen Armut habe “mit Armut im klassischen Sinne nichts zu tun”.

Obwohl er als Oekonom eigentlich wissen muesste, dass verschiedene Gesellschaften durchaus sehr unterschiedliche Einkommensverteilungen haben (nicht umsonst gibt es zur Darstellung von Ungleichverteilung ein statistisches Mass, genannt Gini-Koeffizient), stellte er beilaeufig eine gefuehlte neue These auf. „Offenbar folgt die Einkommensverteilung unabhängig vom erreichten wirtschaftlichen Niveau überall ähnlichen Gesetzmäßigkeiten und führt zu ähnlicher Ungleichheit.” Dies bestaetige “den irreführenden Charakter einer Armutskonzeption, die sich auf die relative Armut konzentriert.”
Aber im Verhaeltnis der Nationen untereinander ist ihm wichtiger, dass das eigene Land im Konkurrenzkampf andere schlaegt, als dass es eine weltweite positive Entwicklung gibt. Da zaehlt der Vergleich mit anderen auf einmal mehr, als selbst gut genug leben zu koennen.
Wie soll das nun zusammenpassen?
Es laeuft auf dieses Fazit hinaus:
Fuer die Armen muss es reichen, wenn sie so gerade genug zum Ueberleben haben; ganz unabhaengig davon, von welchem Wohlstand sie umgeben sind. Viel aus ihrem Leben machen koennen sie wegen Minderbegabung sowieso nicht. Der Sinn des Lebens fuer die Tuechtigen besteht hingegen darin, in Konkurrenz mit anderen und gern auf deren Kosten Wohlstand anzuhaeufen. Es geht darum, zu beweisen, dass sie die wertvolleren Menschen sind - und als Kollektiv ein ueberlegenes Volk.
Dahinter steht die sozialdarwinistische Ideologie vom
Survival of the Fittest.
Die wurde von Sarrazin in seinem ersten Beststeller ja auch ausdruecklich beschworen.
 


Einschub 17.05.2013

Kampf ums Dasein, Wettbewerb und “Rennen an die Spitze”

Der Kampf um's Dasein muss in seiner vollen Schärfe erhalten bleiben, wenn wir uns rasch vervollkommnen sollen, das bleibt sein Dictum. - Alfred Ploetz, 1885
http://guttmensch.blogspot.com/2011/05/feindbild-gutmensch-co-ein-klassiker.html
Competition is good—but only when it encourages a “race to the top.” That’s true in business and among the states as well.
(Wettbewerb ist gut – aber nur, wenn er zu einem “Rennen an die Spitze” anreizt. Das gilt im Geschaeftsleben und auch zwischen Staaten.)

Aus einer Eigenwerbung des “American Legislative Exchange Council” (ALEC). -
http://blog.heritage.org/tag/american-legislative-exchange-council/


Der geradezu religioese Glaube an die Segnungen eliminatorischen Wettbewerbs (im Sinne von Survival of the Fittest – Ueberleben der “Fittesten”; d.h. Lebensrecht nur fuer die, die im Rennen vorne sind; wohin es auch gehen mag) ist ein Erbe des Sozialdarwinismus. Er ist heute noch praegend. Thilo Sarrazin bezieht sich auf Survival of the Fittest als selbstverstaendlichen Grundwert. Dass solche Vorstellungen sich nicht so schnell aendern, dazu tragen Individuen und Gruppen, die sich selbst fuer besonders “fit” halten, nach Kraeften bei – zum Beispiel die oben zitierte Lobbygruppe “American Legislative Exchange Council” (ALEC). Deren Einfluss in der Entstehungsgeschichte des umstrittenen “Stand-Your Ground” Gesetzes (zur Erweiterung des Notwehr-Begriffs und dadurch Unterstuetzung des Kleinwaffen-Handels) rueckte durch den Fall Trayvon Martin ins Rampenlicht.
Siehe Stichwort “ALEC” auf dem Post “Suedstaaten Blues”; 
http://guttmensch.blogspot.com/2013/05/sudstaaten-blues.html


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"Konstanten der Menschheitsgeschichte"

Sarrazin vermutet in der Beschaffenheit von Hierarchien weitgehend unveränderliche Konstanten der Menschheitsgeschichte (ähnlich wie bei der Einkommensverteilung; s.o.).


“Sucht man das Gemeinsame aller menschlichen Gesellschaftsformen seit Beginn der bekannten Geschichte, so stößt man auf folgende Konstanten der Menschheitsgeschichte:

• Es gab stets soziale Organisationsformen, die über den bloßen Familienverband hinausgingen.
• Es gab in diesen Organisationsformen stets eine Hierarchie.
• Die Hierarchie der Organisationsformen beruhte stets wesentlich auf der Möglichkeit zur Gewaltausübung. Sie war stabiler, wenn sie religiös oder materiell legitimiert wurde, am besten war es, wenn beides zutraf.”
DSSA


Äh? Je stabiler (starrer?) die Hierarchie desto besser?
Ach so – weil’s immer schon so war.
Da fällt mir eine Zeile aus einem Lied von Willy Millowitsch ein:
“s’war immer so, s’war immer so, s’war immer immer so”
http://www.youtube.com/watch?v=Dr3jNcENSn4

Sarrazin vergisst aber, dass es zwischen verschiedenen Gesellschaften sehr große Unterschiede gibt bezüglich der “Machtdistanz”.
Machtdistanz (Power Distance Index - PDI) – nach Geert Hofstede: “Der Power Distance Index gibt an, inwieweit weniger mächtige Individuen eine ungleiche Verteilung von Macht akzeptieren und erwarten. Hohe Machtdistanz steht dafür, dass Macht sehr ungleich verteilt ist, geringe Machtdistanz steht dafür, dass Macht gleichmäßiger verteilt ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Geert_Hofstede



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"Die Armut in Deutschland ist unuebersehbar"

http://www.youtube.com/watch?feature=endscreen&v=WzU7xuh1kcI&NR=1



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Sarrazin ist auf dem rechten Weg:
“Eurokritik als 2. Hauptthema neben der Islamkritik” -  “nicht allein als islamkritisch wahrgenommen werden” – “sich quer zum Mainstream positionieren”

Aus:
PRO-BEWEGUNG auf dem Weg zur Anti-Euro Partei?
6. September 2011 von Schreiber
freiheitlich. leben und bloggen

http://www.freiheitlich.me/?p=5173

Der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel hat es erst am Montag wieder in der “Jungen Freiheit” gesagt: Deutschland braucht eine Anti-Euro Partei  - und die Demoskopen wissen: Das Wählerpotential dafür wäre riesig!
Seit Monaten beackert bereits die PRO-BEWEGUNG dieses Thema. [...]
Die Vernetzung zu prominenten Euro-Kritikern wie den Professoren Karl-Albrecht Schachtschneider (oben im Foto mit Judith Wolter) und Wilhelm Hankel ist seit langem gegeben, ebenso wie zu ersten Verbandsvertretern der klein- und mittelständischen Wirtschaft, wie aus Kreisen der PRO-BEWEGUNG unter der Hand zu erfahren ist.
Ist also die PRO-BEWEGUNG, zusammen mit anderen Parteien wie den Republikanern übrigens, auf dem Weg zu der von Hans-Olaf Henkel geforderten Anti-Euro-Partei?
Eine passende Antwort darauf lieferte heute wieder die PRO-KÖLN-Fraktionsvorsitzende Judith Wolter:
“[...] Euro-Kritikern wie Prof.Karl-Albrecht Schachtschneider oder Prof. Wilhelm Hankel ist völlig zuzustimmen, wenn  sie von einer drohenden ‘Sowjetunion light’ sprechen! […] für die PRO-BEWEGUNG sage ich ganz deutlich: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!” Quelle: Gegen die drohende Diktatur der EU-Politkommissare!


 20 Kommentare zu PRO-BEWEGUNG auf dem Weg zur Anti-Euro Partei?
  neugierig 6. September 2011 - 10:59
  Tolle Frau, ein echtes Aushängeschild für PRO!
  Und die Eurokritik als 2. Hauptthema neben der Islamkritik finde ich richtig
  und wichtig!!!


  [...]

  Patriot Act! 6. September 2011 - 11:30
  Vermutlich die effizienteste Möglichkeit Nichtwähler zu mobilisieren!
  Übrigens das Wählerpotential liegt bei etwa 45 Prozent. Nach den neusten Erhebungen in
  Österreich.

  parcival 6. September 2011 - 11:58
  Es ist auf jeden Fall zu begrüßen, dass Pro mit der Anti-Euro-Kampagne ein
  äußerst wichtiges Feld beackert, quasi ein weiteres Alleinstellungsmerkmal.
  Das ist eine sehr wichtige Entwicklung, damit Pro nicht allein als
  islamkritische Partei wahrgenommen wird. Freiheitliche können sich in vielen
  Bereichen quer zum Mainstream positionieren:
   - Islam
  - Europa / Euro
  - Nein zur Schuldenpolitik
  - Schule! Leistung statt Gleichmacherei
  - Nein zu Klimaschwindel und Energieabzocke
  - Nein zum Gender mainstreaming und Homolobbyismus
  - wirksamer Lebensschutz von der Empfängnis bis zum Tod
  - Innere Sicherheit: Opferschutz statt Täterschutz
  - Außenpolitik / Militär: Bedrohte Völker schützen: ja, Steigbügelhalter für
    Öl-Interessen u.ä.: nein!  
  Das wären die Grundthemen für die gemeinsame Wahlplattform 2013 aus Pro, Rep,
  Rest-Freiheit u.a.
  Ansonsten glaube ich leider, dass Don Geraldo Recht hat. Henkel wird wie
  Sarrazin meckern, aber für eine Mitarbeit bei den “Rechten” reicht dann doch
  der A… in der Hose nicht aus.

  […]


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