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Sonntag, 17. März 2013

"Du bist nichts, dein Volk ist alles" (Heinrich Deist, 1924): Der Traum vom Dritten Reich minus Hitler

An anderer Stelle auf diesem Blog war schon von Sarrazins Traum die Rede (dargestellt im Schlusskapitel von DSSA). Diesen Traum habe ich mit Francis Galtons Eugenik-Utopie vom Land “Kantsaywhere” verglichen. Galton selbst und sein Jünger Karl Pearson propagierten die Idee der Eugenik/ Rassenhygiene wie eine Religion; die deutschen “Rassenhygieniker” Alfred Ploetz und Eugen Fischer gehörten zu ihren direkten Ansprechpartnern. Deutschland nach dem 1. Weltkrieg war eine “Spielwiese” für den Versuch, radikale Utopien in einem real existierenden, fragilen Staat in die Praxis umzusetzen. Das betraf nicht “nur” den Kommunismus, sondern auch die Eugenik/ Rassenhygiene, die sich in den 1920er Jahren mit der rassistisch-antisemitischen Form des Antibolschewismus (Antikommunismus) verband und im Nazi-Terror mündete.

Bis heute hält sich in etlichen, gar nicht so kleinen Nischen die Vorstellung, die Idee vom “Dritten Reich” – vereinfacht gesagt, von der der Überwindung des “Klassenkampfs” durch biologisch verstandende Volksgemeinschaft und Kampf gegen “Minderwertigkeit” - sei doch eigentlich gut gewesen, hätten nur Hitler und Konsorten sie nicht pervertiert, bzw. wären die Deutschen nicht von dieser Handvoll Verbrecher verführt worden.

Diese Nischen finden sich nicht nur in rechtsextremen Parteien und Bewegungen, sondern auch in den etablierten Parteien, einschließlich der SPD. Insofern kann sich Sarrazin im Recht fühlen, wenn er seine Ideen für “sozialdemokratisch” hält. Wie Tilman Fichter, ein maßgeblicher Unterstützer des ominösen “Hofgeismarkreises” in der SPD, schon 1994 sagte (s.u.): "Die heutige SPD ist eine erstaunlich liberale Partei. ... Ich trete seit vielen Jahren für die Freiheit der Andersdenkenden ein. ... “
 
Es gibt deutliche Berührungspunkte zwischen den eugenisch-völkischen Positionen des historischen und wiederbelebten Hofgeismarkreises und denen von Thilo Sarrazin.
 

 
 
 
 
 
 
 
 
Abbildung links: Wappen des Hofgeismarkreises auf der Publikation “Der Hofgeismarkreis der Jungsozialisten” von Sascha Jung (1998)
Abbildung rechts: Alfred Ploetz (1860-1940). - Er führte in Deutschland den mit Eugenik-Begründer Galton abgestimmten Begriff “Rassenhygiene” ein.
 
Beide Abbildungen stammen von einer Webseite des “Hofgeismarkreises”. Im dem dazugehörigen Artikel wird Ploetz zustimmend zitiert und Thilo Sarrazin mit dem Argument unterstützt, dass “Biopolitik auch ein traditionell sozialdemokratisches Anliegen war”.
 
 
 
 


 
 
Den Artikel "Rechte Genossen” von Peter Kratz (1999) auf http://www.bifff-berlin.de/SPD4.htm fand Google mit der Suchkombination “Hans F. K. Günther” UND Hofgeismar. Es ging bei der Suche um ein schnelles Abchecken, ob es Bezüge geben könnte zwischen dem Nazi-“Rassepapst” Hans F. K. Günther und dem in Hofgeismar geborenen Journalisten und Verleger Joachim Günther alias Johann Siering (1905 – 1990), der in der Nachkriegszeit einige Jahre mit Paul Fechter zusammenarbeitete. Zusammen mit Fechter gab Joachim Günther (Siering) die 1954 gegründete Zeitschrift “Neue Deutsche Hefte” heraus. Joachim Günther war Sohn eines Bürgermeisters von Hofgeismar; als sich 1923 überwiegend rechte Jungsozialisten in Hofgeismar trafen und den “Hofgeismarkreis” gründeten, war er 18 Jahre alt. (Hans F. K. Günther wird in dem Artikel von Peter Kratz erwähnt. Joachim Günther kommt nicht darin vor; aber dass er einer von den rd. 100 Jugendlichen war, die an dem “Event” teilnahmen, kann man mit einiger Berechtigung vermuten.)

Paul Fechter wiederum, daher mein Interesse an seinen Netzwerken, war ein Mentor des Arzt-Dichters Hans-Christian Sarrazin (Vater von Thilo Sarrazin); er verfasste in der Nazi-Zeit u.a. eine lobhudelnde Biographie des Schöpfers des Begriffs “Drittes Reich”, Arthur Moeller van den Bruck.
 
Durch diese Suche (siehe auch Post “Mehr zum Thema Nostalgie”) stie
ß ich auf den Begriff “Hofgeismarkreis” und den Artikel von Peter Kratz.
 


Auszug:


Eine keineswegs randständige Erscheinung sind die neuen Fascho-Jusos aus Sachsen, die sich 1992/93 im wiederbelebten "Hofgeismarkreis" zusammenfanden und für ihre nationalistische Agitation die Büroinfrastruktur der SPD in Leipzig nutzen konnten. Ihre Ideen haben inzwischen große Teile der ostdeutschen SPD-Jugend beeinflußt.
 
 

Weitgehend unbekannt ist es bisher geblieben, daß an der Basis der ostdeutschen Juso-Verbände eine nationale Orientierung vorherrscht, auch wenn man sich nach außen hin von einigen Eskapaden der Leipziger distanzierte, wie z. B. von ihrem öffentlich bekundeten Verständnis für den ausländerfeindlichen Pogrom von Rostock-Lichtenhagen.

Weil der SPD-Nachwuchs in Ostdeutschland nur wenige Mitglieder zählt, die sich zudem scharf nach links gegen die PDS-Konkurrenz abgrenzen, kann eine kleine, gut organisierte rechte Gruppe hier einiges bewirken, erst recht, wenn sie von den Parteioberen geduldet wird. "Wir als sächsische Jusos haben versucht, über inhaltliche Arbeit die Hofgeismarer ins Vereinsleben einzubinden", meinte der dortige Landesvorstand noch im Januar 1995. Die Fascho-Jusos selbst schrieben im April 1995 über sich: "Für die Leipziger Jusos verlief die Juso-Landeskonferenz im Wesentlichen erfolgreich. Sie haben sowohl ihre inhaltlichen und strukturellen Positionen als auch ihre Personalvorschläge großenteils durchsetzen können."

Der neue "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten Deutschlands", wie sich die Gruppe um Sascha Jung, Harald Heinze, Dirk Larisch und Heiko Oßwald nennt, hat ihren historischen Namen mit Bedacht gewählt. Zu Ostern 1923 trafen sich über 100 überwiegend rechte Jungsozialisten in dem mitteldeutschen Städtchen Hofgeismar. Sie waren von der überwiegend bürgerlich bestimmten Lebensreformbewegung und ihrem völkisch-religiösen Kitsch angetan und aufgewühlt von der gerade erfolgten Besetzung des Ruhrgebietes durch das französische Kapital, das sich wegen der Ausplünderung des lothringischen Kohle- und Stahlreviers durch das deutsche Kapital seit 1871 und der Kosten des Weltkriegs schadlos halten wollte. Die intellektuellen Anführer dieser Gruppe, die sich fortan "Hofgeismarkreis der Jungsozialisten" nannte und in scharfer Opposition zur marxistischen Juso-Mehrheit der 20er Jahre stand, orientierten den anfänglichen Kitsch auf die völkisch-elitären Ideen der Konservativen Revolution, auf einen "Sozialismus", den sie mit Oswald Spengler "preußisch" und mit Otto Strasser "deutsch" nannten. Er entsprach der "Kriegssozialismus"-Demagogie des rechten SPD-Flügels. Die Verständigungspolitik, die die SPD ab 1919/20 im Reichstag gegenüber den Siegern des Weltkriegs verfocht, wurde von ihnen als Verrat an der Nation bekämpft. Sie wollten Revanche und den Sieg Deutschlands als den Sieg ihres "Sozialismus", wie 1914/15.

Otto-Ernst Schüddekopf, ein Sympathisant der Nationalrevolutionäre, formulierte das Ziel der 1923er Hofgeismar-Politik in seinem Buch "Linke Leute von rechts" 1960 so: "Frieden sei Nichtkrieg und man könne nicht sagen: Frieden um jeden Preis. Das Ziel müsse die revolutionäre Verwandlung der Zivilisationswelt sein, nicht zu einem Paradies, sondern zu einem heroischen Dasein." Die Hofgeismarer waren gegen den Völkerbund und gegen Konfliktregelungsinstitutionen. Sie befürchteten, Deutschland solle Aufmarsch- und Kriegsgebiet für eine west-östliche Auseinandersetzung zwischen den USA, Frankreich und England einerseits und der jungen Sowjetunion andererseits werden - "Glacis".

Das Jahr 1923 war das turbulenteste der jungen Republik. Im Januar hatten die französischen Truppen das Ruhrgebiet besetzt, um die Kohlelieferungen nach Frankreich sicherstellten. Gegen die fremden Besatzer lebten die "Ideen von 1914" wieder auf, die bürgerliche Weimarer Republik unter Friedrich Ebert fand sich vereint im passiven Widerstand, der die Wirtschaft zusammenbrechen ließ, und nur einige Unternehmer - wie Hugo Stinnes - verdienten durch Spekulationen kräftig an dieser Situation. Die SPD trat im Sommer wieder in die Reichsregierung einer Großen Koalition ein; ihr linker Flügel bildete dagegen im Oktober in Thüringen und Sachsen Volksfrontregierungen mit der KPD […]; Ebert ließ die Reichswehr gegen die SPD/KPD-Regierungen marschieren und betraute den Reichswehr-General von Seeckt mit der zeitweiligen Militärdiktatur über das Reich […]; die SPD trat wieder aus der Reichsregierung aus, stimmte aber im Reichstag zweimal den ersten Ermächtigungs-gesetzen zu, die […] drastische Verschlechterungen der sozialen Bedingungen zur Folge hatten […]; der Währungskommissar der Reichsregierung, Hjalmar Schacht, bekämpfte mit windigen Finanzkonstruktion die Inflation der Reichsmark [..].

Das Juso-Treffen vom April 1923 geriet flugs zu einem quasireligiösen germanen-tümelnden Lichtfest mit Rezitationen völkischer Gedichte und Beschwörungen der "Ideen von 1914". Reden und Referate waren bestimmt von Tiraden gegen die Demokratie, die sie als dem "deutschen Volkscharakter" angeblich unangemessen betrachteten, und gegen den Versailler Friedensvertrag. Ihre Agitation reichte bis zum Aufruf für einen Revanchekrieg gegen Frankreich, um die Ergebnisse des Ersten Weltkriegs zu revidieren. Miefig-piefig wurde Nietzsches "Feuerspruch" an lodernden Flammen theatralisch vorgetragen, und die Jubelrufe "Es lebe Deutschland!" prägten die Stimmung an diesem Osterfest, das die Hofgeismarer Jusos heidnisch statt christlich feierten. [...]

Statt dessen wurden die "Stahlgewitter" (Ernst Jünger) der sinnlosen Materialschlachten mit den Krupp-Kanonen heldisch verklärt, Deutschtum beschworen und einer hierarchischen ständestaatlichen Gesellschaft mit Führern an der Spitze das Wort geredet. Die Aufbruchstimmung dieser Zeit, die sich aus den furchtbaren Lehren des Ersten Weltkriegs ebenso speiste wie aus dem neuen Selbstbewußtsein nach den gewonnenen Revolutionen, eine Stimmung, die große Teile der Arbeiterbewegung und der kritischen Intelligenz bestimmte, wurde antiemanzipatorisch gewendet, nach rechts, zu einem irrealen Heroismus eines siegreichen Deutschland über allem in der Welt. Es war Reichspräsident Friedrich Ebert, der 1922 das Deutschlandlied Hoffman von Fallerslebens als Nationalhymne durchsetzte, Kurt Schumacher half dabei, es 1952 gegen breiten Widerstand in allen politischen Lagern erneut durchzusetzen.

Der Hofgeismarkreis war Teil derselben Atmosphäre des Jahres 1923, in der Ebert und die Reichsregierung - darunter SPD-Justizminister Gustav Radbruch, Monate vorher Gründungsmitglied des Hofgeismarkreises - die legalen SPD/KPD-Volksfrontregierungen kurzerhand absetzen ließen, aber gegen die illegale rechtsputschistische bayrische Landesregierung tatenlos blieben. Wiederum, wie 1918/19, galt es vor allem, die antikapitalistische Linke zu schwächen, ideologisch und notfalls militärisch. So wundert es nicht, daß die Hofgeismarer auch praktisch wurden: Einige kämpften in Freikorps an Rhein und Ruhr gegen Kommunisten, Anarchisten und rheinische Separatisten, um in dem Chaos des Jahres 1923 wenigsten die Einheit der deutschen Nation zu erhalten, die sie wie 1914 mit dem Sozialismus verwechselten.

Der Hofgeismarer Karl Bröger, der später "Gauführer" der faschistoiden Organisation "Reichsbanner" wurde, eröffnete das 1923er Treffen. Er war ein verquaster Schwarmgeist, den man als "Arbeiterdichter" mißverstand. So wird er noch 1993 im "Vorwärts" bezeichnet. In Wahrheit kämpfte Bröger romantizistisch und treudeutsch gegen die Weimarer Moderne, in der Dadaismus, Agitprop, politische Revue aufblühten, in der die wahren linken Autoren Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Alfred Döblin, Kurt Tucholsky hießen und Bert Brecht sich mit seinen ersten Theaterstücke bereits als anerkannter Dramatiker durchgesetzt hatte. Gegen sie verzapfte Bröger am Hofgeismarer Osterfeuer völkischen Mist. Die "Jungsozialistischen Blätter" druckten seinen Vortrag: "Wer recht tief aus wohlverstandenem deutschen Geiste lebt, muß Sozialist sein, und viele Züge unseres Volkstums, selbst so lächerliche wie die deutsche Vereinsmeierei, deuten auf die innere Verbundenheit von deutscher Art zum Sozialismus." […]

"Als Mensch ist der blonde Brite uns natürlich tausendfach mehr sympathisch als sein schwarzer Bundesgenosse: der Franzmann", schrieb damals ein anderer Hofgeismarer. Die "Fiktion der Gleichheit" der Menschen wurde von dem Kreis bekämpft, den Säbel ließ man kräftig rasseln: "Wir fühlen uns als Enkel jener Germanen, die das römische Joch brachen. Unsere Gedanken folgen den Spuren der Ordensritter nach Osten." Hofgeismar sollte der Anbruch der Epoche "des schaffenden Mannes" und seiner "reifen Männlichkeit" sein. "Du bist nichts, Dein Volk ist alles", schrieb Heirich Deist 1924 im "Politischen Rundbrief des Hofgeismarkreises", "das Individuum ist nichts ohne die Verwurzelung im Volk." Deist wurde 1931 persönlicher Referent des preußischen Innenministers Carl Severing war von 1953 bis 1964 SPD-Bundestagsabgeordneter, einige Zeit auch Vorsitzender des Wirtschafts- und Finanzausschusses des Europäischen Parlaments.

Mitte der 20er Jahre vertraten Hofgeismarer dann auch offen antisemitische Positionen.

So war es nur folgerichtig, daß ein erheblicher Teil zum Ende der 20er Jahre hin aus der SPD austrat und sich den Zirkeln der Konservativen Revolution auch organisatorisch anschloß. In ihrer faschistischen Ideologie bestärkt wurden diese Jusos von Ideologen, die bis heute innerhalb der SPD als vermeintlich sozialdemokratische Denker in Ehren gehalten werden, vor allem Hermann Heller, auch Hendrik de Man und Ernst Niekisch, als dessen Hausmacht die Hofgeismarer schließlich galten. Der linke Jungsozialist Jörg Weltzer wies 1993 in seiner Arbeit über den historischen Hofgeismarkreis und den Einfluß Niekischs nach, daß sich die Führer der Hofgeismarer bereits auf dem Weg der Konservativen Revolution befanden, bevor Heller, de Man und Niekisch in den Jahren 1924/25 ihre Positionen systematisierten. So habe man sich sogleich mit den Aussagen des Buches "Das dritte Reich", das Arthur Moeller van den Bruck 1923 herausgebracht hatte, identifiziert. […]
 

Hermann Heller war im Sinne der Antisemiten jüdischer Abstammung, kam aus großbürgerlichem Hause und wurde Staatsrechtler. 1922 hatte er die Leitung des Volksbildungsamtes (Volkshochschule) der Stadt Leipzig übernommen und baute hier später einen starken Kreis der Hofgeismarer auf. Er kehrte 1933 von einer Auslandsreise nicht mehr ins faschistische Deutschland zurück und starb im gleichen Jahr. 1925 hatte er in seinem Buch "Sozialismus und Nation" Grundpositionen der Hofgeismarer veröffentlicht. Auf der Reichskonferenz der Jungsozialisten 1925, wo er zu seinem Buch sprach, scharten sich die Hofgeismarer um ihn. In seinem Vortrag vertrat er als erklärter Gegner marxistischen und internationalistischen Denkens und der Idee der Gleichheit der Menschen ungeschminkt eine Blut-und-Boden-Mystik, wie sie - um den Antisemitismus ergänzt - bei den Nazis üblich war. Er sprach davon, daß jeweilige "Blutsverfestigung" die angeblich verschiedenen körperlichen Eigenarten der europäischen Völker bestimme und die Sozialisten diese Völker als jeweilige Schicksals- und Kulturgemeinschaften anerkennen müßten. […] "Sozialismus bedeutet ... nicht die Vernichtung der nationalen Volksgemeinschaft durch die Klasse, sondern die Vernichtung der Klasse durch eine wahrhaft nationale Volksgemeinschaft."

Heller war ein Querfront-Stratege, der die nationale Bewegung der Weimarer Zeit mit einem vom Marxismus gereinigten "Sozialismus" zusammenbringen wollte. Ihm schwebte ein nationalrevolutionärer, europäischer Bundesstaat zwischen dem Rußland der Bolschewiki und dem Amerika des vermeintlich jüdischen Kapitalismus vor. Dabei begriff er nicht, daß sein Rassismus sich einmal gegen ihn selbst wenden könnte. Begeisterter Verfechter der "Ideen von 1914" - heute würde man ihn wohl mit der Bezeichnung "deutsch-jüdischer Patriot" verharmlosen -, war er ein Gegner von gleichen Menschenrechten mit weltweiter Geltung. Stattdessen favorisierte er ein kulturrelativistisches, ethnopluralistisches Recht, das andere schließlich - in Eisen geschmiedet am Eingangstor zum KZ Buchenwald - in dem Spruch "Jedem das Seine" zusammenfaßten und hinter dem Tor praktisch werden ließen. Heller gehörte auch zu denjenigen, die Hegels staatsphilosophische Überlegungen für den nationalistischen und autoritären "Machtstaat" nutzbar machten. Seine Definition der Souveränität des Staates unterschied sich nicht von der Carl Schmitts, der die Verfügung über den Ausnahmezustand, d. h. die Möglichkeit zur Errichtung der Diktatur, als Kriterium der Souveränität eines angeblich über den Interessenkonflikten stehenden abtrakten Staates ansah. Mit Schmitt - ein erklärter Gegner der Weimarer Republik - war Heller privat freundschaftlich verbunden. Hellers Idee eines völkisch-rassistisch fundierten "nationalen Kultursozialismus" verneinte die Klassengegensätze und setzte stattdessen auf eine "Gemeinschaft", die ihre vermeintliche Homogenität über gemeinsame Werte, einen gemeinsamen Willen und die Tat erlange, die allesamt aus "Blut" und "Boden" erwüchsen. Es sollte wieder einmal der "gute Führer" sein, der die Gemeinschaft leitet. Er nannte ihn "Herr".

Heller gehörte 1932 zu denen, die die Weimarer Demokratie wiederbeleben wollten, nachdem sie sie zu Tode gebracht hatten. Als die SPD-Fraktion des preußischen Landtags nach dem Papen-Schleicher-Putsch gegen die preußische Staatsregierung vor den Staatsgerichtshof zog und klagte [...], wurde sie vom Staatsrechtler Heller vertreten. Auf der Bank der gegnerischen Partei, der Putschisten, saß sein Freund Carl Schmitt, und die ganze Angelegenheit bekam den Charakter eines sportlichen Wettstreits zwischen Wissenschaftlern der Juristerei. Daß Schmitt, der später als "Kronjurist" der Nazis die Diktatur "rechtswissenschaftlich" rechtfertigte, in den frühen 30ern auch ein enger politischer Freund und Berater Kurt von Schleichers war, zeigt erneut, wie vernetzt die antidemokratische, antiliberale und antisozialistische Intellektuellenszene dieser Zeit war.

Peter Glotz nahm Heller in das Buch "Vorbilder für Deutsche" auf, das er 1974 erstmals, 1986 erneut herausgab. "Wir sind der Meinung, daß die in diesem Buch vertretenen Figuren die vergessene, verdrängte und verschlampte Tradition der sozialen Demokratie in Deutschland repräsentieren", hieß es in der Einleitung. Eine Kritik von Hellers Positionen enthiel das Buch nicht. Im Juli 1991 brachte NG/FH einen unkritisch positiven Artikel über Heller: "Gerade jetzt, wo sich für das vereinigte Deutschland erneut die Verfassungsfrage stellt, ist es wichtig, sich Hellers zu erinnern." In der 1984 erschienenen "Gedächtnisschrift für Hermann Heller 1891 - 1933" mit dem Titel "Der soziale Rechtsstaat" empfahl der SPD-nahe Rechtsextremismus-Forscher Eike Hennig das vermeintliche Vorbild Heller; Hennig, der auch in NG/FH schrieb, war später Autor in "wir selbst" und Interviewpartner der "Jungen Freiheit".

Hendrik de Man gab mit seinen völkisch-religiösen Ideen, die er 1927 in dem Buch "Zur Psychologie des Sozialismus" zusammenfaßte, einen weiteren Schub in die Richtung des Irrationalismus. Er stand von Anfang an in engem Kontakt mit den Hofgeismarern, die er mit Vorträgen schulte. Er war ein Anhänger planerischer, halbstaatlicher Wirtschaftskonzepte wie des "Kriegssozialismus", schloß sich später dem flämischen Faschismus an, war der nazi-deutschen Besatzung in Belgien zu Diensten und 1944 vom befreiten Belgien als Kollaborateur verurteilt. Er starb im schweizerischen "Exil", auf der Flucht vor seinen antifaschistischen Richtern. Sein Buch von 1927 widmete er den Hofgeismarer Jusos, die ihn in ihren Schriften als geistigen Führer verehrt. Im Gefolge der konservativ-revolutionären Elitetheoretiker Gustave Le Bon (Frankreich) und Vilfredo Pareto (Italien), die die europäische "Neue Rechte" heute zu ihren historischen Vordenkern zählt, verachtete de Man "die Massen" und die parlamentarische Demokratie, weil sie verantwortlich seien für einen angeblichen "Kulturverfall". Er strebte einen antidemokratischen Elite-"Sozialismus" an, der nicht Sache einer Klasse sondern eines Volkes sei und der auch nicht etwa - wie bei der marxistischen Arbeiterbewegung - die materielle Not der Massen beseitigen sollte, sondern als psychische "Gefühlsreaktion" von "Gebildeten" aus dem Bürgertum und dem Adel einen einheitlichen völkischen "Willen" hervorrufen sollte.

De Man verstand sich als antimarxistischer, religiös motivierter Sozialist und gehört in den breiten Strom der Völkisch-Religiösen der 20er Jahre, der in den Kirchenkampf der Nazis mündete. Besonders der Kitsch, den de Man um quasireligiöse germanische Lichtfeste und Arbeitskult aufbaute, imponierte etlichen Hofgeismarern. Heute knüpft Henning Eichberg bei seiner faschistischen Interpretation des Maifeiertages an solche Positionen de Mans an, Karl-Heinz Klär druckte dies im "Lexikon des Sozialismus" ab. 1943 begrüßte de Man in dem Nazi-Blatt "Europäische Revue" - hier schrieben gleichzeitig mit ihm auch der italienische Rassist Julius Evola, heute ein Ahne der "Neuen Rechten", oder der spanische Elitetheoretiker José Ortega y Gasset - dann indirekt den Überfall der Nazi-Wehrmacht auf das neutrale Belgien. Die Militäraktion sei die Beendigung des "veralteten Systems" der parlamentarischen Demokratie und beinhalte die Chance für eine "neue Ordnung" des siegreichen, angeblich "natürlichen" Nationalismus. Nach 1945 traf er sich häufig mit dem Goebbels-Staatsekretär Naumann, der den Neofaschismus zu formieren versuchte. […]

Favorit der historischen Hofgeismarer war Ernst Niekisch, der lange Zeit als der bedeutendste Konkurrent Hitlers um die Führungsposition der antidemokratischen rassistischen Rechten in Deutschland galt, weil er selbst der sozialistischen Bewegung der unmittelbaren Nachkriegszeit entstammte und bis 1926 Mitglied der SPD war. Niekisch hatte damit - wie z. B. auch die Führer des italienischen Faschismus - den Vorteil des sozialistischen Stallgeruchs, den sich die kleinbürgerliche NSDAP Hitlers erst mühsam mit Hilfe der nationalrevolutionären Strasser-Brüder anzuheften versuchte. Niekisch gehörte zu den extremsten Rassisten, Antidemokraten und Nationalisten am Ende der Weimarer Republik. Seine auch antisemitisch begründete Mordhetze gegen Marxisten, Liberale und Christen stand der eines Juluis Streicher - Chefredakteur des Nazi-Blattes "Der Stürmer" - kaum nach. Aber auch seine Schriften aus der Hofgeismar-Zeit - meist Artikel, die von diesen Jusos begierig gelesen und verbreitet wurden und die Niekisch selbst später zu Büchern ausbaute - und seine Redeauftritte bei den Hofgeismarern trugen bereits diese Handschrift.

Niekisch machte Politik gegen "den Westen", "das Welsche", den Liberalismus und Marxismus, gegen den Ausgang des Ersten Weltkriegs. Seine Devise lautete nach Nietzsche: "Gesundes und starkes Leben ist Wille zur Macht." Deutschland müsse wieder zur alten Größe aufsteigen, die Kriegsniederlage rückgängig machen. Sein Begriff des "Widerstands" war gegen "Versailles" gerichtet, also gegen den Friedensvertrag von 1919, der im Spiegelsaal des französischen Königsschlosses unterzeichnet worden war, und nicht - wie Neofaschisten zeitweise glauben machen wollten - gegen die Nazis, die ihn als einen lästigen Konkurrenten später verfolgten. "Widerstand" hieß dann auch Niekischs eigener politischer Zirkel und seine Zeitschrift. Der Begriff, so verstanden, stammte von Arthur Moeller van den Bruck. 1929 schrieb Niekisch in dem Buch "Gedanken über deutsche Politik": "Das deutsche Volk verurteilte sich selbst; indem es demokratisch wurde, hatte es jene Wertmaßstäbe gewählt, durch die seine frühere Art zu sein verdammt wurde. ... Damit wurde das deutsche Volk ein entwurzeltes Volk, dem sein geistiges Gesetz von außen her aufgezwungen wurde." […]

Auch Sätze wie die folgenden hatte Niekisch bereits vorher in ähnlicher Form bei den Hofgeismarern vertreten, die sich an der "reifen Männlichkeit" deutscher Militaristen begeisterten und deren Schriften von antifeministischen Ausfällen voll waren: "Deutschlands Heil liegt nicht bei Girls", so Niekisch 1929, "liegt nicht bei emanzipierten Frauen; für Deutschland ist der Feminismus mit all seinen pazifistischen, humanitären, ethisierenden und ökonomisierenden Masken der politische Krebs. Deutschland hat es zu schwer, als daß es sein Schicksal Weibern anvertrauen dürfte." […]

Er beschwor die "Aufwallungen jener germanischen Zornmütigkeit, die lieber tot als Sklave der Welschen sein möchte." "Seit Jahrhunderten ist das Christentum am Werk, das Germanisch-Heroische zu domestizieren und für die romanische Knechtschaft reif zu machen", eine These, die man heute in den Büchern von Sigrid Hunke oder Alain de Benoist antrifft.

Niekisch forderte eine "Selbstreinigung des deutschen Blutes von romanischem Erbgut" und im Kapitel "Der Mut zum Abgrund" nahm er die Praxis von Auschwitz gedanklich vorweg: "Weil es um Sein oder Nichtsein geht, bleibt Deutschland, wenn es sich selbst erhalten will, das Schwerste nicht erspart: die Bartholomäusnacht und Sizilianische Vesper gegen alles, was an Welschem in ihm lebt. […] Niekisch [hetzte] bereits in "Gedanken über deutsche Politik": "Nie kann der Jude, auch wenn er besten Willens und edelster Absichten voll ist, Führer des andersgearteten Volkes sein; er ist nicht Fleisch und Blut von dessen Fleisch und Blut; für dessen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein fehlt ihm das Organ: einem anderen, ihm eingeborenen Takt, Rhythmus, Gerichtetsein gehorcht er; wo er führt, unterwirft er das andersgeartete Volk einer fremden Gesetzlichkeit; er vergewaltigt es. Es ist für ein jedes Volk ein Zeichen geschwächten Lebenswillens, wenn Juden nach seiner politischen Führung streben dürfen."

Niekisch forderte von den Deutschen "Gehorsam, Disziplin, Unterordnung, Treue, Hingabefähigkeit, Dienstwilligkeit" und die Hinwendung zum deutschen Bauerntum […]. "Ländlicher werden heißt ärmer und primitiver werden, vielleicht auch roher und barbarischer, sicher aber auch wieder deutscher", so Niekisch. "Barbarismus trägt sein Recht in sich, wo er Kraft und insbesondere, wo er die Kraft deutscher Selbstverteidigung ist. Dem deutschen Volke tut der Mut zu seinem Barbarentum not; seine Stärke ruht in Germaniens Wäldern; je tiefer es sich dorthin zurückzieht, desto mehr findet es sich selbst. Es braucht die Schluchten des Teutoburger Waldes, um den Welschen die Köpfe abschlagen zu können." "Seine innere Haltung ist entscheidend: daß es in der westlichen Zivilisation seinen Abgrund und in der Abkehr davon sein Heil erblicke." Und schließlich Niekischs Vision: "Deutschland hört auf, noch mehr Zivilisation zu wollen; wird es durch seine Haltung sogar Ursache ihrer Vernichtung, so weicht es auch vor dieser geschichtlichen Mission nicht zurück." Als Erfüllung dieser Ideen vom kargen, heldischen Deutschtum galt ihm der 4. August 1914, weil vom ersten Tag des Ersten Weltkriegs an das "selbstisch-materialistische Wesen vom deutschen Menschen wie eine Schale abfiel, die seinen wahren heldischen Kern, der auch im verstädterten Proletarier noch versteckt liegt, verdeckt hatte". In modernen Worten ausgedrückt, wandte sich Niekisch 1930 in dem Buch "Entscheidung" gegen den angeblichen Hedonismus der breiten Bevölkerung.

1932 schrieb er das kleine Buch "Hitler - ein deutsches Verhängnis", in dem er den Faschismus rechts von Hitler predigte. Die Schrift entstand in der Zeit, als die Konservativen Revolutionäre ihren Konkurrenten aus der Hitler-Linie die Orientierung am italienischen Faschismus vorwarfen, die sie als undeutsch, als nicht preußisch, ansahen. Zu dieser Zeit engagierten sich auch Heller und de Man in Büchern gegen den "Fascismus" und benutzten die halb italienische Schreibweise, um deutlich zu machen, daß sie die Entwicklung meinten, die von Italien ausging, und nicht etwa die Traditionslinie des "Kriegssozialismus".

Niekischs Schrift wird heute immer wieder als antifaschistisch ausgegeben, war jedoch in Wahrheit ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus, lediglich ohne den Konkurrenten Hitler. "Die nationalsozialistische Bewegung ... kann aufwühlende Pflugschar, sie kann Kampf schöpferischen Gebärens, sie kann das Gewitter sein, daß die Erde tränkt und die Luft reinigt", wenn sie sich nur endlich von Hitler trenne. Hitler sei zu sehr "Demokrat", "eine Spielart des demokratischen Menschen." Positiv schrieb Niekisch hier über den Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923: "In den ersten Jahren allerdings war Hitler unleugbar noch ein Mundstück des deutschen Protestes. ... Das Aufgebot, das der Eifer des Demagogen (d. i. Hitler, P. K.) in Bewegung setzte, war ein deutscher Glücksfall, wenn der Feldherr (d. i. Ludendorff, P. K.) vorbereitet war, es zu ordnen und zweckvoll einzusetzen." Dann aber seien bei Hitler die nicht-deutschen Gene bestimmend geworden: "Er ist romanisierter Deutscher; gegenreformatorische Instinkte, halb wittelsbacher, halb habsburger Färbung, trägt er in seinem Blute." Das habe zur "römischen Überfremdung" des Nationalsozialismus geführt, "ein gebrochenes deutsches Rückgrad" sei die Folge für die Bewegung. Hitler habe mißachtet, "daß die räumliche Mittellage Deutschlands ein Höchsmaß an Zwang, an 'Kaserne', an 'Selbstverzicht', an 'Unnatur' fordert." Schließlich sei Hitlers Politik sogar "jüdischen Ursprungs." "Wer an den geistigen Werten, den zivilisatorischen Gütern des Abendlandes hängt, gehört zu Versailles; er gibt Deutschland preis, um diese Werte und Güter nicht zu gefährden. ... Das Abendland kannte stets das beklemmende Grauen vor dem, was nördlich der Donau und östlich der Elbe liegt", dort, wo Niekisch sein "Deutschland", seinen "germanischen Barbarismus" suchte.

Niekisch kritisierte 1932, daß Hitler davor zurückgeschreckt sei, "die alte Welt in Flammen" zu setzen, sich statt dessen der Legalität verschrieben habe, aber: "Weder Weimar noch Versailles läßt sich legal vernichten." Niekischs einziger Vorwurf gegen die Nazis: "Ein tiefgreifendes Mißtrauen gegen die abendländische Überfremdung war in Deutschland erwacht; der Nationalsozialismus schläferte das Mißtrauen wieder ein." Schon 1929 hatte er in seinem Buch "Politik und Idee" geschrieben: "Wer sich der Moral so sehr verpflichtet fühlt, daß er selbst die Rettung seines Volkes nicht durch die Preisgabe sittlicher Grundsätze erkaufen wollte, mag zu manchen Dingen taugen; unter keinen Umständen ist er dazu berufen, Staatsmann zu sein."

Antiamerikanismus war die Konsequenz des "Widerstands" gegen den "Westen". In "Gedanken über deutsche Politik" schrieb er: "Washington ist die Herrschaft der Unter- und Minderwertigen."

Die Vorstufe zu diesen literarischen Ergüssen produzierte Niekisch in den Zeitschriften "Der Firn" und "Die Glocke" schon Anfang der 20er Jahre, ab 1926 dann in dem Blatt "Widerstand" und der Tageszeitung "Der Volksstaat". An allen Blättern waren führende Hofgeismarer maßgeblich beteiligt. Vor allem mit dem "Widerstand" versuchte Niekisch, die Konservative Revolution hinter sich zu vereinigen. Ernst Jünger war hier häufig Autor. "Der Firn" wurde von den Hofgeismarern wie eine Pflichtlektüre bearbeitet. In der "Glocke" - dem Organ der "Kriegssozialisten" um Lensch, Winnig und Plenge ab 1915 - brachte Niekisch 1924 den Artikel "Sozialdemokratie und Nationalismus" heraus, der bis heute weitgehend unbekannt blieb, obwohl - oder gerade weil? - er auffällig modern argumentiert. Die SPD solle Abschied nehmen vom Marxismus, "sie muß den Mut haben, offen als die wahrhaft nationale Partei zu erscheinen, die sie gern sein möchte, auch wenn im Zusammenhang damit mit manch alter, liebgewordener Tradition gebrochen werden müßte." Daß die nationale Idee mißbraucht worden sei, dürfe nicht dazu führen, sie nun gänzlich abzulehnen. Denn "das Los des deutschen Arbeiters" sei "entscheidend abhängig" davon, wie "Schutzzoll", "Verteilung der Kolonien", "Ein- und Auswanderung" geregelt würden. Klassengegensätze und Schichtsunterschiede seien belanglos angesichts der Bedeutung der Gemeinsamkeiten innerhalb der Nation: "Gleichheit der Sprache und der geschichtlichen Überlieferungen, Einheit des Gebietes, auf dem das Heim errichtet und die Nahrung gebaut wird und in dem die Daseinsgrundlage jedes einzelnen wurzelt." Inhaltlich identisch definierte der damalige SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel in den 80er Jahren in NG/FH die "Kulturnation" als sozialdemokratische Alternative zum "Verfassungspatriotismus".

Niekisch verfolgte ab Mitte der 20er Jahre mehrere organisatorische Linien parallel, um verschiedene Strömungen sammeln und unter seinem Hut zusammenführen zu können. Dabei konnte er sich immer wieder auf "seine" Hofgeismarer als Kader stützen. "Der Volksstaat", den er von seiner Gründung 1926 bis Mitte 1928 leitete und auf seine politische Linie verpflichtete, war die Parteizeitung einer rechten SPD-Abspaltung, der "Alten Sozialdemokratischen Partei Sachsens" (ASP), die 1926 von ehemaligen Mitgliedern der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag gegründet wurde. Sie waren bereits 1923 aus rechter Opposition gegen die sächsische Volksfront-Regierung aus der Fraktion ausgeschieden, aber in der linken sächsischen SPD geblieben und 1926 aus der Partei ausgeschlossen worden, weil sie eine bürgerliche Landesregierung unterstützten. Die volksgemeinschaftlich, kapitalistisch und planwirtschaftlich orientierte ASP stellte in der zweiten Hälfte der 20er eine Hauptwirkungsstätte Niekischs dar, mit der er die kleinen nationalrevolutionären Gruppen parteipolitisch sammeln wollte. Hofgeismarer und Bündische bewegte er zum Eintritt.

Im "Volksstaat" vertrat Niekisch ähnliche Positionen wie gleichzeitig im "Widerstand", allerdings weniger radikal, gewissermaßen fürs breite Volk aufbereitet. Im "Volksstaat" hieß es 1927 über ein Jazz-Konzert: "Ausbrüche wilder sexueller Negertriebe ereignen sich auf der Bühne, eine Weiße Primadonna leistet verdächtig wenig Widerstand. ... Sie ist nicht der unmittelbare geistige Ausdruck welterobernder Nigger-Kultur, daß, was sie verkörpert und versinnlicht, ist der Geist des Amerikanismus. ... Wir müssen alle Kräfte aufwenden, um die Gefahr der geistigen Verwüstung, die uns von Amerika her droht, zu begegnen." Wohl gemerkt: Was uns heute als Parodie erscheint, meinte Niekisch ernst.

Die reichsweite Ausdehnung der bisherigen Regionalpartei ASP, die Niekisch 1927 betrieb, wurde durch vorherige Hofgeismarer und "Kriegssozialisten" getragen. […] Niekisch und Winnig versuchten, mit einem "Führerring der nationalen Bünde" auf die Jugendbewegung Einfluß zu nehmen, die sich ab Mitte der 20er durch den Zustrom der Freikorps-Reste wieder rechts und antirepublikanisch politisierte. 1927 dann wurde Winnig Mitherausgeber von Niekischs Zeitschrift "Widerstand", dem Organ des "Widerstandskreises", den Niekisch parallel zur ASP aufbaute, ebenfalls mit Hofgeismarern.

Heute liegt es nahe, anzunehmen, daß die Leipziger Fascho-Jusos der 90er Jahre von ASP-Erbschaften profitieren, die in manchem sächsischen Keller die Systeme überdauert haben mögen.

Die Reaktion auf die Ungeheuerlichkeiten der Nationalrevolutionäre innerhalb der SPD war in den 20er Jahren teilweise klar ausgrenzend, andererseits auch so butterweich wie heute gegen die neuen Hofgeismarer oder gegen die Niekisch-Apologeten um Fichter oder Herbert Ammon und Peter Brandt […]. Als "Faschistenversammlung" bezeichnete der "Vorwärts" im Februar 1928 eine Zusammenkunft der Niekisch-Anhänger, die von Antifaschisten "gesprengt" worden war. Niekisch verleite seine Leute "zu immer weiterem Abrücken nach der nationalsozialistischen Seite", hieß es in dem Artikel, er mache "sich offen zum Reiseapostel der national-sozialistischen Organisationen." Aus der SPD ausgeschlossen wurde Niekisch aber nie. Er trat 1926 freiwillig zur ASP über, doch viele seiner Anhänger blieben in der SPD und bis heute hat er Freunde in der Partei.

Der damalige Parteivorsitzende Otto Wels nannte die politische Position Niekischs auf dem Kieler Parteitag 1927 zwar "rein nationalsozialistisch", mußte sich aber von der zum linken Flügel zählenden Delegierten Dora Fabian aus Chemnitz die innerparteiliche Praxis entgegenhalten lassen: "Der Parteivorstand hat uns in unserem Kampf gegen diese Genossen nicht unterstützt; er hat auf unsere Forderung, sie aus der Partei auszuschließen, nur mit Hohn und Spott geantwortet. Noch heute können diese einstigen Jungsozialisten Mitglieder der Partei sein, obwohl sie mit demselben Herrn Niekisch in der Redaktion seines Blattes 'Der Widerstand' sitzen, dessen nationalistische Einstellung Wels in anderem Zusammenhang ... so treffend gekennzeichnet hat. Wenn es sich um die Genossen von rechts handelt, dann ist der Parteivorstand immer sehr großzügig; gegen die Genossen von links ist er ebenso intolerant." Das hat sich bis heute nicht geändert. Die Kritik an Niekisch wurde nach 1926 wohl auch deshalb so drastisch, weil seine ASP nun - vor allem bei der Reichstagswahl 1928 - als Konkurrentin der SPD auftrat.

Die gute Konjunkturentwicklung des Abschnitts der "Goldenen Zwanziger", die das Rekrutierungspotential der extremen Rechten vorübergehend schwächte, die innerparteiliche Auseinandersetzung um Niekisch und sein Übertritt zur ASP führten 1926 zum Zerfall des Hofgeismarkreises. Die von Hofgeismarern dominierten Juso-Bezirke "Wasserkante" und "Westliches Westfalen" traten aus der Reichsorganisation der Jungsozialisten aus, und in Hofgeismar-Blättern wurde zum Anschluß an Niekischs "Widerstand"-Kreis aufgerufen. Das damalige Leitungsorgan der Jungsozialisten, der Reichsausschuß, beschloß 1926 mit Zweidrittelmehrheit: "Die politische Auffassung des Genossen Niekisch und des ihm nahestehenden Kreises sind mit den Grundsätzen der SPD und den Bestrebungen der Jungsozialisten nicht in Einklang zu bringen. Reichsausschuß und Reichsleitung richten deswegen an den Parteivorstand das Ersuchen, baldigst Schritte zur Klärung des organisatorischen Verhältnisses zu diesen Kreisen zu unternehmen."

Der Hofgeismarkreis löste sich jedoch selbst auf. Die meisten führenden Köpfe schlossen sich Niekischs neuen Gruppen an. Nach dem schnellen Scheitern der ASP blieb der "Widerstand"-Kreis als Auffangbecken, den Niekisch nun ebenfalls aus den Überresten der putschistischen Freikorps von 1919/20 verstärkte. Sie hatten sich in der Mitte der 20er Jahre zu militaristischen Bünden zusammengeschlossen, in denen inzwischen auch der Geopolitiker Karl Haushofer und Ernst Jünger wirkten. Nun schlossen sich einige mit dem "Widerstand"-Kreis zusammen. Niekischs Schritt zum offenen Militarismus lag nach allem nahe. In den Jahren 1928 bis 1932 war sein Einfluß auf die Konservative Revolution am größten. Anfang der 30er gehörte der "Widerstand"-Kreis mit Paetels "Sozialrevolutionären Sozialisten", Otto Strassers "Schwarzer Front", den Jünger-Brüdern, den aufgesogenen Freikorps und Zehrers und Wirsings "Tat"-Kreis zur "Querfront" um Schleicher.[…]

Auch Otto Strassers "Schwarze Front", die paramilitärische Organisation "Stahlhelm" und die NSDAP rekrutierten Mitglieder aus den ASP-Resten. So führte Niekisch etliche Hofgeismarer […] aus der SPD heraus und über Zwischenstationen auch organisatorisch an den Faschismus heran, was Heller und de Man lediglich geistig, aber innerhalb der SPD, getan hatten. Es macht wenig Unterschied, ob sie 1932 bei der Schleicher/ Strasser-Fraktion landeten oder bei der Hitler-Fraktion, zumal Schleicher selbst auf eine Verständigung mit Hitler hoffte und man sich nach 1945 ohnehin über die Blutlachen der Röhm-Affäre hinweg zusammenraufte. […] Und auch diejenigen, die in der SPD blieben, bewiesen z. B. mit der Zustimmung zu Hitlers Friedensresolution, was "Kriegssozialismus" und "Hofgeismar" bewirkt hatten.

Die "Kriegssozialisten" von 1914/15 trafen sich Anfang der 30er wieder, um das Ende der Weimarer Republik gemeinsam zu betreiben. Winnig arbeitete nun auch mit dem Schriftsteller Hans Grimm zusammen, Autor des berüchtigten Buches "Volk ohne Raum", dessen Werke nach 1945 bei den "Deutschen Unitariern" breit rezipiert wurden. […]

Andere Hofgeismarer blieben in der SPD bis zum Verbot 1933 und machten nach 1945 Parteikarriere. Der Niekisch-Gefolgsmann Franz Osterroth, der 1923 am Feuer "Es lebe Deutschland!" gerufen hatte, trat aus und wieder ein und ging zum sozialdemokratischen "Reichsbanner". Die zunehmend paramilitärische Organisation gab vor, die Republik gegen die SA-Horden der Nazis und die Rotfront-Kämpfer der KPD zu verteidigen, war tatsächlich aber einer der Sargnägel der Republik. Das "Reichsbanner" entwickelte militante faschistoide Strukturen, übernahm Propagandaformen der Nazis und betrieb einen Führerkult um seinen Chef Karl Höltermann, der sich am Hitler-Kult orientierte.

Höltermann genoß das Vertrauen der "Querfront"-Strategen, wurde 1932 in ihre Pläne einbezogen und sollte nach dem Willen von Otto Strasser ebenso wie Wenzel Jaksch einer Nach-Hitler-Regierung angehören, die Strasser in den frühen 40er Jahren aus dem Exil plante: "Hitler beiseite schieben und vom Nationalsozialismus die guten und die nützlichen Ideen beibehalten", erläuterte Strasser die Schleicher-"Querfront" rückblickend 1940. Seine nationalrevolutionäre Nachkriegsregierung sollte fast identisch sein mit der "Querfront", die Strasser im Sommer 1932 aus seinem Bruder Gregor, Graf von Reventlow, Höltermann, den Schleicher-freundlichen Teilen der preußischen SPD um Severing und Braun und dem nationalistischen KPD-Flügel um Scheringer zu basteln versuchte. Bei der Zeitung "Das Reichsbanner" wurde Osterroth Redakteur, hier traf er den früheren Hofgeismarer Theodor Haubach, der bis 1930 Pressereferent des SPD-Reichsinnenministers Carl Severing war, der wiederum als preußischer Innenminister 1932 dem Papen/Schleicher-Putsch gegen die preußische Staatsregierung tatenlos zugesehen hatte - man kann fast sagen, ihn unterstützte, indem er freiwillig und ohne Zögern sein Ministerbüro ausräumte. Osterroth wurde nach 1945 zu einem viel gelesenen Chronisten der Sozialdemokratie, der die offizielle Parteigeschichtsschreibung maßgeblich beeinflußte. 1964 schrieb er in einem zusammenfassenden Artikel über die Hofgeismarer, daß sie die eigentlichen Vorbereiter der Schumacher-SPD und des Godesberger Programms von 1959 gewesen seien, was aber in dieser Form auch dann nicht stimmt, wenn man "Volkspartei" als völkische Organisation mißverstehen wollte. Das Godesberger Programm wurde vor allem unter Willi Eichler erarbeitet, einem linken Gegner der Hofgeismarer in den 20er Jahren. Allerdings leitete der frühere Hofgeismarer Heinrich Deist in den 50ern die Arbeitsgruppe, die den Wirtschaftsteil des Programms verfaßte.

Gustav Radbruch, der führende Rechtspolitiker der SPD in den 20er Jahren und bis heute verehrt, brachte 1931 Hellers Buch "Sozialismus und Nation" unverändert wieder heraus. Es sollte jetzt eine Antwort auf den erstarkenden Nationalsozialismus geben und war doch nur ein weiterer Schub in dessen Richtung. […]

Eine Hofgeismar-Karriere machte auch Walther Oschilewski. Eine Zeitlang Niekischs rechte Hand als verantwortlicher Redakteur des "Widerstand", hatte er sich in den 20er Jahren als Anhänger Moeller van den Brucks profiliert und auch verlangt, die Bücher Karl Kautskys müßten auf dem Scheiterhaufen verbrandt werden. Als Hofgeismarer hatte er in den "Jungsozialistischen Blättern" antifeministische Ausfälle produziert: "Das Weib fühlt", "Wir Männer denken." Er wurde nach 1945 stellvertretender Chefredakteur der SPD-Mitgliederzeitschrift "Berliner Stimme" und schrieb hier in den 60er Jahren eine Würdigung zu Niekischs 75. Geburtstag und 1967 einen flammenden Nachruf auf ihn. Das Blatt blieb rechts, Brigitte Seebacher war in den 70ern Chefredakteurin. In den 80ern wurde die "Berliner Stimme" zu einem Organ für Fichter, der hier immer wieder seine Deutschlandpolitik propagierte und hier wiederholt auch die "Denkschrift" von Ammon und Schweisfurth empfahl.

Oschilewski brachte 1981 einen Faksimile-Nachdruck der Zeitung "Junge Menschen" heraus, die zur Jugendbewegung im sozialdemokratischen Umfeld der 20er Jahre zählte. In einer gänzlich unkritischen Einleitung nannte er als ihre Themen u. a. die Stichworte Religiösität, Seelenkultur, Körpererziehung, Eros, Vegetarismus, Rassenhygiene, Volksordnung und Weltverbesserung, die durchaus die politische Stimmungslage in dem breiten Strom zwischen den offen Völkischen und den Hofgeismarern beschrieben. Der Kopf des Blattes, Walter Hammer, arbeitete auch mit Hofgeismarern zusammen, gehörte dem Leitungsgremium des "Reichsbanners" an und wurde später von den Nazis verfolgt. In "Junge Menschen" las man z. B. 1923 - neben Fotos von nackten, Sport treibenden Menschen in früher Riefenstahl-Ästhetik - über die "Forderungen der Rassenhygiene": "Die biologische Erblichkeitsforschung hat bei uns noch nicht die Beachtung gefunden, die sie verdient. ... An nichts kranken die menschlichen Zustände so sehr als daran, daß viel zu viele Minderwertige erzeugt werden und viel zu wenige Vollwertige. ... Da nun sowohl körperlich-konstitutionelle als auch seelische Eigenschaften und geistige Veranlagungen sich forterben können, entsteht daraus für die Zukunft unserer Rasse eine ernste Gefahr" usw. Oschilewski fand dies wohl 1981 immer noch richtig, denn mit keinem Wort kommentierte er solche Stellen des Nachdrucks, etwa in seiner Einleitung.

NG/FH schrieb 1993, Niekisch sei ein "frühes Opfer des NS-Terrors" gewesen und sponn so an dessen Antifaschismus-Legende mit. […] Niekisch konnte bis 1937 im In- und Ausland frei reisen und seine "Widerstandsbewegung" gegen alles "Welsche" betreiben. Ein "frühes Opfer"? 1937 dann - als schon Hunderte von Sozialdemokraten und Tausende von Kommunisten ermordet waren - verhafteten die Nazis ihn und sperrten ihn bis 1945 ein. Seine Politik wurde in den 70er und 80er Jahren zu einem zentralen Bezugspunkt für die Nationalrevolutionäre. Ihrer neuen Querfront kam zugute, daß Niekisch nach 1945 für kurze Zeit sein Heil in der SED suchte, dort dann aber ausgeschlossen wurde. Bei seinem Versuch, eine Entschädigung als Verfolgter des Nazi-Regimes zu bekommen, verweigerte ihm der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, die Unterstützung - wegen Niekischs kurzzeitiger SED-Mitgliedschaft, wie es hieß. "Zwischen allen Fronten" nannte Uwe Sauermann seine Niekisch-Biographie 1980, die Armin Mohler um einen "bio-bibliographischen Anhang" ergänzte. Sauermann kam aus dem "Nationaldemokratischen Hochschulbund" NHB der NPD, wo er zeitweise sogar den Bundesvorsitz innehatte, war ein Wegbegleiter Eichbergs, Sprecher der "Danubia"-Burschenschaft und Ende der 80er Jahre Mandatsträger der SPD in Bayern. Er arbeitete beim Bayrischen Rundfunk und hat in etlichen Büchern Niekisch für die Nationalrevolutionäre der 80er und 90er Jahre aufgearbeitet.

Die Verfassungsschutzberichte des Bundesinnenministers erwähnen Niekisch heute unter dem Stichwort "Neonationalsozialismus" in einem Atemzug mit den Strasser-Brüdern und dem SA-Chef Ernst Röhm. Dessen ungeachtet bekannte sich z. B. Herbert Ammon mehrfach zu Niekisch und verfaßte einen Text zu dessen Ehrenrettung. Rolf Stolz - mit dem gemeinsam auch Peter Brandt Artikel schrieb - veröffentlichte Ammons Text in einer internen nationalrevolutionären Publikation, die Stolz gemeinsam mit dem NG/FH-Autor Reinhard Hesse herausgab. Darin schrieb Ammon, Niekisch gehöre zum "Vermächtnis des deutschen Widerstandes" gegen Hitler. Der Verlag Siegfried Bublies brachte 1993 Biographien über Niekisch und Otto Strasser heraus, die von einer Biographie über Alfred Rosenberg ergänzt wurde, dem Chefideologen der NSDAP und nach 1945 zeitweilig geistigem Vorbild der "Deutschen Unitarier"-Sekte. Verlagsanzeigen bewarben alle drei Bücher gleichzeitig. Beim Parteitag der "Republikaner" im Dezember 1994 berief sich Franz Schönhuber auf Niekisch, der immer die "feige Unterwürfigkeit gegenüber fremden Besatzungsmächten" gegeißelt habe, und meinte über sich selbst, er verstehe sich als "linken Rechten" in der Tradition Niekischs und Strassers.

Die Legenden vom "linken Sozialdemokraten Niekisch", der eine "marxistische Frühzeit" gehabt und in der Münchner Räterepublik sozialistische Positionen vertreten habe, hat kürzlich erst Jörg Weltzer widerlegt. Seine Arbeit "Nationalistischer Einfluß in der SPD von 1917 bis 1926: Ernst Niekisch, der 'Hofgeismarkreis der Jungsozialisten' und die 'Alte Sozialdemokratische Partei'" weist nach, daß Niekisch immer nur ein instrumentelles Verhältnis zur Arbeiterbewegung hatte, die er für eine nationalistische Großmachtpolitik Deutschlands benutzen wollte. Seine politischen Gruppen agitierten für den Faschismus und bestanden zum Teil aus NSDAP-Gefolgsleuten. […]

Es war nötig, so intensiv auf Heller, de Man und Niekisch einzugehen, denn sie sind die Quellen der heutigen Hofgeismarer, ihrer Bezugsgruppe Brandt/Ammon/Fichter und teilweise auch von Glotz oder Reitz. Zum 70jährigen Jubiläum der historischen Hofgeismarer im März 1993 brachte der "Vorwärts"-Redakteur Michael Scholing einen Artikel, in dem die irrationale Romantik der 20er Jahre verklärt wurde. Das 1923er Treffen erschien hier als frühes Woodstock, der völkische Nationalismus wurde heruntergespielt, obwohl doch gerade erst die Aussagen der neuen Hofgeismarer zu den Bildern des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen durchs Fernsehen gingen. Vorsichtig noch wurde die Bereitschaft der historischen Hofgeismarer zum Revanchekrieg gegen den Versailler Frieden als vermeintliches Realitätsdenken gewürdigt, das angeblich "Menschen- und Völkerrecht vor Frieden um jeden Preis" gesetzt habe - die Blauhelmdebatte warf 1993 Schatten. Inzwischen wird auf dieser Basis der Einmarsch der Bundeswehr nach Bosnien gefordert. Scholing hatte schon im November 1991 (!) im "Vorwärts" die völkische "Entmischung" des Balkans als einzige Lösung des Konfliktes angesprochen und gefleht: "Müßte sich die EG nicht doch endlich zum militärischen Eingreifen durchringen?" Denn "in Jugoslawien herrscht Völkerkrieg".

Der Initiator des historischen Hofgeismarkreises, August Rathmann, starb Anfang Januar 1995 zwei Tage nach seinem hundertsten Geburtstag in Kiel. "Sein Tod erschüttert uns. Wir werden ihn als vorbildlichen Sozialdemokraten in Erinnerung behalten", schrieben Rudolf Scharping und der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Willy Piecyk - früher ein Vertreter des Stamokap-Flügels - in einem Nachruf. In den 20ern war Rathmann ein Anhänger und Propagandist der völkisch-religiösen Ideen von de Man gewesen und hatte schon ab 1922 mit Karl Bröger eng zusammengearbeitet. Er hatte 1923 die Einladungen zu dem Oster-Treffen in Hofgeismar an Eduard Heimann, Gustav Radbruch, Bröger und die anderen verschickt. 1995 würdigte die Presse Rathmanns Weg in den 20er Jahren als frühe Vorbereitung des Godesberger Programms der SPD von 1959. Die neuen Hofgeismarer der 90er Jahre versuchten, sich an Rathmann heranzumachen. Seinen völkisch-rassistisch motivierten Kampf gegen die "Speckdänen" in den 20er Jahren - er wollte das dänische Nordschleswig wieder für Deutschland zurückgewinnen - setzen die heutigen Hofgeismarer fort. Selbst den Begriff "Speckdänen" benutzen sie in ihren Schriften.

Nach offizieller Lesart der "Kieler Nachrichten", die 1995 eine Würdigung des Hundertjährigen brachten, ließ Rathmann die neuen Leipziger Fascho-Jusos abblitzen. Die sehen das freilich anders: In ihrem "Politischen Rundbrief" vom April 1995 brachten sie einen flammenden Nachruf, der mit dem Satz endete: "Besondere Freude hatte Rathmann ('Vater aller Hofgeismarer' laut Vorwärts-Redakteur Michael Scholing) noch einmal 1993/94 verspürt, als er von der Wiedergründung des Hofgeismarkreises in Leipzig erfuhr und eben an jenem 20. Juli dessen Vorsitzenden Sascha Jung gegenüberstand." Dirk Larisch schrieb hier "zum Geleit", daß "wir Hofgeismarer erstmals Kontakt zu Rathmann (bekamen), als er uns im Januar 1993 mit 'Sascha Jung und dem Hofgeismarer Kreis in Leipzig solidarische Grüße' den ersten und zweiten Teil seiner Aufsatzreihe 'Marx, Lenin und der Marxismus' sandte. Seitdem ist ein dicker Packen Briefe entstanden. Freundschaftlich begleitete er bis zum Schluß unsere Weg, setzte sich bei anderen für uns ein, z. B. als er an den Vorwärts schrieb: 'Ich meine, daß der Leipziger Kreis jede nur mögliche Unterstützung verdient...'." […]

Rathmann hatte schon 1984 in der Glotz-Zeitschrift "Die Neue Gesellschaft" an die historischen Hofgeismarer erinnert und stolz eine Erklärung von Deist und Haubach zitiert, die die Hofgeismarer 1925 verabschiedeten und die zum Rassismus ihrer heutigen Nachfolger paßt: "Wir erkennen in den Nationen die natürliche (!) Gliederung der menschlichen Gesellschaft. Die Nation ist uns als historisch gewordene Natur- und Schicksalsgemeinschaft eine theoretisch gültige wie praktisch unleugbare Wirklichkeit.

Der 1992 wiedererstandene Kreis macht nichts anderes als sein Vorgänger, den die SPD offiziell in Ehren hält. Und da sie auch Ideologen wie Rathmann, Radbruch oder Heller in Ehren hält, wundert es nicht, daß die Leipziger Fascho-Jusos 1995 wieder oben auf sind, nachdem ihre Parteistrafen - einjährige Funktionsverbote - abgelaufen sind. Die heutigen Hofgeismarer setzen darauf, aus der sozialen Notsituation der 90er Jahre Gefolgsleute rekrutieren zu können, wie zu Anfang der 20er und in der Wirtschaftskrise der 30er Jahre. Der Begriff "Deutschfeindlichkeit" gehört zu ihrer Grundausstattung, wenn sie die Linke wegen der internationalen Solidarität - auch mit Ausländern in Deutschland - attakieren. Sie werfen der SPD vor, "ihre eigenen deutschen Wurzeln verraten" zu haben, wie es die Vorgänger bereits in den 20er Jahren taten.

In welchem braunen Boden diese Wurzeln stecken sollen, zeigten die wiederkehrenden Kleinanzeigen von Hofgeismarern in der "Junge Freiheit" ebenso wie ihr "Liederbuch Junger Sozialdemokraten", das sie zeitweise über das SPD-Unterbezirksbüro in Leipzig verschickten. Es enthält eine Sammlung völkischer Erbauungslyrik. "O alte Burschenherrlichkeit! Wohin bist du entschwunden?" ist noch eines der harmloseren Lieder. "Die lieben Waffen glänzen so hell im Morgenrot; man träumt von Siegeskränzen, man denkt auch an den Tod ... Dein ist, o Herr, der Krieg", geht es weiter. "Heldenblut" und "Männertugend" werden besungen, "himmelwärts im Siegertod" wollen diese Jusos, denn "stolz, keusch und heilig sei, gläubig und deutsch und frei Hermanns Geschlecht!" Das "Liederbuch" bringt auch ein altes antisemitisches Lied, "Haltet euer Deutschtum hoch", das heute neue Zielgruppen in Arbeitsemigranten und Flüchtlingen findet: "Deutsche Jugend, auf zum Streite, rüste dich mit Herz und Hand! Beug' dem Joch dich fremden Geistes nicht im eignen Vaterland!"

Die neuen Hofgeismarer berufen sich nicht zu Unrecht auf die großen Namen der Sozialdemokratie, auf Lassalle, Ebert, Kurt Schumacher und Julius Leber. Ihre heutige Ausländerfeindlichkeit setzt das fort, was schon die Lassallaner an Antisemitismus in die Partei einbrachten. Rosemarie Leuschen-Seppel hat 1978 mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie über "Sozialdemokratie und Antisemitismus im Kaiserreich" vorgelegt, in der sie darlegte, wie sehr Lasalle - selbst Jude - und seine Anhänger platte antisemitische Agitation gegen das liberale Bürgertum, die freie Presse und die marxistische Linke einsetzten. Sie wurden darin zu Vorläufern Niekischs und der Nazis, deren "Sozialismus" gegen den "jüdischen Kapitalismus" und den "jüdischen Weltbolschewismus" stand. Leuschen-Seppel schrieb von "antisemitischer Politik" und "antijüdischen Affekten" der Lassallaner, die sich in der SPD ausgebreitet hätten. Große Teile der Partei hätten die antisemitische Bewegung in Deutschland sogar als positive Rebellion gegen die Herrschenden verstanden, die ein Durchgangsstadium kleinbürgerlicher Schichten zum Sozialismus darstelle, gewissermaßen die Vorstufe zum Eintritt in die SPD.

Sie zitierte sogar den Parteimitgründer Wilhelm Liebknecht mit den Sätzen: "Ja, die Herren Antisemiten ackern und säen und wir Sozialdemokraten werden ernten. Ihre Erfolge sind uns also keineswegs unwillkommen." Diese Idee, Antisemitismus als soziale Unzufriedenheit mit dem herrschenden liberalen Bürgertum - das nach 1848 für die Judenbefreiung in Deutschland stand! - zu interpretieren, brachte eine direkte Nähe zur völkischen Bewegung. Die ideologische Gemengelage der "linken Leute von rechts" und "rechten Leute von links" in den 20er Jahren hatte sicher auch hierin einen Ursprung. Lediglich Karl Kautsky hat nach Leuschen-Seppel diese Infiltration der Sozialdemokratie mit Antisemitismus als Problem direkt und öffentlich angesprochen; es sei in der Partei nicht diskutiert und bewältigt, sondern tabuisiert worden.

Die heutigen Hofgeismarer rasseln mit den Säbeln ihrer Urgroßväter. Scholing hatte im "Vorwärts" 1993 durchaus die richtige Richtung gewiesen, in der die weltweiten Bundeswehreinsätze liegen. In ihrer Gründungserklärung "Warum Hofgeisamerer Kreis?" verwiesen die Neuen 1992 auf einen heroischen Friedrich Ebert, der aus persönlichem Schicksal nationale Politik gemacht habe. Reichskanzler Max von Baden habe am 9. November 1918 zum SPD-Vorsitzenden gesagt: "Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz!", und Ebert habe ihm geantwortet: "Ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren." Die Fascho-Jusos wissen sehr genau, welche Stellen sie zitieren, an welche sozialdemokratischen Traditionen sie anknüpfen. […]

Die Gruppe biedert sich heute diversen Kreisen an, die sich auf Kurt Schumacher beziehen, den Kriegsfreiwilligen des Ersten Weltkriegs, Verfolgten der Nazis und Nationalisten nach 1945, von dem Willy Brandt schrieb, "sein dominierender Charakterzug war ein eiserner Wille zur Macht". Die neuen Hofgeismarer zitierten in ihrer Grundsatzerklärung die Rede Schumachers vom Februar 1932, in der er den Nazis entgegenhielt: "Von der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion haben im Krieg 73 Prozent aktiv gedient." Diese Art von Patriotismus hat immer mit Gewalt zu tun, immer mit Krieg, immer mit der Pflicht des Individuums, sein Leben für die nationale Gemeinschaft im "Schützengraben" (Fichter) zu opfern.

Schumachers frühere Sekretärin und spätere prominente SPD-Politikerin Annemarie Renger wird von den Hofgeismarern ebenso als Ansprechpartnerin gesehen wie Brigitte Seebacher-Brandt. Die Gruppe um Stiefsohn Peter Brandt, Ammon und Fichter ist der primäre aktuelle Bezugspunkt. Die Friedrich-Ebert-Stiftung finanzierte den neuen Hofgeismarern im Juli 1993 ein Seminar, auf dem Tilman Fichter "anhand der Hofgeismar-Liederbücher" ein Referat zur Nation hielt und andere Referenten über den "hedonistischen Irrtum - Die Deutschen und die Demokratie" sowie über die faschistoide paramilitärische Organisation "Reichsbanner" aus der Weimarer Zeit informierten. Später bejubelten die Fascho-Jusos eine innerparteilich umstrittene Neugründung des "Reichsbanners", die im August 1994 stattfand. Das Ergebnis des Seminars veröffentlichte Fichter als Persilschein im August 1993 in NG/FH und im Antifa-Informationsdienst der Bundes-Jusos vom September 1993: Es gebe keine Fascho-Jusos in Ostdeutschland, die Mehrheit der neuen Hofgeismarer verträte lediglich "einen ethnisch (im Zweifelsfall also auch rassistisch) begründeten Nationalbegriff", was Fichter wohl für eine legitime Position innerhalb der SPD hielt.

Im April 1994 dann veranstaltete die FES gemeinsam mit der "Kurt-Schumacher-Gesellschaft" Annemarie Rengers in Leipzig ein groß angelegtes Symposium "Der 'Hofgeismar-Kreis' in der Weimarer Republik und seine Nachwirkungen bis in die Gegenwart", auf dem auch ein Vertreter der heutigen Hofgeismarer ein Referat hielt und einer ihrer erklärten Sympathisanten gemeinsam mit Renger auf dem Podium saß. "Annemarie Renger betonte, daß Stamokap- u. ä. Gruppen einst viel größere Unruhe hervorgerufen und negativere Schlagzeilen gemacht hätten als der neue Leipziger Kreis, dem sie ausdrücklich Existenzberechtigung zugestand", schrieben die Faschos im "Politischen Rundbrief des Hofgeismarkreises" Ende 1994.

Auch Franz Walter, der weit nach rechtsaußen abgerutschte Historiker der 20er Jahre-Jungsozialisten, sprach hier. "Die verschiedentliche Wertung des Hofgeismarkreises als präfaschistisch verweise, so dezidiert Walter, auf mangelnde Sach- und Quellenkenntnis der betreffenden Autoren", freuten sich die neuen Hofgeismarer über Walters Geschichtsfälschungen, der auch für die 90er-Jahre-Nachfolger eine passende Aufgabe wußte: "Bei klarer Trennung von ganz rechts käme diesem Kreis heute die Aufgabe, 'linkspazifistisches Mainstream' in der SPD aufzubrechen, zu", radebrechten die Leipziger Jusos in ihrem Rundbrief über Walters Rede. Offenbar kamen sie bei dem Symposium von FES und Renger auch sonst breit zu Wort, ihre prominenten Vertreter waren sämtlich zugegen. Ihr Vertreter Harald Heinze habe einen "vom Plenum mit stürmischem Beifall honorierten Diskussionsbeitrag" zum Nationbegriff gehalten, Sascha Jung den Begriff der "Kulturnation" gegen den des Verfassungspatriotismus hochgehalten. "Besonders hitzig wurde von den Teilnehmern des Forums der Habermas'sche Begriff des Verfassungspatriotismus diskutiert", jubilierten sie anschließend in ihrem "Politischen Rundbrief".

Bereits in ihrer Gründungserklärung von 1992 bezogen sie sich romantisch auf die "Kriegsozialismus"-Politik der SPD im Ersten Weltkrieg und hoben auch Friedrich Eberts Rolle im Kampf gegen die streikenden Munitionsarbeiter positiv hervor. Zum Auftakt der Schrift zitierten sie gleich einen Resolutionsantrag der SPD-Reichtagsfraktion von 1917: "Solange die feindlichen Regierungen Deutschland und seine Verbündeten mit Eroberung und Vergewaltigung bedrohen, wird das deutsche Volk wie ein Mann zusammenstehen, ... unerschütterlich ausharren und kämpfen, bis sein und seiner Verbündeten Recht auf Leben und Entwicklung gesichert ist. In seiner Einigkeit ist das deutsche Volk unüberwindlich. Der Reichstag weiß sich darin eins mit den Männern, die in heldenhaftem Kampfe das Vaterland schützen. Der unvergängliche Dank des ganzen Volkes ist ihnen sicher." Dieter Groh und Peter Brandt schrieben 1992 in ihrem Buch "'Vaterlandslose Gesellen'. Sozialdemokratie und Nation 1860-1990", daß die "Politik des 4. August" - der Bewilligung der Finanzen, die den Krieg erst ermöglichten, durch die neue Volksgemeinschaft im Reichstag 1914 - "durch die Kriegsniederlage (!) ... desavouiert worden war", nicht etwa durch den Krieg und seine Ziele, nicht etwa durch die Millionen von Toten in den Schlachten an Marne und Somme, bei Verdun und Tannenberg, in Litauen und Galizien.

Hier wird deutlich, wie wenig eine humanistische Orientierung, wie sehr aber der Heroismus eines Ernst Jünger mit seiner Verherrlichung der "Stahlgewitter" des Ersten Weltkriegs bereits das Denken bestimmt. Daß man die Hofgeismarer gebrauchen kann, wenn eine Große Koalition die Bundeswehr weltweit marschieren lassen will, wissen Scharping und Gansel, Glotz und Fichter, auch wenn die jungen Leute erst noch ein bißchen Parteischule brauchen werden, um den groben Unfug abzuschleifen. Daß diejenigen dabei stören, die das Profitinteresse der Konzerne am Ersten Weltkrieg ebenso hervorheben wie am heutigen Balkan-, Kaukasus- oder Somalia-Krieg, danach handeln sie innerparteilich.

Den Nationalkitsch des Ersten Weltkriegs kontrastierten die Hofgeismarer 1992 der angeblich aktuellen nationalen Stimmung. Ihre konservative Kulturkritik entspricht der von Glotz am "Krämergeist" und von Thierse am "Hedonismus" […]

Sascha Jung und seine Gefolgsleute posierten fürs Fernsehen vor dem Völkerschlacht-Denkmal bei Leipzig. […] Jung beklagte 1994 erneut die "soziale und menschliche Kälte" im Deutschland der "Raffke-Mentalität" und wetterte gegen die "Freigabe von Drogen, Multikulti und die Feminisierung des Bürgerlichen Gesetzbuches. ... Wir fordern deshalb eine Abkehr von der 'Hedonisten- und Schicki-Micki-Partei'. ... Leistungsforderungen sind zu erfüllen, die erste Priorität haben und hinter denen andere Einzelinteressen zurückstehen müssen." […]

"Die Deutschen, und allen voran unsere Politiker, müssen sich von den sinnlosen Schuldkomplexen, der tiefen Nationaldepression lösen", riefen sie 1992 auf, "es muß Schluß sein mit der Komprimierung tausendjähriger deutscher Geschichte auf zwölf schreckliche Jahre." Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe hatte das im November 1990 im Fernsehsender "1 plus" so ausgedrückt: Einer 1000jährigen deutschen Geschichte könnten "ein paar verunglückte Jahrzehnte" wohl nichts anhaben. […]

In ihrem ersten "Rundbrief" 1993 war der historische Hofgeismarer Karl Bröger Schwerpunktthema. Jung bezeichnete den völkisch-religiösen Romantiker und Revanchekrieg-Hetzer als "den meist gedrucktesten und gelesensten" Autor im Ersten Weltkrieg. […]

1994 hatten sie dazugelernt: Nun wurden aktuelle Vertreter der "Neuen Rechten" bemüht, Jean Haudry z. B., der rassistische Ideologe des "Indoeuropäertums", mit dem Alain de Benoist, Armin Mohler, Pierre Krebs und Sigrid Hunke im "Thule-Seminar" den Faschismus reformierten. [Anm. Blogger: vgl auch “Indogermanentum” bei Hans F. K. Günther]. Türken gehörten im Gegensatz zu den Hugenotten Friedrichs II. nicht in die "indo-europäische Völkerfamilie" und seinen deshalb nicht integrierbar, meinten die Hofgeismarer, "vgl. Haudry, Jean: Die Indo-Europäer, Wien 1986."

Beim "Thule-Seminar" hatte Haudry 1988 geschrieben: "Überall in der indo-europäischen Welt entspricht der physische Idealtypus dem nordischen Typus" und der sei "zwangsläufig blond", während "die niedrigen Elemente der Bevölkerung, die feindseeligen Nachbarn" schon in der griechischen Mythologie "schwarz wie die Erde und die Nacht" seien. Das Blonde habe "Eroberungsgeist", "Lebenselan und Willen zur Macht."

Das stimmt zwar schon historisch nicht, wie Martin Bernal 1992 in seinem Buch "Schwarze Athene. Die afroasiatischen Wurzeln der griechischen Antike" nachwies: Die "arische" Antike wurde erst zur Zeit der Romantik konstruiert, ebenso wie das "arische" Indien. Aber zur ausländerfeindlichen Ideologie reichen diese Mythen, die nicht "indoeuropäisch", aber faschistisch sind, allemal. Die Farben der "Indoeuropäer", meinte Haudry, seien "weiß, rot und schwarz", zufällig die des Kaiserreichs der Hohenzollern, der antirepublikanischen Kampforganisation "Stahlhelm" und die der NS-Fahne. Mit "der rein abstrakt gedachten 'Wertegemeinschaft' des Verfassungsstaates", schrieben die Hofgeismarer 1992, solle die "indo-europäische" Zusammensetzung der deutschen Gene zerstört werden: "In Berlin leben heute 140 000 Türken. ... Berlin ist bereits heute die viertgrößte türkische Stadt der Welt." Auch Peter Glotz war ja gegen solche Masseneinwanderungen, wie sie Wien und Berlin schon zu Beginn des Jahrhunderts mit den Ostjuden erlebt hatten. Die theoretische Agitation gegen Habermas in NG/FH findet bei den Hofgeismarern nun verständnisvolle Praktiker.

Zur Asylrechtsänderung schrieben sie 1994: "Auf der Basis von Unwissenheit wird mit Fehlinformationen und Phrasen diskutiert", obwohl es doch gelte, "Mißbrauchs-beschränkungen" durchzusetzen, da sonst "konsequent zu Ende gedacht alle ca. 2 Milliarden unterhalb der Armutsgrenze lebenden Menschen in die Wohlstandsregionen importiert" würden. "Die vorgenommenen Änderungen werden mit Sicherheit ihre wohltuende Wirkung entfalten." Das Asylrecht sei ohnhin "im wesentlichen nichts weiter, als hilflose Gewissensberuhigung christlicher oder sonst humanistischer Nächstenliebe."

Daß sie im November 1994 im "Politischen Rundbrief" ihre Darstellung zum deutschen Bauernkrieg auf ein Nazi-Buch von 1939 stützten - peinlich, aber ansonsten vertraten sie die Positionen der SPD-Spitze: erst ein Friedrich-Naumann-Zitat, dann die Klage, "der geistig-moralische Verfall in Deutschland" schreite "rapide voran, Ellenbogenmentalität macht sich breit, Egoismus und Konsumdenken bestimmen heute unser Handeln" - das hatte doch schon Thierse ebenso beklagt. Weiter schrieben sie: "Für Jugendliche gibt es keine Autoritäten, keine Respektpersonen, Vorbilder und Grenzen mehr" - Glotz hatte den alten Hofgeismarer Heller als Vorbild angepriesen. "Immer mehr Ehen werden geschieden, immer weniger Kinder geboren" - die SPD hatte mit Versprechen auf höheres Kindergeld die Bundestagswahlen gewinnen wollen. "Der Justizapparat, Behörden und Verwaltungen werden immer bürokratischer, Gesetze immer komplizierter" - Scharping und Lafontaine wollen mit Deregulierung und schlankem Staat da Abhilfe schaffen, wo Bürger ihr Recht zu suchen wagen. "Wachsende Kriminalität" beklagten die Hofgeismarer 1994, den Lauschangriff bot Scharping als Lösung an.

"Zunehmende Individualisierung", "zerrüttete Familienverhältnisse", "Jugendverwahrlosung, Lehrstellennot und Drogenmißbrauch", "Arberitslosigkeit als Schicksal und Pornos als Ausdruck von Liberalität", "unkontrollierte Zuwanderung" beklagten die Fascho-Jusos, Glotz forderte schon 1989 die Kontrolle der Zuwanderung, dann nehmen Ausländerkinder auch keine Lehrstellen und Arbeitsplätze weg. "Die letzten sozialen Bindungen sind im Begriff sich aufzulösen. Mit dem sozialen Konsens hat sich der kulturelle verflüchtigt. Ein Volk kann aber ohne ein Mindestmaß an Gemeinschafts-bezügen und kultureller Übereinstimmung nicht existieren", meinten die Leipziger in ihrem fünften Rundbrief, denn "ganz sicher sind Sparsamkeit und Verzicht das Gebot der Stunde".

Die neuen Hofgeismarer genießen den besonderen Schutz Fichters, der sich öffentlich vor sie stellte: "Es muß Schluß sein mit den Ausgrenzungen", meinte er im Juli 1993 gegenüber dem Berliner "Tagesspiegel" und klärte seine Funktion als politischer Pate: "Ohne mich wären die Kinder draußen." Die Gruppe versuchte, über Anzeigen in der "Jungen Freiheit" Mitglieder zu werben, sie wird von der rechtsextremen Presse kontinuierlich aufmerksam beobachtet. So brachte z. B. die Zeitschrift "DESG-Inform" - aus der "Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft" DESG, in der Henning Eichberg seine rechtsextreme Karriere begann -, ein Blatt mit Schaltstellenfunktion zwischen dem alten und neuen, dem intellektuellen, nationalrevolutionären und militanten Faschismus von Remer bis Rieger, von Christophersen bis Eichberg, im Januar 1994 einen Artikel über den "Politischen Rundbrief" der Hofgeismarer, in dem es hieß: "Wir empfehlen, diese Grundsätze sehr genau zu studieren. Das sind neue Kräfte, mit denen man zumindest sprechen sollte."

Die Fascho-Jusos verbinden auf drastische Weise den Rückgriff auf national-revolutionäre Positionen seit der Jahrhundertwende mit der aktuellen Sozialabbau-Politik. Sascha Jung dokumentierte im April 1995 im "Politischen Rundbrief" der Gruppe seine Sympathie für die bayrische SPD-Vorsitzende Renate Schmidt, die sich im November 1994 lauthals gegen den angeblichen Sozialmißbrauch vorgewagt und drastische Einschnitte in den Verorgungssystemen gefordert hatte. Ohne Umschweife schließen sich die Hofgeismarer dem "antihedonistischen" Kurs des SPD-Vize Wolfgang Thierse an, dessen Quelle sie im schwärmerisch verehrten "Kriegssozialismus" des Ersten Weltkriegs sehen. Sie passen damit sicher besser in die neuen deutschen Zeiten als die Juso-Linke, die den Kriegsdienst verweigert, und es ist wohl auch kein Zufall, daß die Hofgeismarer ein Männerverein sind. Es gibt schon längst wieder Eliten in Deutschland, die harte Jungs und kernige Helden den hedonistischen Softies vorziehen. […]
 
Daß die Hofgeismarer zu ungestüm vorgingen, hier und da den Mund zu weit aufrissen, brachte ihren Führern Jung und Heinze 1994 ein mildes einjähriges Funktionsverbot in der SPD ein, das zudem nach Presseberichten vor Ort nicht eingehalten wurde. Im Urteil des SPD-Schiedsgerichts hieß es, "daß die Position der Antragsgegner (Jung und Heinze, P. K.) mit dem Begriff deutschnational, geschweige denn rechtsextrem oder neonazistisch nicht sachgerecht beschrieben wird" und daß die Medien "in einem für die Schiedskommission erschreckenden Ausmaß unkorrekt, undifferenziert-pauschalisierend, aufbauschend und ungerecht-insinuierend" über die Fascho-Jusos berichtet hätten. Triumphierend schrieb Jung im April 1995, "am 03. Februar um 24.00 Uhr" sei "das einjährige Funktionsverbot gegen Harald Heinze und mich abgelaufen".  

Und dann legten sie erst einmal kräftig nach. Ein Brief des Kriegshetzers Ludwig Frank vom August 1914 wurde als Juso-Orientierung zitiert: "Die Strapazen der Felddienstübung und des Marsches ertrage ich mühelos. Ich bin froh darüber: Das Blut für das Vaterland fließen zu lassen, ist nicht schwer und umgeben von Romantik und Heldentum." […]

Larisch lobte im selben Rundbrief vom April 1995 die österreichische Neonazi-Zeitschrift "Aula", sie habe - wohl im Gegensatz zu der Presse, die die SPD-Schiedskommission kritisierte - "äußerst sachlich und gut informiert" über die neuen Hofgeismarer berichtet; "sowohl Literatur und Presse, als auch unsere eigenen Veröffentlichungen scheinen hier ausschöpfend gesichtet worden zu sein, so daß ein umfassend informierender Artikel entstanden ist." Die österreichische Polizei brachte die Zeitschrift "Aula" mit den Briefbombenattentaten von 1994/95 in Verbindung, die auch die Lübecker SPD-Stadtratsfraktion trafen, und beschlagnahmte schon Anfang März 1995 im Rahmen der Ermittlungen die "Aula"-Abonnenten-Datei. […] Der "Aula"-Autor des Hofgeismar-Artikels schreibt auch in der "Jungen Freiheit", die im Januar 1995 einen Artikel von Sascha Jung abdruckte. Den aber wollte Jung im April 1995 nicht autorisiert haben. […]

Rainer Zeimentz, beim Parteivorstand für die Beobachtung des Rechtsextremismus mit zuständig, sah in einem internen Papier vom Juni 1993 die Gefahr deutlicher: "Es muß unbedingt verhindert werden, daß aus dem regionalen Ärgernis der rechten Jusos Leipzig ein Netzwerk für rechte Gesinnung innerhalb der SPD wird." Doch die Mahnung blieb ungehört.

Niekischs ASP-Zeitung "Der Volksstaat" schätzte 1926 das Verhältnis Hofgeismarer-SPD so ein: "Immer konnte man den Eindruck haben, daß der Parteivorstand sich zwar nicht getraute, sich offen zum nationalen Gedanken und Lebensgewohnheiten zu bekennen, daß er aber mit heimlichem und tätigem Wohlwollen auf die nationalen Bekenntnisse dieses jungsozialistischen Nachwuchses blickte und immer schützend die Hände über ihn halte." […]

"Es ist eine kapitale Fehleinschätzung zu glauben, Rechtsextremismus sei eine Angelegenheit von 'Ewiggestrigen', dumpfdröhnenden Biertisch-Strategen oder verelendeten Skinheads. Themen werden breit aufgenommen und oft bewußt in sprachlicher Nähe zu Sozialdemokraten oder Grünen angegangen (z. B. Ökologie, Renten, Gesundheitsreform, Abrüstung). Dahinter verbergen sich jedoch nur scheinbar deren Ideen. Es ist zu sehr aus dem Blickfeld geraten, daß die deutsche Rechte durchaus Traditionen hat, die sich im Nationalsozialismus nicht durchsetzen konnten, aber ihm sehr wohl in den Sattel geholfen haben. Die Deutsch-Nationalen sind dafür ein Beispiel, der 'linke' Strasser-Flügel der Nazis ein anderes. ... Die pseudowissenschaftlichen Hilfstruppen der extremen Rechten tun ein übriges zur vereinheitlichenden Kontaktpflege: Vom Stahlhelm-Flügel der CDU/CSU bis hin zu alten und neuen Faschisten reicht der Kreis derer, die rechtsaußen Ideologie fleißig diskutieren und hoffähig machen wollen. Zeitschriften wie 'Mut', 'Nation Europa', 'Criticon' oder 'Elemente' sind dafür beredte Zeugnisse."

Dieser Abschnitt stand Ende der 80er Jahre in einem Flugblatt des SPD-Parteivorstands, "Thema: Rechtsextremismus". […] Wer diese Entwicklung [heute] innerhalb der SPD kritisieren will, muß mit Konsequenzen rechnen.

Noch bevor das Grundgesetz verabschiedet war, faßte die Partei den Beschluß, daß die Mitgliedschaft in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA), der größten Organisation der Nazi-Opfer, nicht mit der SPD-Mitgliedschaft vereinbar sei. Wer glaubt, das würde sich nun ändern, nachdem ein langjähriges prominentes VVN-Mitglied, der neue Bremer Bürgermeister Henning Scherf, Chef einer SPD-geführten Landesregierung ist, wird enttäuscht werden. Der Unvereinbarkeits-beschluß zur VVN ist einer der beständigsten Teile sozialdemokratischer Nachkriegspolitik. Die "Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten" (AvS) war ursprünglich ein Konkurrenzunternehmen zur VVN, das sich nach dem Ende der DDR totalitarismustheoretisch erweiterte und sich heute vorwiegend mit den Opfern des Stalinismus befaßt. Sein Vorsitzender Heinz Putzrath schrieb 1989 über die REPs: "Das Programm der Republikaner läßt sie als eine konservative, deutschnationale Partei erscheinen, die auf dem Boden des Grundgesetzes steht und sich von Nationalsozialisten der Vergangenheit distanziert." Im selben Jahr - als REPs und NPD ihre ersten spektakulären Wahlerfolge hatten - sprach sich die AvS rundheraus und undifferenziert gegen antifaschistische Demonstrationen aus; der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Wilfried Penner, warnte ebenso undifferenziert vor jeglichen Verboten neofaschistischer Organisationen. So läßt sich wohl auch dann kein Antifaschismus betreiben, wenn man wollte.

Der linke Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Hansen erfuhr in den 70er Jahren, als mit Willy Brandt ein prominter Antifaschist Bundeskanzler war, was dies in seiner Partei konkret bedeutete. Er hatte von der Bundesregierung verlangt, sich bei den USA dafür einzusetzen, daß das Berliner US-Document-Center mit Millionen Daten über Nazi-Aktivisten aus der Verwaltung der Alliierten in deutsche Hände überführt werde, damit auch deutsche Antifaschisten freien Zugang zu den Dokumenten bekämen, was bis dahin fast nur für Bürger der Kriegssiegerstaaten möglich war. Doch Willy Brandt lehnte ab; es befanden sich zuviele Hinweise auf Personen im US-Document-Center, die inzwischen die Seite gewechselt hatten und sich nach jahrelanger Treue zu den Nazis während des "Dritten Reiches" nun jahrelang als stramme Sozialdemokraten bewährt hatten. […]

Das rechtsextreme Lager wählt mehrheitlich die Unionsparteien und an zweiter Stelle die SPD. Rechtsextreme Parteien mobilisieren dagegen nur einen winzigen Teil des Kuchens", so resümierte 1993 der sozialdemokratische Parteienforscher Richard Stöss von der Freien Universtät Berlin mehrere Studien, die rechtsextreme Einstellungen zum Wahlverhalten in Beziehung setzten. Danach wählten Rechtsextremisten, die mit Hilfe von Einstellungsskalen in Meinungsumfragen identifiziert wurden, zu 25 Prozent die SPD, dagegen nur zu 6 Prozent die "Republikaner". […]

Als prominente Wechsler machten Schlagzeilen: Werner Müller, als Parteimitglied unter den SPD-Kanzlern Brandt und Schmidt Chef der Abteilung Inland im Bundespresseamt, 1991 zum Chef der Berliner "Republikaner" gewählt, oder der ehemalige Oberbürgermeister von Würzburg, Klaus Zeitler, der 1992 von der SPD zu den REPs übertrat. Solche Entwicklungen, die es ähnlich auch schon in den frühen 30er Jahren gab, gelten in der SPD als Argument dafür, lieber keinen Antifaschismus zu betreiben, sondern die Partei nach rechts zu verschieben, obwohl dies auch schon in den 30ern den Rechtsruck der gesamten Gesellschaft nur beschleunigte statt verhinderte.

Heute gibt es beim SPD-Parteivorstand zwar mit Rainer Zeimentz eine Stelle, die sich damit befaßt, den Neofaschismus zu beobachten, ohne ihn so zu benennen. Auch die Bundestagsfraktion hat seit der 12. Legislaturperiode 1990 eine "Projekt-Arbeitsgruppe 'Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt'" eingerichtet, doch ihre Kampfmittel erscheinen zweifelhaft: Einer der Wortführer der Arbeitsgruppe war SPD-MdB Jochen Welt, der sich einen Namen machte als vehementer Verfechter sowohl der Abschaffung des Asylrechts als auch der Errichtung einer elektronischen Überwachung der Oder-Neiße-Grenze auf illegale Flüchtlingsübertritte. "Das Boot ist wirklich voll. Wir lenzen bereits mit aller Kraft. ... Die Gemeinden, speziell die der Ballungsgebiete, können keine neuen Zuwanderer mehr ertragen!", schrieb er schon im Oktober 1990 im "Vorwärts" als Bürgermeister von Recklinghausen, kurz bevor er in den Bundestag einzog und die Änderung des Artikel 16 des Grundgesetzes betrieb. […]

Die Partei behandelt die Rechtsentwicklung im wiedervereinigten Deutschland überwiegend als ein Problem gewalttätiger, desorientierter Jugendlicher. Dennoch kürzen die sozialdemokratisch regierten Kommunen zur Zeit ihre Haushalte breit im Bereich der Jugendarbeit. […] Bis hin zu den Jusos stellen die umstrittenen Thesen des Jugendforschers Wilhelm Heitmeyer die Grundlage der Antifa-Arbeit dar: Zerstörte Familien und sich auflösende Sozialmilieus stießen die Jugendlichen in Identitätskrisen, so Heitmeyer, Orientierung und emotionale Sicherheiten suchten sie sich daher beim gewalttätigen Nationalismus, von dem Heitmeyer behauptet, er sei das letzte noch funktionierende Sozialmilieu der Gesellschaft. Als hätten die patriarchal strukturierten Arbeiterfamilien der 20er Jahre oder die muffige Romantik der Bündischen Jugend den Faschismus verhindert! […]

Wo Faschismus nur als Halbstarken-Krawall angesehen wird, braucht man keine Antifaschisten. […]
Anti-Antifa betreiben heute in der SPD vor allem Armin Pfahl-Traughber, Wolfgang Kowalsky oder Wolfgang Rudzio. Während Pfahl-Traughber in linken sozialdemokratischen Antifa-Initiativen Informationen sammelte, die er dann später als Angestellte der Verfassungsschutzes gut gebrauchen konnte, wurde vor allem Kowalskys Buch "Rechtsaußen ... und die verfehlten Strategien der deutschen Linken", das unter Zitelmanns Lektorat neben Jörg Haiders oder Alfred Mechtersheimers Büchern in der Reihe "Ullstein Report" erschien, zur Bibel derer, die Antifaschisten aus der SPD ausgrenzen. […]
 
 

Die Zeitschrift "Criticon" kommentierte: "Für diejenigen Konservativen, welche sich immer noch von der Auschwitz-Keule beeindrucken lassen, ist Kowalskys Buch heilsam." Das rechtsextremistische Blatt "Nation und Europa" fand Kowalskys Buch "eine Lust". Man versteht sich eben. Der antifaschistische Autor Detlev Claussen - wirklich kein Marxist - kritisierte Kowalsky, er betreibe die "Bekämpfung des rechten Extremismus durch Eingemeindung". Rudzio - als SPD-Mitglied 1973 auf eine Professur an der Oldenburger Reform-Universität gehievt - sammelte in den 80er Jahren breit Daten über die geächtete Zusammenarbeit von Sozialdemokraten mit DKP und VVN. Seine Erkenntnisse dienen Zitelmann in dessen Buch "Wohin treibt die Republik?" von 1995 als Beweis für eine Linksdrift, und die "Junge Freiheit" goutierte Rudzios Auftritt gegen die autonome Antifa […].

Der Kampf gegen den Neofaschismus hatte schon in den 80er Jahren innerhalb der Sozialdemokratie allenfalls noch eine Feigenblattfunktion. Von den Ortsvereinen bis zur "Baracke" hieß die am meisten fortschrittliche Parole: "Gegen Rechtsextremismus? Laßt das mal die Jusos machen, da können die sich abreagieren!" Einfluß auf die Politik der Partei war so nicht zu gewinnen, Antifa-Arbeit wurde zur geduldeten Spielwiese degradiert. Viele antifaschistische Aktivisten, gerade in linken Juso-Bezirken, haben inzwischen die Konsequenzen daraus gezogen und für ihre Arbeit autonome Strukturen aufgebaut. Die Antwort lokaler Parteigrößen hierauf ist es oftmals, sie dann auch von der Büroinfrastruktur der SPD abzukoppeln: keine elektronischen Schlüsselkarten für die Fotokopiergeräte mehr, keine Portozuschüsse mehr für die Infopost, keine Treffen mehr im Parteibüro. […]

Die bisherige Strategie der SPD-Spitze, gerade diejenigen innerparteilich ins Leere laufen zu lassen, die sich an dem alten "Thema: Rechtsextremismus"-Flugblatt des Parteivorstands orientierten und deshalb die einflußreichen Intellektuellen des Neofaschismus - Konservative Revolution, Nationalrevolutinäre, "Neue Rechte" - ins Zentrum ihrer Antifa-Politik stellten, wurde Mitte der 90er Jahre von offener Repression abgelöst. Der Grund dafür, die bisherige lange Leine zur Peitsche umzuwandeln, liegt wohl vor allem darin, daß sich auch prominente Sozialdemokraten in Teilgebieten den Positionen der "Neuen Rechten" angenähert haben. Die Asylpolitik war bisher das bekannteste Beispiel. Allerdings zeigte sie auch - ebenso wie die Militärpolitik gegenüber den Staaten des ehemaligen Jugoslawien -, daß sich die Partei eine liberale Haltung leisten kann: Um im Bundestag die nötigen Mehrheiten für neokonservative Politik zu bekommen, reicht es nämlich aus, wenn nur ein Teil der SPD-Abgeordneten mit CDU/CSU und FDP stimmt, der andere aber zur Pflege des progressiven Images - und ohne jede politische Wirkung - dagegen opponiert. Etliche aus der Bundestagsfraktion, die standhaft auf ihrer Minderheitenposition beharrten und gegen die faktische Abschaffung des Asylrechts stimmten, kehrten dennoch nicht in den 1994 neu gewählten Bundestag zurück.

Eine Betroffene der neuen Repression war die niedersächsische Abgeordnete Margitta Terborg, die sich auch in der Blauhelm-Debatte der frühen 90er Jahre partout nicht nach rechts bewegen wollte. Allerdings konnte die Parteispitze ihr das Mandat nicht abnehmen, weil Terborg ihren Wahlkreis seit mehr als zehn Jahren immer direkt gewinnt. Dennoch: die Geschäftsführung der SPD-Bundestagsfraktion unter Peter Struck weigerte sich schließlich sogar, Terborgs Pressemitteilungen herauszugeben und zu verteilen, wie es als Dienstleistung der Fraktion für alle ihre Mitglieder üblich ist. "Für die Kriegswütigen eine Fremdenlegion", forderte die Pazifistin darin ironisch und kündigte an, "meinen schießwütigen Kollegen in meiner Partei (zu) empfehlen, bei der Fremdenlegion oder in einem 'Friedenskorps' der NATO, der WEU, der KSZE oder sonstwo anzuheuern, damit sie endlich einmal die Chance haben, einen Krieg selbst zu erleben und zu überleben". Terborg blies nicht in Sonntagsreden auf Friedensschalmeien, sondern wollte praktische Lehren aus den historischen Fehlern der Sozialdemokratie ziehen. In einer weiteren Pressemitteilung schrieb sie in Anspielung auf Ernst Jünger: "Den nächsten Krieg gewinnen wir. Unter dem Etikett der UNO. Und weil offenbar die Mehrheit der Väter in unserer Republik ihre Söhne und Enkel mal wieder in ein 'Stahlgewitter' schicken wollen. Das ehemalige Jugoslawien bietet sich an. Aber auch der Nahe Osten, bald die ehemalige Sowjetunion, und natürlich Afrika liefern Aktionsfelder. ... Als Mutter sage ich: mein Kind wird nicht am nächsten Krieg unter UNO-Flagge teilnehmen. Und ich hoffe, daß die Mehrzahl der Mütter in Deutschland ebenso denkt." Über ihrer Erklärung stand: "Folgender Artikel durfte im SPD-Pressedienst nicht erscheinen. Die Fraktion hat es auch abgelehnt, ihn zu verteilen."  

Die Bedeutung der Konservativen Revolution in der SPD erkennt man weniger an verquasten Formulierungen aus jugendlichem Sturm und Drang der Hofgeismarer, als vielmehr an der Reaktion der Parteispitze auf antifaschistische Kritik. Den Zusammenhang mancher Entwicklungen innerhalb der historischen Sozialdemokratie zum Faschimus hin zu klären, ist nicht erwünscht, Verantwortung dafür zu übernehmen, nicht attraktiv, daraus für die heutige Politik zu lernen, nicht opportun. Diese Aufgabe der "Historischen Kommission beim Parteivorstand der SPD" bleibt unerledigt, um das Image eines monolithischen antifaschistischen Widerstands zwischen 1933 und 1945 nicht zu gefährden, das diejenigen nach 1945 von sich aufbauten, die 1933 im Reichstag für die "Friedensresolution" Hitlers gestimmt hatten. […]

Die fehlende Selbstkritik erleichtert es heute den Apologeten, unerkannt auf die alten Konzepte zurückzugreifen. Schon 1986 und 1987 veröffentlichte der "Sozialdemokratische Pressedienst" die nationalrevolutionären Hintergründe der Ammon/Fichter-Gruppen. Daraufhin machten beide in der Partei mobil, und Willy Brandt schrieb Ammon einen tröstenden Brief: Er hoffe, daß die wiederkehrenden Veröffentlichungen Ammon nicht schaden würden. Ammon, Schweisfurth und andere aus ihrem Umfeld erhielten nach etlichen Enthüllungsartikeln in der sozialdemokratischen Presse immer wieder die Möglichkeit, ihre Bündnispolitik mit Neofaschisten in eigenen Beiträgen zu rechtfertigen. Inzwischen sind sie den Weg zu Ende gegangen, den die "Bonner Initiative Gemeinsam gegen Neofaschismus" und ihr Nachfolger, das "Bonner Institut für Faschismus-Forschung und Antifaschistische Aktion", in etlichen Veröffentlichungen seit den 80er Jahren beschrieben haben: Schweisfurth zu Benoist und "Großdeutschland", Ammon zur "Jungen Freiheit", Stolz zu "MUT", Mechtersheimer und Schmidt-Eenboom zum Umfeld der "Auschwitz-Lügner"-Szene, Fichter zu Zitelmann und Fleissner usw.

Als 1987 ein Artikel, der noch einmal die Personenbündnisse von Peter Brandt über Henning Eichberg bis Wolf Schenke darstellte, im sozialdemokratischen Pressedienst "ppp" erschienen war, schrieb der Chefredakteur des Pressedienstes, Helmut G. Schmidt, an Fichter: "Ich übernehme die volle politische Verantwortung für diesen Vorfall und habe heute Willy Brandt den Rücktritt von allen meinen Funktionen angeboten." Statt dessen trat Brandt kurz darauf selbst zurück, allerdings wegen der innerparteilichen Proteste gegen die Griechin Margarita Mathiopoulos, die Brandt zur Pressesprecherin der deutschen SPD hatte machen wollen. Welchen Strum im Wasserglas mußte es gegeben haben, wenn Schmidt wegen eines Artikels, der Fichters Zusammenarbeit mit Nationalrevolutionären darstellte, sogleich seinen Rücktritt anbot!

Seitdem durfte in keinem SPD-Blatt mehr über die Verbindungen Fichters, Ammons und Peter Brandts zum Neofaschismus geschrieben werden. Lediglich zu den neuen Hofgeismarern brachte der Pressedienst "blick nach rechts" der SPD noch ein paar kritische Anmerkungen. Daß jeder öffentliche Hinweis auf die Nähe von Peter Glotz  oder Wolfgang Thierse zu den Positionen der Konservativen Revolution den sofortigen  Rauswurf des Verantwortlichen zur Folge hätte, daran besteht in der Bonner Parteizentrale ebensowenig ein Zweifel wie in der SPD-Bundestagsfraktion.

Hier waren es bisher vor allem die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, Rudolf Dreßler und bis zur Wahl 1994 Renate Schmidt, die Nibelungentreue verlangten und dabei halfen, Vertreter des linken Parteiflügels nicht etwa nur kaltzustellen, sondern kurzerhand hinauszuwerfen. Struck hatte schon die Asyl- und Blauhelm-Wende in der Fraktion durchgesetzt, Dreßler hatte in Verhandlungen mit den Fraktionen der Regierungskoalition Sozialkürzungen zustimmungsfähig gemacht, die bayrische SPD-Landesvorsitzende Schmidt begann nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag die innerparteiliche Debatte um den angeblichen Mißbrauch von Sozialleistungen.

Hans-Jochen Vogel, früherer Partei- und Fraktionsvorsitzender, unter dem Fichter Karriere machte, hielt die schützende Hand über den Bildungsreferenten, nachdem es am Rande des Wiesbadener Parteitags im November 1993 Proteste gegen Fichter gegeben hatte. Vogel übte hinter den Kulissen erfolgreich Druck gegen Kritiker aus und war auch in der Bundestagsfraktion bemüht, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die vor den Bündnispartnern des Neofaschismus in der SPD warnten. Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung, Jürgen Burckhardt, schaltete sich bereits im September 1993 ein und verlangte in einem Brief an Struck Konsequenzen, damit die FES nicht länger wegen ihrer Unterstützung der Nationalrevolutionäre öffentlich angegriffen werde. Wer es wagte, die FES-Einladungen an Ammon oder Mechtersheimer zu kritisieren, sei "aus unserer Sicht ... mehr ein Fall für eine psychologische Beratung ..., denn für eine ernsthafte politische Auseinandersetzung", so Burckhardt am 15. September 1993 an den "lieben Peter" Struck, "mit freundlichen Grüßen Dein Jürgen."[…]

Die Mitarbeiter der SPD-Bundestagsabgeordneten beschlossen im Dezember 1993 auf einer Vollversammlung mit Zweidrittelmehrheit ein Papier, daß öffentliche Kritik an Tilman Fichter verurteilte. […]

Im März 1994 dann fand sich ein eigenartiges Quintett zusammen, das gemeinsam initiativ wurde und forderte, innerparteiliche Kritik an ihrer Zusammenarbeit mit Neofaschisten müsse von höchsten Stellen administrativ unterbunden werden: Peter Brandt, Tilman Fichter, Erich Schmidt-Eenboom, der Europaabgeordnete Dieter Schinzel und Helmut Lölhöffel, ein SPD-naher, mit Struck und Dreßler befreundeter Journalist, dessen Nazi-Kontakte aufgedeckt und sogar gerichtlich bestätigt worden waren. Sie verlangten nun in einem gemeinsamen Brief an Struck, sozialdemokratische Antifaschisten rauszuwerfen, die weiterhin über ihre Rechtsaußen-Politik berichteten. Struck solle "darauf hinwirken, daß diese Aktivitäten nicht aus der SPD heraus fortgeführt werden".

Die Herren hatten allen Grund, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen, denn ihr Milieu war nicht nur rechts, es wurde zunehmend kriminell. Schinzel hatte sich Ende 1993 von Mechtersheimer als "Präsident" eines "Deutsch-Arabischen Friedenswerkes" (DAF) werben lassen, das im wesentlichen durch die Ideen Mechtersheimers, Eichbergs und von Rolf Stolz bestimmt wurde. Mechtersheimer führte das DAF aus seinem "Friedenskomitee 2000"-Büro heraus. Über die Finanzierung der Organisation wurde deshalb sofort in die Richtung der Gaddafi-Dollars spekuliert, die an Mechtersheimer geflossen sein sollten. Ungefragt, aber per Einschreiben, schrieb Mechtersheimer am 24. Oktober 1994 einen Brief an den Verfasser des vorliegenden Buches. Libysches Geld aus der "Muhammar-al-Gaddafi-Stiftung" stecke nicht "im DAF-Projekt", beeilte er sich zu bekunden. Was es mit der Million Dollar von Gaddafi auf sich hatte, die seine früheren Kollegen aus dem "Forschungsinstitut für Friedenspolitik e. V." - darunter Schmidt-Eenboom - ihm im Oktober 1994 in Zeitschrift "Wissenschaft und Frieden" persönlich definitiv zugerechnet hatten, dazu nahm Mechtersheimer jedoch nicht Stellung. […]

Mechtersheimer vertrieb 1993 über das DAF neben Eichberg-Äußerungen auch Literatur aus der rechtsextremistischen "Verlagsgesellschaft Berg" des Gerd Sudholt. Das Mitglied des Europäischen Parlaments Dieter Schinzel, inzwischen Präsident des DAF, [war] als Präsident der seriösen "Deutsch-Arabischen Gesellschaft" […] vom Vorstand wegen finanzieller Probleme abgesetzt [worden]. […] Friedenswerk" hin oder her, die "Aachener Volkszeitung" berichtete im Januar 1995, Schinzel habe im Konkursverfahren vor dem Aachener Amtsgericht beteuert, bald wieder zu Geld zu kommen und seine Schulden zu bezahlen, denn er mache Geschäfte "in Krisengebieten dieser Welt".

Wenige Wochen, nachdem das Quintett Schinzel, Fichter, Brandt, Schmidt-Eenboom und Lölhöffel - wohl in der Hoffnung, durch innerparteiliche Repression aus den Antifa-Schlagzeilen zu kommen - ihren Brief an Struck geschrieben hatten, schlug die Öffentlichkeit wieder zu, diesmal in Gestalt der Staatsgewalt: DAF-Präsident und SPD-MdEP Schinzel wurde in flagranti verhaftet und beschuldigt, versucht zu haben, mehrere Millionen gefälschter Schweizer Franken zu verkaufen. Ein V-Mann der Polizei hatte den Deal auffliegen lassen. Wochenlang saß Schinzel in Untersuchungshaft und wurde nur gegen Meldeauflagen bis zum Prozeß entlassen. Die undurchsichtige Agentenaffäre harrt noch der strafrechtlichen Aufklärung.

Tilman Fichter hatte besseres zu tun. Im März 1994, eine Woche nach der gemeinsamen Antifa-raus!-Forderung gegenüber Struck, sagte er der "taz" in einem Interview, er habe in der Partei keine Schwierigkeiten wegen seiner rechten Politik: "Die heutige SPD ist eine erstaunlich liberale Partei. ... Ich trete seit vielen Jahren für die Freiheit der Andersdenkenden ein. ... Rosa Luxemburg hat recht, wenn sie sagt, daß Freiheit nicht nur ein hohes Gut für die eigenen Leute ist, sondern auch für die Andersdenkenden."


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“Innerer Widerstand” (vgl. Paul Fechter)

 Aus dem Lebenslauf von Heinrich Deist (1902 – 1964); Archiv der Friedrich Ebert Stiftung:
“Um dem Druck dieser politischen Überwachung durch die Nationalsozialisten zu entgehen, entschloß Heinrich Deist sich nach gründlicher Absprache mit politischen Freunden 1938, der NSDAP beizutreten.”
 
http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/nachlass/nachlass_d/deist-he.htm



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Im Gespräch [mit Lorenz Jäger]: Ulrich Raulff: Wie hat George unser Land geprägt? -
http://www.faz.net/-gso-145bp


25.10.2009 ·  Wir treffen Ulrich Raulff im Marbacher Literaturarchiv, das samstäglich still und wie in sich gekehrt wirkt. Der Direktor dagegen ist höchst lebhaft und überrascht vom großen Interesse an dem Buch über Stefan George, das er gerade veröffentlicht hat ["Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben. Eine abgründige Geschichte."].
 
Ulrich Raulff: Das Überraschendste war zweifellos, wie dicht ich im Laufe der Studien an meine Gegenwart, an meine Erfahrungs- und Lebenswelt, auch in meine sozialen Gruppen kommen würde. Denn ich höre zwar erklärtermaßen 1968 auf, im Jahr des hundertsten Geburtstages von George. Tatsächlich erlaube ich mir aber, Spuren nachzugehen, die bis in die achtziger Jahre führen, etwa zur Gründung des Wissenschaftskollegs in Berlin – und damit zu Namen von Kollegen, die wir alle
kennen. ...
Ich wusste immer, dass es Verbindungen von George in die Reformpädagogik gab. Schon sehr früh, in Wickersdorf, dem Landschulheim; etwas weiter entfernt auch in Salem, der Schule von Kurt Hahn. Stärker wieder in dem Internat Birklehof im Schwarzwald, wo Picht wirkte. Diesen Spuren wollte ich
nachgehen. Und es gibt in diesem Zusammenhang ein einziges Thema aus dem ganzen George-Zusammenhang, über das ich noch einmal forschen möchte. Das Kapitel würde heißen: George in Palästina. Das würde mich reizen, die Nachwirkung in einer ganzen Reihe von jungzionistischen Gruppen. ...
Scholem war natürlich mit dieser Gedankenwelt vertraut. Es gab ja auch Parallelkreise wie den Forte-Kreis, mit dem Scholem noch in Berührung gekommen war. Oder nehmen Sie zum Beispiel den Eucken-Kreis: Das sind Erwartungs- und Erregungsmuster, die es auch jenseits von George gab. Meistens um ähnliche charismatische Figuren gebildet. Kreise waren ein Erfolgsmodell, eine Marke...
 

[Lorenz Jäger:] ... Mir wiederum kam die Figur von Adolf Reichwein sehr nahe, dem sozialdemokratischen Bildungspolitiker und späteren Widerständler.
[Raulff:] Eine ungeheuer interessante Gestalt. Er ist von vielen Stilelementen her der Typus des „Arbeiters“, wie ihn Ernst Jünger beschrieben hat. Durchweg technisch modern. Mit dem kleinen Flieger, mit dem er unterwegs ist . . .

[Jäger:] Und er vertritt als Sozialdemokrat die Arbeiterklasse . . .
[Raulff:] ... er vertritt die Arbeiterklasse, und er sucht das Abenteuer ...und schreibt ... ein Buch, das man sich mal ansehen muss. Denn die Ikonographie könnte auch in einem reinen Nazi-Schulbuch zu finden sein. Und das ist genau der Typus von Buch, nach dem ich in den fünfziger Jahren an der Volksschule noch unterrichtet wurde. Ich habe meinen alten Lehrer angerufen und gefragt: Hatten Sie Reichwein gelesen? Er hatte noch nie von ihm gehört, aber er hat haarscharf den Unterricht gemacht, den Reichwein in den dreißiger Jahren in Tiefensee nördlich von Berlin erteilt hat. ...

Wir haben zwanzig, dreißig Jahre lang erlebt, dass alle paar Jahre eine neue Geschichte der Frankfurter Schule herauskam. Dieses linksliberale Stratum unserer Ideen und Geistesgeschichte, unserer bundesrepublikanischen Formationsgeschichte ist bis auf den Grund erforscht worden. Besenrein ausgeforscht. Auf der rechten oder konservativen Seite dagegen herrschte immer ein angenehmes Halbdunkel. Man wusste, es gibt da auch ähnlich virulente Orte. Plettenberg im Falle von Carl Schmitt. Dann Wilflingen – im Süden gibt es dieses Heidegger-Jünger-Netz, das über Ernst Klett und Klostermann, die Verleger, mit dem George-Netz verknüpft ist. Hans Grimm hatte im Norden seine „Lippoldsberger Dichtertage“. Und es gibt das Netz um Arnold Gehlen. Das war alles sehr wenig erforscht, und jetzt ändert sich das. Auch Münster und die Schule von Joachim Ritter sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Mit anderen Worten, jetzt wird die konservative Seite stärker beforscht, erweist sich auch langfristig als interessanter – weil vermutlich doch der interessantere Teil der Geistesgeschichte sich auf dieser Seite abgespielt hat. ...
Dass nun George plötzlich so interessant geworden ist, kann man aber nicht nur aus seiner Leistung als Lyriker erklären, sondern es begreift sich dann doch wirkungsgeschichtlich über den Kreis . . .
 
[Jäger:]. ... den Kreis zwischen Bendlerblock mit Stauffenberg, der am Sterbebett Georges die Totenwache hielt, und dem Wilhelmstraßenprozess mit dem Angeklagten Ernst von Weizsäcker, der den Kranz des Deutschen Reiches am Grab niederlegt. ...
Und keiner redet mehr von Robert E. Norton und seiner George-Kreis-Monographie.
 

[Raulff:] Die „Zeit“ brachte kürzlich einen Artikel von Robert Norton, in dem er nachweisen wollte, dass von George nur Wege in die geistige Knechtschaft führten und damit in den Geist des Nazitums und eben keine Wege in den Widerstand oder zum Einsatz für die Unterdrückten. Aber George war so ambivalent und hat mit solchem Fleiß darauf geachtet, die Ambivalenz zu wahren, um im entscheidenden Moment sagen zu können: Das ist das Gemeinte. Man kann ihn für alles in Anspruch nehmen, für Akte des Widerstands, aber auch für Akte der Knechtung und der Selbstknechtung. 



___________



Hofgeismar: Hans-Grimm-Weg kein Thema
http://www.hna.de/lokales/hofgeismar/hans-grimm-weg-kein-thema-2499158.html

Hessische/Niedersächsische Allgemeine
Hans-Grimm-Weg kein Thema
11.09.12
 
 
Trendelburger Politiker sehen derzeit keine Veranlassung, über
Straßenumbenennung nachzudenken
Hans-Grimm-Weg kein Thema
 
Gottsbüren / Trendelburg. Die Politiker in Trendelburg haben sich bisher nicht
mit dem Thema Hans-Grimm-Weg befasst und sahen in ersten Stellungnahmen auch
noch keine Notwendigkeit, an der Straßenbenennung etwas zu ändern.
 
Bürgermeister Kai Georg Bachmann, dem zum Namen Hans Grimm spontan keine Details
bekannt waren, sagte, dass es in der Stadt noch kein Thema war. Man müsse sich
aber sicherlich fragen, wie man mit der Angelegenheit umgehe. Wenn sich eine
gewisse Brisanz zeige und die Lage eindeutig sei, gebe es sicher noch andere
Namen.
 
Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dieter Uffelmann, bezweifelt, dass der Name
aus Verehrung für die Person vergeben wurde. Es habe noch keine Gespräche dazu
gegeben.
 
Kerstin Baumann von der CDU-Fraktion ist der Name Hans Grimm bekannt, man habe
sich aber in der Fraktion noch nicht damit befasst. Es gebe derzeit auch etliche
Themen, die wichtiger seien. Auch in der FWG war der Hans-Grimm-Weg noch kein
Thema, sagte ihr Vorsitzender Gerhard Niemeyer. Die nächste
Stadtverordnetensitzung sei erst im Oktober, aber er werde das Thema „mal
ansprechen“. Auch Ortsvorsteher Heinrich Herbold hat noch keine derartigen
Diskussionen oder Wünsche gehört.
 
Heimatforscher und Mönchs-Darsteller Egon Haake aus Gottsbüren kennt den
Hans-Grimm-Weg dagegen genau. Er war es, der 1989 bei der Anlage einer neuen
Wohnstraße im Baugebiet am Rusteberg anregte, den Namen des alten
Hans-Grimm-Weges, der teilweise noch unbefestigt ist, auf die neue Wohnstraße zu
übernehmen.
 
Die ursprüngliche Namensnennung sei in den 50er Jahren erfolgt, habe aber mit
Nationalsozialismus nichts zu tun. Der Name habe einen rein lokalen Bezug,
erklärt Haake weiter. Es gehe um die Gottsbürener Menschen, die Hans Grimm in
seinem Roman Volk ohne Raum detailliert beschrieben habe, und die dadurch quasi
berühmt geworden seien. Sie fühlten sich geschmeichelt. Unter anderem gibt Grimm
darin die Geschichte wieder, wie die Gottsbürener zu ihrem Spitznamen
Eselsfresser kamen.
 
Mehr Hintergrund lesen Sie in der gedruckten Mittwochausgabe der Hofgeismarer
Allgemeinen.
 

Umfrage: Geteilte Meinung zum Straßennamen
In Gottsbüren ist eine Straße nach dem deutschnationalen Schriftsteller Hans
Grimm benannt, weil er den Ort bekannt machte. Sollte sie umbenannt werden?
 
Das Voting ist beendet. Es wurde wie folgt abgestimmt:
(37.9)%  Ja
(44.4)%  Nein
(17.7)%  Ist mir egal
 

Zu Hans Grimm siehe auch
http://guttmensch.blogspot.de/2012/03/mehr-zum-thema-nostalgie.html
(z.B. Kommentare 26. Januar und 13. März 2013)

(Hans-Christian Sarrazin - Paul Fechter - Arthur Moeller van den Bruck - Hans Grimm - Will Vesper)


Heimatkalender für den Kreis Hofgeismar, 1930
Hrsg. Willi Vesper
Texte von Willi Vesper, Hans Grimm u.a.
http://www.booklooker.de/B%FCcher/Kreisausschu%DF-Hofgeismar+Heimatkalender-f%FCr-den-Kreis-Hofgeismar-1930/id/A01kGbLb01ZZ3
 

27 Kommentare:

  1. Hofgeismarkreis und Lob der Eugenik

    Der Verfasser des o.g. Artikels von der Hofgeismarkreis-Webseite (Harald Kersten, langjähriger SPD-Fraktionsvorsitzender einer Gemeinde in NRW, jetzt im Ruhestand) knüpft an die Legende an, im englischen Vokabular der Eugenik sei mit “race” das Menschengeschlecht insgesamt gemeint und beinhalte nicht die Idee einer Wertehierarchie verschiedener “Rassen”.
    Das hört man oft, ähnlich die wie Behauptung, alles Übel käme nur daher, dass der sozialdarwinistische Begriff “survival of the fittest” im Deutschen nur falsch verstanden worden sei -als “Überleben des Stärkeren”, statt “Überleben des Fittesten/ Tüchtigsten/ Tauglichsten/ am besten an die Umwelt Angepassten”. Die Lektüre originaler Texte der Begründer der eugenischen und sozialdarwinistischen Ideologien und ihrer englisch schreibenden Anhänger führt aber zu anderen Schlüssen: Sie meinten “Rasse” durchaus auch im Sinne der Überlegenheit der “weißen”, “nordischen”, angelsächsischen” usw. “Rasse”, und die Lizenz zum Auslöschen vermeintlich “unfitter” Völker und Menschen klang mit.
    Bemerkenswert auch die Vorstellung, was die Sozialdemokratie einmal für richtig oder zumindest akzeptabel befunden haben, könne heute nicht falsch sein – bis hin zu einer geradezu atemberaubenden Verharmlosung der “eugenischen” Zwangssterilisationen (ein Thema, von dem auf diesem Blog schon mehrfach die Rede war). Und woran nicht-faschistische Regierungen ebenfalls beteiligt waren, könne doch nicht faschistisch gewesen sein …

    Auszug [mit einigen Anmerkungen in eckigen Klammern]:

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  2. Hofgeismarkreis und Lob der Eugenik (Fortsetzung)

    Auszug aus dem o.g. Artikel von Harald Kersten
    [mit einigen Anmerkungen in eckigen Klammern]

    Das Wort „Rasse“ hat im englischen Sprachgebrauch einen viel weiteren Bedeutungskreis als im deutschen; es bezeichnet Gruppen bis hin zum „Menschengeschlecht“ (human race). Auch Galton verstand darunter einfach nur eine durch Generationen sich fortpflanzende Gemeinschaft von Menschen. [Anm. Blogger: Ja – “races and bloodlines”, “Rassen und Blutlinien”. Daher kam ja die Vorstellung von “Blut als Grundlage der Volksgemeinschaft” – s. Kreuzworträtsel von 1941 auf meinem anderen Blog “Friedensforschung mit der Maus”.]

    Erbliche Verbesserungen durch eine bewußte Fortpflanzungshygiene wollte er vor allem durch die Aufklärung der Bevölkerung erreichen. Er plädierte aber auch für Maßnahmen „negativer Eugenik“, so sollte die Fortpflanzung von Gewohnheitsverbrechern und Schwachsinnigen möglichst verhindert werden.

    In Deutschland führte der Nationalökonom und Mediziner Alfred Ploetz (1860–1940) im Jahre 1895 den Begriff der „Rassenhygiene“ für die Eugenik ein. Neu war jedoch nur der Begriff, die Prämissen und Inhalte lagen auf Galtons Linie. In seiner Schrift Die Tüchtigkeit unserer Rasse und der Schutz der Schwachen sprach sich Ploetz für ein wissenschaftlich angeleitetes Reproduktionsverhalten der Bevölkerung aus. Über den „Erbwert“ von Nachkommen sollten Ärzte entscheiden.

    „Rassenhygiene als Wissenschaft ist die Lehre von den Bedingungen der optimalen Erhaltung und Vervollkommnung der menschlichen Rasse“, definierte Ploetz. „Als Praxis ist sie die Gesamtheit der aus dieser Lehre folgenden Maßnahmen, deren Objekt die optimale Erhaltung und Vervollkommnung der Rasse ist, und deren Subjekte sowohl Individuen als auch gesellschaftliche Gebilde einschließlich des Staates sein können.“

    Im deutschen Kaiserreich und später in der Weimarer Republik gelang es Wissenschaftlern, mittels Büchern, Fachzeitschriften und eigenen Institutionen die Idee der Rassenhygiene immer fester zu etablieren. [Anm. Blogger: Soll man sie für diesen “Erfolg” bewundern? – s. Stichwort “wissenschaftlicher Rassismus”.]

    Anhänger und Verfechter fanden sich in allen politischen Lagern, auch in der Sozialdemokratie. Ein Beispiel ist der Gewerkschafter und SPD-Mann Karl Valentin Müller (1896–1963), der 1927 ein Buch mit dem Titel Arbeiterbewegung und Bevölkerungsfrage veröffentlichte. Darin forderte er eine „planvolle Züchtung der sozialbiologischen Anlagen“ sowie die „rücksichtlose, wenn möglich zwangsweise Unterbindung des Nachwuchses aus dem Bevölkerungsballast, den wir allzu lange schon mit uns schleppen und der ein schlimmerer Ausbeuter der produktiven Arbeit ist als alle Industriekönige zusammengenommen“. In einem Beitrag zu Lebensraum und Geburtenregelung, der 1928 in einer Sonderausgabe der Süddeutschen Monatshefte erschien, bekräftigte er die Ansicht, daß die Ziele der Rassenhygiene mit einem wahrhaften Sozialismus vereinbar seien. Mit diesen Ansichten war er zwar in einer Minderheitenposition innerhalb seiner Partei.

    Doch auf die Idee, ihn aus der SPD zu entfernen, kam damals niemand. Von 1927 an arbeitete er sogar als Referent im sächsischen Kultusministerium, das zu dieser Zeit sozialdemokratisch geführt wurde. [Anm. Blogger: Soll das ein Vorbild sein für den Umgang mit seinen geistigen Nachfolgern?]

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    1. "Galton formulierte offen seinen Glauben an eine überlegene Herrenrasse und eine Herrenklasse. … [Er] ging so weit, zu behaupten, dass bestimmte Hunderassen intelligenter seien als manche Menschenrassen.”

      Aus "Das Grauen des Holocaust" von Harun Yaya; ausfuehrlicher zitiert in meinem Post
      “Die Iren und die Juden kommen!”

      http://guttmensch.blogspot.com/2011/05/die-iren-und-die-juden-kommen-weitere.html

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    2. "Strains of blood" ist der Begriff, den Galton verwendete ("blood lines" wird auch gebraucht, aber bleiben wir bei der Formulierung in der Encyclopedia Britannica, Stichwort "eugenics").

      "Der Begriff Eugenik wurde 1883 von ... Francis Galton geprägt. Dieser propagierte unter dem Einfluss von Charles Darwins Theorie der natürlichen Zuchtwahl ein System, das den tauglicheren Rassen oder Blutlinien eine bessere Chance geben würde, schnell über die weniger tauglichen die Überhand zu gewinnen. ..."

      "The term eugenics was coined in 1883 by ... Francis Galton, who, influenced by Charles Darwin’s theory of natural selection, advocated a system that would allow “the more suitable races or strains of blood a better chance of prevailing speedily over the less suitable.”

      S. mein Post "Eugenik, Sozialdarwinismus, Biopolitik - Begriffe"

      Davon, dass Galton mit "race" die "menschliche Rasse" insgesamt gemeint haette, kann keine Rede sein. Dafuer gebrauchte er einen anderen Begriff, "human species" - und erwaehnte auch schonmal, dass er sich als Mitglied der Menschheit ("human species") fuer die Dummheit mancher "Rassen", die zur Gattung "Mensch" gehoerten, schaemen wuerde.

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    3. Auch die Verbindung seiner Eugenik-Theorie mit Antisemitismus lag Galton keineswegs fern:

      “It strikes me that the Jews are specialised for a parasitical existence upon other nations” — Galton to de Candolle, 1884 (Pearson’s Life and Letters of Galton, vol.2, pg 209).

      http://inbredscience.wordpress.com/euvolution/

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  3. Hofgeismarkreis und Lob der Eugenik (Fortsetzung)

    Weiterer Auszug aus dem Artikel von Kersten (s.o.)

    Alfred Grotjahn (1869–1931), praktischer Arzt und erster Professor für soziale Hygiene in Deutschland an der Berliner Universität, war ein weiterer Sozialdemokrat, der für rassenhygienische Prinzipien stritt (Hygiene der menschlichen Fortpflanzung, 1926). Er betonte, „daß die sozialistischen Theoretiker sich an der jungen Wissenschaft der Eugenik zu orientieren hätten und nicht an Dogmen, die von sozialistischen Klassikern zu einer Zeit aufgestellt worden seien, als es diese Wissenschaft noch nicht gab.“ Seine Forderung, „daß die Erzeugung und Fortpflanzung von körperlich oder geistig Minderwertigen verhindert und eine solche der Rüstigen und Höherwertigen gefördert“ werden müsse, würde in der Gegenwart vermutlich einen Sturm der Entrüstung auslösen, gegen den die Sarrazin-Kampagne nur ein laues Lüftchen wäre. Grotjahn saß von 1921 bis 1924 für die SPD im Reichstag, galt als namhaftester gesundheitspolitischer Sprecher seiner Partei und formulierte das Görlitzer Programm von 1922 mit. Daß ihn die SPD jemals hätte ausschließen wollen, ist nicht bekannt. [Anm. Blogger: Ein weiteres Beispiel, das sich die heutige SPD zum Vorbild nehmen sollte?]

    Es ist kaum vorstellbar, daß die Existenz sozialdemokratischer Rassenhygieniker in den 1920er Jahren der heutigen SPD-Führung nicht bekannt ist. Immerhin veröffentlichte der Historiker Michael Schwartz bereits 1995 seine Studie Sozialistische Eugenik: eugenische Sozialtechnologien in Debatten und Politik der deutschen Sozialdemokratie 1890–1933, herausgegeben vom Forschungsinstitut der parteieigenen Friedrich-Ebert-Stiftung. Und in der Wochenzeitung Die Zeit erinnerte der Parteienforscher Franz Walter erst Ende August an die „sozialdemokratische Genetik“. [Anm. Blogger: Davon wissen ist doch wohl nicht dasselbe wie sich dieser Tradition verpflichtet fühlen – im Gegenteil, Anlass, sich auch mal von einem Stück fragwürdiger Tradition zu distanzieren.]

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  4. Hofgeismarkreis und Lob der Eugenik (Fortsetzung)

    Weiterer Auszug aus dem Artikel von Kersten (s.o.)

    Eugenische Forderungen wurden in zahlreichen Staaten in praktische Politik umgesetzt. Ob in Kanada oder den USA, der Schweiz oder Skandinavien – rund um den Globus gab es Gesetze, auf deren Grundlage Tausende, teils Zehntausende von Menschen zwangssterilisiert wurden. Besonders nachhaltig ging Schweden das Thema an. Schon 1921 beschloß der schwedische Reichstag, an der Universität Uppsala ein „Staatliches Institut für Rassenbiologie“ einzurichten, angeregt durch niemand geringeren als Hjalmar Branting, der zwischen 1920 und 1923 schwedischer Ministerpräsident war – für die Sozialdemokraten. In Uppsala lehrte zeitweise als Gastdozent der deutsche Rassenforscher Hans F.K. Günther, in der NS-Zeit später als „Rassegünther“ bekannt.
    1922 brachte die schwedische SAP (Sozialdemokratische Arbeiterpartei) einen Gesetzentwurf zur Sterilisierung geistig Behinderter ein. Schließlich trat 1935 das erste Gesetz in Kraft, das bereits die freiwillige Sterilisierung „geistig zurückgebliebener“ Menschen bei anzunehmenden „Erbschäden“ vorsah, und Sterilisierungen ohne Einwilligung der Betroffenen, wenn sie durch zwei Ärzte befürwortet wurden. 1941 wurde mit einem deutlich erweiterten Gesetz dann die zwangsweise Unfruchtbarmachung bei „eugenischer Indikation“ eingeführt. Betroffen waren Geisteskranke, -schwache und -gestörte, psychisch Kranke und Menschen mit Mißbildungen. All diese Maßnahmen wurden unter sozialdemokratischen Regierungen beschlossen.

    Mit seinen Vorwürfen gegenüber Sarrazin bewegt sich Sigmar Gabriel also auf äußerst dünnem Eis – was den Verweis auf die Zwangssterilisierten in Schweden betrifft, sind sie sogar hochgradig peinlich. [Anm. Blogger: ??? – Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Dass nämlich die schwedische Sozialdemokratie in diesem Punkt Schande auf sich geladen hat? ]

    Zumindest grollt es in großen Teilen der SPD-Basis, die das Vorgehen des Parteivorstands für befremdlich halten, und auch SPD-Prominenz wie Klaus von Dohnanyi, Peer Steinbrück und Helmut Schmidt favorisiert einen eher entspannten Umgang mit dem „Fall Sarrazin“. Vielleicht hat sich ja an anderen Stellen der Partei einfach auch mehr historische Bildung versammelt als bei Säuberungskommissar Gabriel. [Anm. Blogger: In dem Sinne, dass man Eugenik/ Rassenhygiene “entspannt” sieht, weil die Sozialdemokratie ja früher schon Sympathien dafür hatte? Ein sehr fragwürdiges Lob für die drei anerkennend Genannten – lieber würde ich sie für unwissend halten als für traditionsbewusst in einem solchen Sinne. Zur historischen Bildung sollte auch gehören, dass man einen Moment nachdenkt, woher die Tradition kommt, unliebsame Personen willkürlich als “Kommissare” (des Bolschewismus) zu bezeichnen; Stichwort “Kommissarbefehl”.]

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    1. „Objekte der Gesetze waren ... "Gemischtrassige, alleinstehende Mütter (mit unstetem Lebenswandel), Arbeitslose, Zigeuner und sonstige Andersartige". Beurteilungsgrundlage der Rassenhygiene waren dabei die Schautafeln "rein schwedischer Rasse", die das Institut für Rassische Biologie in Uppsala 1922 für verbindlich erklärt hatte. ...
      Schwedische Sozialdemokraten machten dabei willkommene Anleihen bei ihren deutschen Genossen. Die Internationale Gesellschaft für Rassenhygiene in Berlin hatte viele schwedische Mitarbeiter, die Universität Uppsala zahlreiche deutsche Gastreferenten....
      Künftige Sozialausgaben sollten schon im Vorfeld verhindert werden. Heute schämen sich führende schwedische Sozialdemokraten stellvertretend öffentlich für ihre Parteigeschichte. Der frühere Staatsminister Ingvar Carlsson hat im Fernsehen um Entschuldigung gebeten. Die heutige Sozialministerin Margot Wallström hat angekündigt, daß eine unabhängige Expertenkommission diesen Teil der schwedischen Sozialgeschichte aufklären soll. 1976 wurde das Sterilisationsgesetz aufgehoben. !“

      Aus
      Zwangssterilisationen in Skandinavien: Weitverbreitete Ideologie der Eugenik
      Dtsch Arztebl 1997; 94(40): A-2551 / B-2176 / C-1931
      Clees, Ernstwalter

      http://www.aerzteblatt.de/archiv/7893

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    2. In Finnland wurde Risto Ryti, Direktor der finnischen Zentralbank und Kandidat der kleinen „Nationalen Fortschrittspartei“, mit Unterstützung der Sozialdemokraten 1940 zum Staatspräsidenten ernannt. Er blieb bis 1944 im Amt.

      Ryti verehrte Hitler und bezeichnete ihn als „Genie“.

      Was bedeutet das jetzt nach Kerstens Logik, wonach alles, was die Sozialdemokratie (in Deutschland oder anderswo in Europa) jemals mitgetragen hat, auch heute noch als sozialdemokratische Position akzeptabel sein muss?


      Quellen (s. jeweils Stichwort „Ryti“):

      Wikipedia;
      http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidentschaftswahl_in_Finnland_1940

      H. G. Hodges;
      http://archive.org/stream/experimentwithde00zurc/experimentwithde00zurc_djvu.txt

      Justus D. Doenecke;
      http://books.google.com/books?id=XYFTZYJTyGAC&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false

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  5. Merkzettel

    Neu gelernt habe ich hier u.a. den Begriff "Querfront".

    Koennte auch auf Phaenomene passen, wie sie in dem Post "seltsame Bettgefaehrten" beschrieben sind.

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  6. Niekischs "Querfront"-Ideologie ist ein Vorbild fuer eine Fraktion der militanten "Neuen Rechten", besonders in Russland und anderen Laendern aus der Sphaere der ehemaligen Sowjetunion.

    Aus
    The Fourth Political Theory
    Ernst Niekisch: Widerstand!
    Posted on October 13, 2011by AnonAF
    (Link siehe Post, Einschub zu Nikisch)

    "Niekisch was the ideological leader of ‘National Bolshevism’ in the Weimar Republic. His attempted synthesis of extreme nationalism – directed against the Versailles Treaty, French influences and zionist ‘domination’ – with revolutionary socialism – had some impact on the Nazi Left, including the young Goebbels, Gregor Strasser, Ernst Rohm and also on non – Nazi nationalists like the writer Ernst Junger.
    However, no rapprochement was possible with the German Communist Party, which was too ideologically rigid and bound by Marxist – Leninist ‘internationalism’ to attract Niekisch and his followers."

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  7. Hat Hitler die Ideen von Sarrazins Vordenkern nur falsch verstanden?

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  8. On a visit to a factory (so the story goes) Ley asked the manager about the political views of the factory workers.
    Ley: Tell me, have you still got any Social Democrats with you?’
    Manager: ‘Oh yes, about half the workforce.’
    Ley: ‘How dreadful! But surely no Commies?’
    Manager: ‘Oh yes, about a third of the men.’
    Ley: Really! What about Democrats etc.?’
    Manager: ‘They make up the remaining 20 per cent.’
    Ley: ‘Good gracious! Haven’t you got any Nazis at all?’
    Manager: ‘Oh yes, of course, all of them are Nazis!’

    UNDERGROUND HUMOUR IN NAZI GERMANY 1933–1945
    F.K.M.Hillenbrand

    http://pdf.znate.ru/pdfs/29/28969-1.pdf

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    1. Hein, a layabout in Hamburg, used to belong to the Rotfront before joining the SA in 1933.
      When he meets his friend Tetje the latter comments, ‘Well, well! How is it that you already have two stars on your uniform when you’ve only been in the SA a month?’
      Hein: ‘Do you think it was for nothing that I served in the Rotfront for the past two years?’

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  9. Aus
    Hitlerjugend: "Du bist nichts - Dein Volk ist alles"
    shz.de

    "Du bist nichts. Dein Volk ist alles." Der programmatische Leitspruch der NS-Volksgemeinschaft zierte die Heime der HJ: Jeder Junge und jedes Mädchen begegnete diesem "Erziehungsideal". Ein richtiger Junge hatte "Soldat und Träger einer Weltanschauung des Kampfes und Forderns zu sein", wie es im Dezember 1936 im HJ-Organ Nordmark-Jugend hieß. Er kannte unbedingten Gehorsam, war abgehärtet, sportlich und diszipliniert sowie wettkampferfahren. Ein Jungenbild, das unmittelbar ins Soldatentum führte! Das Mädchenideal war zunächst die Mutter, die Rolle der Gebärenden; Ziel jeder "Trägerin eines kommenden Geschlechts" sollte sein, "künftig gesunde Kinder zu haben", wie es 1934 in der Ausgabe der Nordmark-Jugend hieß.

    http://www.shz.de/artikel/artikel/du-bist-nichts-dein-volk-ist-alles.html

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    1. Vom Hofgeismarkreis in die Hitlerjugend?

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  10. „Planmäßige Ausmerzung" und “Dauerasylierung”

    Alfred Grotjahn – aus Wikipedia

    Alfred Grotjahn (* ..1869 in Schladen; † ...1931 in Berlin) war ein deutscher Mediziner, wie auch sein Großvater Heinrich Grotjahn, Mitinitiator der Grotjahn-Stiftung zu Schladen. Er gilt als Begründer und erster Ordinarius der Sozialen Hygiene in Deutschland. ...
    1901 bis 1902 besuchte er das staatswissenschaftliche Seminar von Gustav Schmoller. 1905 war er Initiator und in der Folge Vorstandsmitglied des Vereins für soziale Medizin, Hygiene und Medizinalstatistik.
    Im Jahr 1912 wurde Grotjahn in Deutschland als erster im Fach Soziale Hygiene habilitiert. Er war dann Privatdozent an der Berliner Charité. 1915 gab er seine eigene Praxis auf und übernahm die Leitung der Abteilung Sozialhygiene des städtischen Medizinalamts Berlin. Ab 1919 war Grotjahn ärztlicher Leiter des Berliner Heimstättenamts.
    1920 wurde er ordentlicher Professor für Sozialhygiene an der Universität Berlin. Für die Amtszeit 1927/28 wurde er zum Dekan der Charité ernannt.
    Grotjahn war Mitglied der SPD und von 1921 bis 1924 Mitglied des Reichstags. Er war auch Autor des gesundheitspolitischen Abschnitts des Görlitzer Programms der SPD von 1922.Alfred Grotjahn war verheiratet mit Charlotte (geb. Hartz). Gemeinsam hatten sie die Kinder Gertrud, Martin und Peter. Neben Sohn Martin führten auch die Enkeltöchter Eva, Marianne und Michael die Ärztetradition der Familie fort. ...
    1902 entwickelte er seine Theorie der Sozialen Hygiene, die er 10 Jahre darauf in seinem wohl wichtigsten Werk Soziale Pathologie zusammenfasste. Seiner Theorie zufolge hat das soziale Umfeld des Patienten Einfluss auf den Verlauf von Krankheiten wie auch auf deren Heilung. ...
    Anfangs von Eugenikern wegen seiner Theorie angegriffen, bewegte sich Grotjahn selbst immer weiter in die eugenische Richtung. Grotjahn war Mitglied der Gesellschaft für Rassenhygiene. In der 1926 erschienenen Hygiene der menschlichen Fortpflanzung trat er für die „planmäßige Ausmerzung durch Verwahrung und Zwangsunfruchtbarmachung“ erblich Belasteter ein. Mit seinen Forderungen war er einer der radikalsten Eugeniker der Weimarer Republik. So forderte er als Mittel zur Rationalisierung der menschlichen Fortpflanzung in „quantitativer und qualitativer Hinsicht“ eine „Reinigung der menschlichen Gesellschaft von Krankem, hässlichen und Minderwertigen“, deren Anteil an der Bevölkerung er auf ein Drittel schätzte. Er sprach sich ferner für eine Zwangssterilisierung von Schwachsinnigen, Epileptikern, Alkoholikern und Krüppeln und für eine „Dauerasylierung“ von etwa 1 % der Bevölkerung aus. ...

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    1. In seiner 1926 erschienenen Schrift Die Hygiene der menschlichen Fortpflanzung. Versuch einer praktischen Eugenik. fordert Grotjahn den Übergang von einer rein wissenschaftlichen Eugenik hin zu deren praktischen Anwendung. Deren Verwirklichung beschrieb er anhand verschiedener Bevölkerungsgruppen beispielsweise so:
      „Trotzdem die gesamte Bevölkerung mit Schwächlingen oder Asthenikern, wie sie die neuere Konstitutionspathologie nennt, durchsetzt ist, ist es nicht ganz leicht, sie von der durchschnittlichen Bevölkerung abzugrenzen. Einigermaßen sicher könnte das nur durch eine anthropometrische Musterung der gesamten Bevölkerung geschehen. [...] Alles in allem wird sich also dieser durch die Lungentuberkulose stigmatisierte Kreis der Astheniker auf eine Million Volksgenossen erstrecken, von denen zur Zeit noch die meisten heiraten und sich fortpflanzen. Diese Million Menschen braucht es nicht zu geben. Sie ist nicht nur ein Ballast in wirtschaftlicher Hinsicht, was zu ertragen wäre, sondern eine Quelle sich durch den Erbgang fortsetzender Minderwertigkeit. Soviel Mitleid wir auch mit den Erkrankten haben und so sehr wir ihre Leiden durch Fürsorge, Pflege und spezifische Behandlung aufzuhalten suchen müssen: als Gegenleistung können wir verlangen, daß sie auf Familiengründung und Fortpflanzung verzichten […]. Den Gegenpol zu den Asthenikern, körperlich Minderwertigen und Schwächlingen bilden die muskelstarken, breitschulterigen, organgesunden Starken und Rüstigen, deren überdurchschnittliche Fortpflanzung nicht nur vom fortpflanzungshygienischen Standpunkte aus wünschenswert ist. Dieser Personenkreis läßt sich zur Zeit noch nicht in einer Weise abgrenzen, die besondere Maßnahmen zur Hebung ihrer Bevölkerung ermöglichte. [...] [Zumindest im Bereich des Beamtentums] sollte dafür gesorgt werden, daß das durch ärztliche Untersuchung als besonders rüstig ausgesiebte Menschenmaterial frühzeitig zur Ehe mit gleichgearteten Partnern gelangt und durch eine fühlbare Berücksichtigung der Kinderzahl bei der Besoldung zu Kinderreichtum angereizt würde“.

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    2. “Verdienste und Lebensleistung besser einschätzen":
      Beschönigung durch Weglassen am Ehrengrab von Alfred Grotjahn

      Berliner Morgenpost
      13 Ehrengräber erhalten Informationstafeln
      Ralf Drescher 16.05.2013

      Baumschulenweg. Wer waren Franz Künstler und Georg Pniower? Der erste war Vorsitzender der Berliner SPD, der zweite Gartenarchitekt. Beide ruhen auf dem Friedhof Baumschulenweg in einem Ehrengrab des Landes Berlin.
      13 gibt es im Bezirk, verteilt auf mehrere Friedhöfe. Jetzt werden sie mit Informationstafeln ausgestattet. Die ersten vier sind eingeweiht. "Friedhofsbesucher erfahren so Wissenswertes aus der Biografie der Geehrten und können Verdienste und Lebensleistung besser einschätzen", sagte Bürgermeister Oliver Igel (SPD) zu feierlichen Übergabe, zu der Familienangehörige und frühere Kollegen gekommen waren.
      Die Idee stammt vom Heimatverein Köpenick. "Friedhofsbesucher stehen vor den Gräbern mit den Plaketten, die sie als Ehrengrab ausweisen. Sie kennen aber die Beigesetzten nicht und fragen sich, was sie für die Allgemeinheit getan haben. Die Kurzbiografien schließen diese Informationslücke", sagt Stefan Förster, Vorsitzender des Vereins.
      Franz Künstler (1888-1942) war bereits mit 18 Jahren SPD-Mitglied. … Nach dem SPD-Verbot 1933 wurde er verhaftet und schwer misshandelt. 1934 kam er frei. Trotz schwerer Krankheit musste er im Krieg für eine Heeresdienststelle als Lastenträger schuften. Infolge dessen starb er. Die Beisetzung Künstlers 1942 wurde trotz Überwachung durch die Gestapo zu einer eindrucksvollen Demonstration gegen das NS-Regime.
      Alfred Grotjahn (1869-1931), der wenige Schritte von Künstler entfernt liegt, war Mediziner und einer der Begründer der sozialen Hygiene in Deutschland. In Veröffentlichungen befasste er sich unter anderem mit Alkoholismus, Ernährung, Sozialversicherung und Krankenhauswesen. Von 1921 bis 1924 saß er für die SPD im Reichstag. Zur Einweihung der Tafel waren seine Enkelinnen Eva Schmidt und Suse Huth und zwei Urenkel gekommen.
      Georg Béla Pniower (1896-1960), Gärtner, Landschaftsarchitekt und Professor für Garten- und Landeskultur, arbeitete Anfang der 20er Jahre bei der Baumschule Späth als leitender Gartenarchitekt. Wegen seiner jüdischen Abstammung erhielt er 1935 Berufsverbot. 1944 wurde er verhaftet und musste Zwangsarbeit leisten. …
      Die Politikerin und Dichterin Clara Bohm-Schuch (1879-1936) engagierte sich seit 1904 in der Gewerkschafts- und Frauenbewegung. …
      Alle vier Ehrengräber befinden sich auf dem neuen Friedhofsteil an der Kiefholzstraße 221-228, gleich neben dem Krematorium.
      In den nächsten Monaten sind weitere Tafeln geplant, unter anderem für den Köpenicker Bürgermeister Georg Langerhans, Kunstschmied Fritz Kühn und Schriftstellerin Liselotte Welskopf-Henrich. Die Kosten - rund 250 Euro pro Informationstafel - trägt der Bezirk.

      http://www.berliner-woche.de/nachrichten/bezirk-treptow-koepenick/baumschulenweg/artikel/18092-13-ehrengraeber-erhalten-informationstafeln/

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  11. "Tat-Kreis" mit Giselher Wirsing

    Aus dem Angebot von
    Antikbuch24

    Horneffer, Ernst / Diederichs, Eugen / Zehrer, Hans DIE TAT.
    Im September 1929 übernahm Hans Zehrer die Leitung des Blattes und machte es zusammen mit Ernst Wilhelm Eschmann, Ferdinand Fried, Giselher Wirsing zum einflussreichen Organ des jungkonservativen "Tat-Kreises". Die Ziele des Tat-Kreises sind in dieser Zeit ein eigentümliches Konglomerat aus linken und rechten Positionen: Kapitalismuskritik verbindet sich mit dem Ruf nach nationaler Autarkie und der Forderung nach einer neuen Elite. ... Nach der Machtergreifung Hitlers wurde Hans Zehrer im Oktober 1933 als Herausgeber abgesetzt. Der Anpassungskurs des mittlerweile der SS beigetretenen Giselher Wirsing ließ das Blatt zur Bedeutungslosigkeit herabsinken. Im Jahre 1939 erhielt es den neuen Titel "Das XX. Jahrhundert", wurde jedoch unter den Bedingungen des Krieges 1944 endgültig eingestellt. ...
    [SW: Zeitung, Periodikum, Kulturgeschichte, Deutschland, Politische Ideengeschichte, Philosphie]

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  12. Lob auf Thilo Sarrazin
    und auf Giselher Wirsing mit seiner Idee von "Zwischeneuropa"

    mal wieder auf der Hofgeismarkreis-nahen Webseite

    http://euro-synergies.hautetfort.com/archives/tag/autriche/index-1.html

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    1. Mehr zu/ von Giselher Wirsing

      Aus
      GHIBELLINUM-BÜCHEREI
      EUROPA ALS LEBENSKAMPFGEMEINSCHAFT
      EUROPÄISCHE VORLESUNGEN AUF EINEM STUDENTEN- UND FRONTKÄMPFERTREFFEN DRESDEN 1942
      URSPRÜNGLICHER HERAUSGEBER:
      DER AKADEMISCHE KULTURAUSTAUSCH
      BERLIN W 35, FRIEDRICH-WILHELM-STRASSE 22

      NEU AUFGELEGT DURCH
      BERNHARD SCHAUB
      GHIBELLINUM-VERLAG DORNACH/SCHWEIZ 2012
      www.europaeische-aktion.org

      "... Der Herausgeber möchte betonen, dass wir auch England,
      das sein Weltreich schon lange eingebüßt hat, selbstverständlich als einen Teil Europas sehen, und dass das zukünftige Europa mit dem vom Bolschewismus befreiten Russland enge Zusammenarbeit auf allen Gebieten anstreben wird. Um die vorliegenden Darstellungen zu vervollständigen und um gleichzeitig die Gesinnung eines untadeligen Engländers zu dokumentieren, werden wir im Ghibellinum-Verlag auch die Schrift von Generalmajor Fuller „Das Problem Europa“ herausgeben.
      Betrachten wir also die folgenden Beiträge auch durchaus als Zeugnisse ihrer Zeit, so möge doch das unvergängliche Feuer, das in ihnen brennt, auf uns überspringen. ... Hinzugefügt haben wir den einleitenden Aufsatz von Dr. Giselher Wirsing, der schon zu Weihnachten 1941 erschienen war. ..."

      DR. GISELHER WIRSING
      Der Kontinent im Weltkampf
      1941

      "... Als der Führer im Juni 1941 zu den Waffen rief, um den Vernichtungsschlag gegen die Sowjets einzuleiten, fanden seine Worte ein Echo im gesamten europäischen Erdteil, das noch ein Jahr vordem kaum denkbar gewesen wäre. Mit dem deutschen Millionenheer traten Finnen und Rumänen, Italiener und Ungarn, Slowaken und Kroaten alsbald zum gemeinsamen Kampfe an. Freiwillige aus Spanien, Dänemark, Belgien, Holland, Frankreich und aus anderen europäischen Ländern folgten. ...
      Die Feldzüge des Jahres 1940 und noch der Balkanfeldzug 1941 haben Wunden geschlagen, gewiss. Aber was hätten sie bedeutet, gemessen an der Möglichkeit, dass ganz Europa das Schlachtfeld der hereinströmenden schwermotorisierten bolschewistischen Horden geworden wäre? Dort, wo sie konnten, haben die Bolschewisten in ihrem eigenen Machtbereich keine Stadt und kein Kulturdenkmal geschont. ...
      Die Offensivgefahr: Brand, Mord und Vernichtung, die Europa vom Osten her bedroht hat,
      besteht nicht mehr. Die deutschen und die verbündeten Armeen haben den Umkreis von Moskau und das Gebiet des Don erreicht und damit in einer Anstrengung ohnegleichen den Kernraum der bolschewistischen Rüstungskraft in ihre Gewalt gebracht. ...
      Niemals werden die europäischen Völker vergessen können, dass England, anstatt im Spätsommer 1940 die ihm gebotene Möglichkeit eines ehrenvollen Verhandlungsfriedens zu ergreifen,
      Europa lieber dem bolschewistischen Nihilismus ausgeliefert hätte. ...
      Die Vereinigten Staaten von Amerika haben im Jahre 1941 das Stadium ihrer passiven Parteinahme an dem Ringen in Europa verlassen und ihren aktiven Anspruch erhoben. Sie haben hierbei vor aller Welt erklärt , England sei in der künftigen angelsächsischen Kombination nur noch der Juniorpartner. Sie haben keinen Zweifel darüber gelassen, dass die Vereinigten Staaten selbst als Seniorpartner das Erbe der früheren britischen Weltherrschaft anzutreten beabsichtigen. So ist denn in den Staaten erklärt worden, dies sei jetzt das amerikanische Jahrhundert – the American Century. ...
      Die europäische Völkergemeinschaft hat im Krieg gegen die Sowjets ihre Feuertaufe empfangen. ... In dem Schicksalskampf der Kontinente hat damit Europa jene unerschütterbare Ausgangsposition erreicht, die für die künftige Weltentwicklung von entscheidendster Bedeutung sein wird. ..."

      http://www.europaeische-aktion.org/Dokumente/de/Schulung/Schrift---Europa-als-Lebenskampf-Gemeinschaft.pdf

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  13. Aus einem Interview mit Tilman Fichter
    (in einem anderen Zusammenhang - Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin, 1969)

    25.10.2005
    "Wir haben das nicht ernst genommen"

    1969 verübte eine linksmilitante Gruppe einen Anschlag auf das Jüdische Gemeindehaus in Berlin. Eine Einzeltat? Oder gab es bei den 68ern "linken Antisemitismus"? Und warum wird alles so schleppend aufgearbeitet? Ein Gespräch mit Tilman Fichter, Bruder des Attentäters und damals SDS-Kader

    INTERVIEW PHILIPP GESSLER
    UND STEFAN REINECKE

    taz: Herr Fichter, Sie haben Ihrem Bruder Albert, der 1969 eine Bombe ins Jüdische Ge-meindezentrum in Berlin gelegt hatte, seinerzeit zur Flucht verholfen …

    Tilman Fichter: … ja, zweimal, weil er nicht begriffen hatte, dass er verfolgt wurde.

    Warum haben Sie ihm geholfen?

    Weil er in einer Wohngemeinschaft mit Dieter Kunzelmann lebte und ich Kunzelmann für einen schwierigen und unerfreulichen Zeitgenossen hielt, der keinen positiven Einfluss auf meinen Bruder hatte. [..]

    War die Bombe im Jüdischen Gemeindezentrum eine Attrappe? Es war doch eher eine Bom-be, die nicht explodiert ist?

    Das nenne ich eine Attrappe: Sie konnte nicht explodieren.

    Aber nur wegen technischen Versagens.

    Alle Bomben von Urbach hatten diesen technischen Defekt. Es waren Bomben, die nicht ex-plodieren konnten. Eine Attrappe ist ja auch später im Eisschrank von Kunzelmann gefunden worden. Der Verfassungsschutz hat unverantwortlicher Weise versucht, diese Dinger in die Studentenbewegung hineinzuschmuggeln. Aber immerhin waren die Führungsoffiziere von Urbach sich darüber im Klaren, dass sie keine scharfen Bomben einschleusen wollten - anders als ein paar Monate später, als über Peter Urbach die erste Generation der RAF mit scharfen Waffen ausgestattet wurde.

    Ist das nachgewiesen?

    Ja. Aber bis heute ist nicht aufgedeckt, wer hinter dem Versuch stand, die Studentenbewe-gung zu bewaffnen. Peter Urbach lebt ja heute in den USA, abgeschirmt und unter falschem Namen. Der könnte es zumindest partiell aufklären. Aber der Versuch ist nie gemacht worden. [..]

    http://www.taz.de/1/archiv/?dig=2005/10/25/a0178

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  14. "Biologisch vielfach minderqualifizert"

    ... Arbeit wird also als völkisch-rassische Pflichterfüllung definiert, die im übrigen (aber das nur nebenbei) kein Recht auf Arbeit impliziert[22] - nicht einmal für den „arischen Volksgenossen“, der in Zeiten vorübergehender Erwerbslosigkeit oder Kurzarbeit, die es namentlich in der Konsumgüterindustrie auch nach 1936 immer wieder gab, komplikationslos ‚freigesetzt‘[23] werden konnte. Arbeit „als Pflichterfüllung für die Volksgemeinschaft“ hieß vor allem, daß nicht mehr der Einzelne zählte, sondern jeder nur noch als Glied des „Volkskörpers“ etwas wert war. Der Begriff „Arbeit“, und übrigens ebenso der der „Ehre“ oder „Arbeitsehre“, war rassistisch aufgeladen. Der nationalsozialistische Rassismus wiederum zielte nach außen, aber auch auf die Binnenverhältnisse, auf die Stellung innerhalb der „deutsch-arischen Herren­rasse“.

    Zum Rassismus nach innen: Nur wer die erwartete Arbeitsleistung brachte, galt als vollwer­tig, durfte sich als Glied der „deutsch-arischen Volksgemeinschaft“ wähnen. Wer über die von „erbgesunden“ deutschen „Ariern“ erwartete Leistungskraft nicht verfügte, galt schnell als „minderleistungsfähig“ – so der einschlägige Terminus. Und dies konnte in einer biolo­gistischen Gesellschaft wie der des „Dritten Reiches“ schnell zur physischen Bedrohung werden, mindestens Zwangssterilisierung einbeschlossen. Dem Arbeitswissenschaftlichen

    Institut der Deutschen Arbeitsfront, das Amt der DAF, das langfristige Strategien und hand­lungsleitende Konzepte für die Führungsriege der Arbeitsfront um Robert Ley entwickelte, galt als „allgemeine Regel, daß der Nichtgelernte, insbesondere der Ungelernte, biologisch vielfach minderqualifiziert ist.“[24] ...

    aus
    Vom „Geist der Volksgemeinschaft durchpulst“
    von Rüdiger Hachtmann

    Vom „Geist der Volksgemeinschaft durchpulst“
    von Rüdiger Hachtmann

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  15. Aus
    Die Hilfsschule im Nationalsozialismus
    von Kirsten Knaack

    1.2.1. Adolf Hitler: „Mein Kampf“

    ... Vorbedingung allen menschlichen Fortschritts sei daher der „Siegeszug der besten Rasse“ (ebd., S. 317)[28]. Um den „Schutz des Menschen und seiner Kultur“ (ebd., S. 327) zu gewährleisten, bedürfe es der „Pflichterfüllung; das heißt, nicht sich selbst genügen, sondern der Allgemeinheit dienen“ (ebd.), was nichts anderes heißt, als dass das Wohl der ‚Volksgemeinschaft‘ vor dem Wohle des einzelnen gehe. Bei Nichterfüllung dieser ‚Pflicht‘ drohe ebenfalls der Untergang, und mit pseudoreligiöser Inbrunst behauptete Hitler: „Sowie erst der Egoismus zum Regenten eines Volkes wird, lösen sich die Bande der Ordnung, und ein Jagen nach dem eigenen Glück stürzen die Menschen aus dem Himmel erst recht in die Hölle.“ (ebd., S. 328)

    Hitler gelangte schließlich zu seinem Hauptfeindbild, dem Juden, dem „(...) Parasit, im Körper anderer Völker“ (ebd., S. 334). Es bestünde die Gefahr, dass „der Jude“ sich in eine andere „Rasse“ einschleiche, um „Nährboden für seine Rasse“ zu finden (ebd.). Auf S. 335 betonte er noch einmal, dass das „Judentum ein „Volk mit bestimmten rassischen Eigenarten und niemals eine Religion“ gewesen sei.

    Eine große Gefahr sah er im Marxismus und dessen Sicht der Gleichheit der Menschen: „Durch die kategorische Ablehnung der Persönlichkeit und damit der Nation und ihres rassischen Inhalts zerstört sie [die marxistische Weltanschauung; Anm. d. Verf.] die elementaren Grundlagen der gesamten menschlichen Kultur, die gerade von diesen Faktoren abhängig ist. (...) Mit der Zertrümmerung der Persönlichkeit und der Rasse fällt das wesentliche Hindernis für die Herrschaft des Minderwertigen- dieser aber ist der Jude.“ (ebd., S. 351) Dabei sei „der Jude“ gewillt, den Marxismus an die Macht zu bringen, um die „Völker diktatorisch und mit brutaler Faust zu unterjochen und zu regieren.“ [sic] (ebd., S. 357) Desweiteren seien es hauptsächlich die ‚Minderwertigen‘, die dem Marxismus anhingen: „Gerade im wirtschaftlichen und politischen Wahnwitz liegt der Sinn dieser Lehre. Denn durch ihn werden alle wahrhaft Intelligenten abgehalten, sich in ihren Dienst zu stellen, während die minder geistig Tätigen und wirtschaftlicher schlecht Gebildeten mit fliegenden Fahnen ihr zueilen.“ (ebd., S. 351)

    Ebenso gab er „Juden“ die Schuld, die „Blutschranken“ der Arier“ einzureißen, indem sie „Neger“ nach Deutschland gebracht hätten, „immer mit dem gleichen Hintergedanken und klaren Ziele, durch die dadurch zwangsläufig eintretende Bastardisierung die ihnen verhaßte weiße Rasse zu zerstören, von ihrer kulturellen und politischen Höhe zu stürzen und selber zu ihren Herren aufzusteigen.“ (ebd., S. 357)

    http://www.hilfsschule-im-nationalsozialismus.de/seite-14.html

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  16. Der Doppelmord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am Abend des 15. Januar 1919 in Berlin zählt zu den folgenreichsten Ereignissen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert. Die Verantwortlichen für das Verbrechen wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Noch im April 1962 konnte der eigentliche Drahtzieher, Hauptmann Waldemar Pabst, sich in einem Spiegel-Interview damit brüsten, dass er die beiden Kommunistenführer habe »richten lassen«.

    In der frühen Bundesrepublik, in der der Antikommunismus Staatsdoktrin war und ehemalige Nazirichter Recht sprachen, musste Pabst nicht befürchten, jemals juristisch belangt zu werden. Hätte er ausgepackt, wäre überdies unweigerlich die Rolle der SPD-Führung, insbesondere ihres Volksbeauftragten für Heer und Marine, Gustav Noske, bei dem Verbrechen zur Sprache gekommen. Daran konnte die SPD in den sechziger Jahren, also zu einem Zeitpunkt, als sie sich anschickte, die langjährige Regierung der CDU abzulösen, kein Interesse haben. ...

    Noch im Juni 1969, nur wenige Monate vor seinem Tod, äußerte Pabst in einem Brief: »Als Kavalier habe ich das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, daß ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit. Die Saukerle von Spiegel, Stern hätten gerne herausbekommen, wer alles hinter unserer Aktion gestanden hat. Wenn es nicht möglich ist, an der Wahrheit vorbeizukommen, und mir der Papierkragen platzt, werde ich die Wahrheit sagen, was ich auch im Interesse der SPD gern vermeiden möchte.« ...

    Klaus Gietinger übernahm es, ihr [Doris Kachulles] Werk fortzusetzen und zu einem Abschluss zu bringen. Er hat nicht nur den umfangreichen Nachlass von Pabst, darunter Fragmente seiner Memoiren im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, ausgewertet, sondern ist in zahlreichen weiteren Archiven in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Spuren dieses Mannes nachgegangen. Auf diese Weise gelingt es ihm, nicht nur die bislang völlig unbekannten Phasen dieser Biografie auszuleuchten, sondern auch die Netzwerke zu erschließen, die der umtriebige Generalstabsoffizier und Waffenlobbyist im Laufe seines langen Lebens zu knüpfen verstand.

    Aus
    Politisches Buch:
    Die Noske-Pabst-Connection
    90 Jahre nach dem Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht: Klaus Gietinger enthüllt die Zusammenarbeit der SPD-Führung mit den Tätern
    Von Volker Ullrich
    15. Januar 2009

    http://www.zeit.de/2009/04/P-Gietinger

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