Ergänzung vom 01.05.2012 ("Tag der Arbeit")
“In der
Hochschulbildung hat Deutschland - jedenfalls bei den MINT-Fächern -
seinen
Vorsprung beim Humankapital verloren.
Zerlegt man das sektorale Wachstum der
Arbeitsproduktivität in die Faktoren
Humankapital, Sachkapital und
Multifaktorproduktivität, so zeigt sich,
dass Deutschland bei der
Produktivitätssteigerung des Humankapitals und der
Multifaktorproduktivität seit Mitte der neunziger Jahre eher schlecht abschneidet ...
Das
kann seine Ursachen in der Qualität des Humankapitals haben,
muss es aber nicht
…”
Thilo Sarrazin, “Deutschland schafft sich ab”, 2010
Angelehnt an Thilo Sarrazins Spekulationen hatte ein Kommentator unter dem Post
http://guttmensch.blogspot.com/2011/07/die-fehlende-halfte-der-satire.html
u.a. die Frage gestellt, wie deutsche MINT Kompetenz noch zu retten sei, wenn weiterhin Einwanderer aus den falschen Ländern (d.h., wie Sarrazin nahe legt, genetisch minderbemittelt) Richtung Deutschland strömen wurden.
MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) Fachkräftemangel:Schlechter
Genpool oder schlechte Arbeitsbedingungen?
Immer
mehr „Ingenieurdienstleister“ übernehmen Aufgaben bei Firmen, die Arbeitsplätze
für Ingenieure abbauen - zu wesentlich schlechteren Bedingungen.
Mehr zu dem Thema z.B. in dieser ZDF-Sendung (ZDF.reporter vom 25.03.2010)
http://www.youtube.com/watch?v=IIV-P6K2t4M
„Am
besten man spezialisiert sich von Anfang an kompromisslos auf Waffentechnik/ Rüstungstechnik,
egal ob jetzt als E-Techniker, Maschinenbauer oder Informatiker. Die Sparte hat
Zukunft, wird wohl nicht ausgelagert werden und ist konjunkturunabhängig.“
„Faktenschreiber“ auf einem Diskussionsforum für „Studium, Ausbildung &
Beruf“, 31.10.2010.
http://www.mikrocontroller.net/topic/172830
Siehe auch Stichwort "MINT" auf diesem Blog
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Nach längerer Zeit finde ich endlich wieder ein paar Minuten zum Bloggen.
Zunächst möchte ich, wie versprochen, etwas ausführlicher auf Kommentare von “Anonym” unter dem Post
http://guttmensch.blogspot.com/2011/07/die-fehlende-halfte-der-satire.html
eingehen.
“... hat denn ein wagemutiger Mann, der auf einem Schleuserschiff nach Europa kommt mehr Rechte, als eine alleinerziehende Frau mit 5 Kindern in Afrika, welche so nie nach Europa kommen würde?”
Guter Punkt. Gegenfrage: Hat denn jemand, der in ein reiches Land hineingeboren wurde, mehr Rechte als jemand, der, ohne zur reichen Elite zu gehören, als Bürger eines armen Land geboren wurde? Tatsache ist: Wer als Bürger eines reichen Landes geboren ist, oder es schafft, Bürger eines reichen Landes zu werden, hat Vorteile gegenüber der Mehrheit der Weltbevölkerung. Wir können nicht von heute auf morgen gerechte Verhältnisse schaffen. Wir können nur im Rahmen unserer Möglichkeiten auf gerechtere - und insgesamt bessere - Verhältnisse hinwirken.
Sicher gibt es keine Patentlösung, wie man Überforderung von Aufnahmeländern ebenso wie Ungerechtigkeit bei der Aufnahme oder Nicht-Aufnahme von politisch Verfolgten und Armutsflüchtlingen vermeidet. Die folgenden Aspekte erscheinen mir wichtig:
1. Eugenisch-sozialdarwinistisch geprägte Vorstellungen besagen, dass Völker biologische Organismen wären, die miteinander in einem Wettbewerb ums Überleben stünden. Der einzige Wert und Sinn des Daseins jedes Angehörigen eines Volkes bestünde dementsprechend darin, 1) ein als “biologisch eigen” akzeptierter Teil der Gemeinschaft zu sein und 2) seinem Volk zu Wettbewerbsvorteilen im (militärischen oder wirtschaftlichen) Überlebenskampf gegen andere Völker zu verhelfen. Das ist Ideologie, nicht Biologie. Viel wäre bereits gewonnen, wenn es gelänge, ideologische Altlasten in der Demografie- und Integrationsdebatte auszusortieren, damit die Debatte sachlicher geführt werden kann.
Die Idee der Eugenik, in Deutschland (in ausdrücklicher Abstimmung mit dem Eugenik-Begründer Francis Galton) “Rassenhygiene” genannt, verbreitete sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Der Versuch, sie umzusetzen, eskalierte auf schreckliche Weise unter der Nazi-Herrschaft. Sie ist aber auch Teil eines immer noch weltweit verbreiteten Denkens, ohne dass wir uns ihrer Ursprünge und Zusammenhänge immer bewusst wären. Sie hat fortbestehenden, “stillen” Einfluss u.a. in der Wirtschaftspolitik, in der Verteidigungspolitik und in der Bevölkerungs- und Einwanderungspolitik. Gleichzeitig sehen Menschen es nicht mehr als selbstverständlich an, dass Kriege, Armut und Hunger unvermeidliche Mechanismen der Natur zur Auslese der “tauglichsten” (“fittest”) Individuen und Völker wären. Selbst von denjenigen, die das von Sarrazin wiederbelebte Schlagwort des Sozialdarwinismus, “survival of the fittest” erst einmal gut finden, würden wohl die wenigsten wirklich in einer Welt leben wollen, in der “Übermenschen”, die sich und ihre genetische Ausstattung für besonders gelungen halten, bestimmen, wer den Anforderungen einer “natürlichen Auslese” entspricht und wer nicht.
2. Moderne Politik wahrt nationale und bündnisorientierte Interessen, ist dabei aber nicht nur nationale Politik und Politik für wirtschaftliche und militärische Bündnisse, sondern Politik für “Eine Welt”.
Es ist auch im Interesse der Bürger “reicher” Länder, dass alle Menschen, auch in heute armen und sehr armen Ländern, ein Leben in Würde führen können und Perspektiven haben. Instrumente für “Eine Welt” Politik sind internationale Abkommen, internationale Zusammenarbeit und Verhaltensregeln, an die sich nicht nur staatliche, sondern auch private Akteure (z.B. Multinationale Korporationen) halten. Zum Beispiel haben Erdölkonzerne und andere Konzerne, die im großen Stil Rohstoffe verwerten, in ressourcenreichen afrikanischen Ländern oft sehr erheblichen Einfluss auf die Regierungsführung in den betreffenden Staaten – der in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein oft zum Nachteil armer und benachteiligter Bevölkerungsgruppen eingesetzt wurde (Beipiele Nigeria, Ostkongo u.v.a.). Trotz Initiativen, dies zu ändern, gibt es im Bereich der internationalen Zusammenarbeit mit Einbeziehung der Privatwirtschaft noch massiven Verbesserungsbedarf.
Diktatorische und verbrecherische Regime und Bewegungen in Ländern Afrikas, Asiens, Lateinamerikas und Osteuropas wurden in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein oft durch Regierungen einflussreicher Länder gestützt – aus wirtschaftlichen und militärischen Interessen, zur Abwehr unerwünschter Migranten und im Namen der Bekämpfung des Terrorismus. Dass dadurch auch radikale Religionsauslegungen Aufwind bekamen - zur Stärkung von Machtinteressen und in der Wechselwirkung von Gewalt und Gegengewalt -, möchte ich hier nur kurz erwähnen. “Geopolitik” mit einem solchermaßen begrenzten Horizont wird nach den Protest- und Umsturzbewegungen in der arabischen Welt hoffentlich zunehmend einer weitsichtigeren Politik weichen.
Schnelles Bevölkerungswachstum gehört zu den Herausforderungen, mit denen viele arme Länder zu kämpfen haben (Verdreichfachung der Weltbevölkerung seit den 1960er Jahren). Beispiele wie Bangladesch zeigen, dass selbstbestimmte Familienplanung – ermöglicht durch bessere Bildungs- und Einkommensmöglichkeiten für Frauen und Zugang zu Gesundheits- und Familienplanungsdiensten – ein unverzichtbarer und erfolgreicher Ansatz ist, um dieser Herausforderung zu begegnen. Knapphalten von Versorgungsgütern, wie es u.a. Sarrazins Ideengeber Gunnar Heinsohn als Strategie gegen die Vermehrung der Palästinenser im Gaza-Streifen forderten, ist dagegen ein ungeeignetes Mittel zur Begrenzung von Bevölkerungswachstum. Oberhalb der Schwelle des Sterbenlassens durch Verhungern, was ja wohl nicht gemeint sein kann, wirkt Armut eher als ein Anreiz, mehr Kinder zu haben, als auf Kinderreichtum zu verzichten. - In vielen Ländern, besonders in Afrika, verzögert nicht zuletzt der Einfluss der katholischen Kirche den Zugang zu modernen Methoden der Empfängnisverhütung, ebenso wie den Gebrauch von Kondomen zum Schutz HIV/ Aids. Wenn die Bundeskanzlerin ein Zeichen setzen möchte, wie die Redefreiheit auch in der Kritik von Religionen zu schützen ist (was sie mit der Verleihung eines Preises an einen Zeichner umstrittener Mohammed-Karrikaturen wohl erreichen wollte), möge sie doch auch einmal eine Auszeichnung für eine mutige Nonne erwägen, die sich in Afrika für die Verteilung von Kondomen einsetzte und dafür gerügt und zurückbeordert wurde.
Im positiven Fall und abhängig davon, wie sie gestaltet wird, trägt Migration zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse in armen Herkunftsländern bei – zum Beispiel durch Überweisungen von Migranten an Familienangehörige in Herkunftsländern und durch Möglichkeiten für zirkuläre Migration (d.h. Lernen und Arbeiten in Deutschland, Rückkehr in das eigene Land, um dort zur Entwicklung beizutragen, auch wieder neue Einsatzmöglichkeiten in Deutschland und anderen hochindustrialisierten Ländern). Die Weltgesundheitsorganisation hat mit einer Vereinbarung eines Verhaltenskodex (“Code of Conduct”) über das Anwerben von Ärzten, Krankenschwestern und anderen Gesundheitsfachkräften aus armen Ländern für den Einsatz in reichen Ländern ein Zeichen gesetzt, dass der Wettbewerb um Fachkräfte nicht zum Nachteil der Bevölkerung armer Länder ausgetragen werden soll.
3. Verschiedene Migrantengruppen nach Herkunft und Religionszugehörigkeit gegeneinander auszuspielen, ist kein Beitrag zu besserer Integration, sondern Teil des Problems.
Es gibt keinen wissenschaftlich haltbaren Grund zu der Annahme, dass Menschen aus bestimmten Ländern, Menschen mit dunklerem Teint oder mit einer bestimmten Religion genetisch bedingt, also von ihren Erbanlagen her, dümmer, fauler oder krimineller wären als Menschen aus anderen Ländern. Das Ausspielen verschiedener Einwandergruppen gegeneinanander, wie es die NPD betreibt, wenn sie um Einwanderer aus Russland wirbt, und wie es Thilo Sarrazin nachgemacht hat, hat keine faktenbasierte Grundlage. Zum Beispiel ist die Inanspruchnahme von Hartz IV durch Einwanderer aus Russland, anders als von Sarrazin nahe gelegt, nicht niedriger als im Falle von Einwanderern aus der Türkei. Die hassmotivierte Ermordung der muslimischen, gut integrierten (aber Kopftuch tragenden) Migrantin Marwa el Sherbini durch einen Migranten aus Russland, der sich auf NPD-Phrasen berief, zeigt, welche Aufhetzungs-Potenziale darin liegen, wenn Einwanderer nach Ursprungsland “hierarchisiert” werden.
Aus heutiger Perspektive lässt sich erkennen, dass eugenisch geprägte Migrationspolitik – also eine Migrationspolitik, die von der Vorstellung geprägt ist, es gäbe genetisch höherwertige und minderwertige “Rassen” - alles andere als nachahmenswert ist. Wie ich an anderer Stelle schon zusammengestellt hatte, spielten eugenisches Gedankengut und entsprechende politische Entscheidungen (z.B. Einwanderungsgesetz von 1924) selbst bei der Asylpolitik der USA in den 1930er und frühen 1940er Jahren eine wichtige Rolle. Ein zu großer Zustrom von Flüchtlingen aus osteuropäischen Ländern, insbesondere von Juden, wurde als unerwünscht angesehen. Mit einer weniger restriktiven Asylpolitik hätten wesentlich mehr Menschen vor dem Holocaust gerettet werden können. Das wären zu einem großen Teil Juden und somit gerade solche Menschen gewesen, denen der Neo-Eugeniker Thilo Sarrazin ein besonderes Gen zugeschrieben hat, das für höhere Begabung und höheren Wert für eine Volkswirtschaft sorgen würde. Dass es ein “Juden-Gen” nach vorliegenden Erkenntnissen nicht gibt und der von Sarrazin genannte (wohl nicht von ihm selbst gelesene) Artikel in der Zeitschrift “Nature” vielmehr auf Ähnlichkeiten genetischer Profile von Juden und Palästinensern hinwies, steht auf einem anderen Blatt. Hier geht es nur darum, daran zu erinnern, dass sich je nach Zeitgeist die Vorstellungen darüber, wessen Beiträge zum Genpool angeblich “eugenische” oder “dysgenische” Effekte haben , ändern können – und Unterstellungen von Höher- oder Minderwertigkeit bestimmter Menschengruppen keine Substanz haben. Wer die antisemitischen Tiraden des einflussreichen Autokönigs Henry Ford sorgfältig liest, kann die Ähnlichkeiten des als Kritik an “Alljuda” getarnten Judenhasses mit heutigem Hass gegen Muslime, die als “Islam-Kritik” daherkommt, leicht erkennen.
http://guttmensch.blogspot.com/2011/08/henry-ford-uber-die-juden-ein.html
4. Naiv ist, zu meinen, dass sich Integration praktisch von allein problemlos gestalten würde, wenn man nur die “richtigen” Einwanderer hätte (etwa deutschstämmige oder, wie es im Nazi-Jargon hieß, “Artverwandte”, oder auch Angehörige von Gruppen, denen Sarrazins neuere Vordenker besonders begehrenswerte Eigenschaften zusprechen, wie Juden oder Asiaten).
Der Anteil der Menschen, die nicht in die Mehrheitsgesellschaft integriert sind, steigt: Es gibt einen höheren Anteil von Migranten in der Bevölkerung; die Anforderungen des Arbeitsmarktes haben sich rapide geändert und ändern sich weiter, ohne dass Anpassungsstrategien Schritt gehalten hätten; die Schere zwischen “arm” und “reich” öffnet sich weiter. Gleichzeitig werden Stellen abgebaut oder unzureichend finanziert, die für den sozialen Zusammenhalt und die öffentliche Ordnung wichtig sind – u.a bei Lehrern, Richtern, Polizisten, Sozialarbeitern. Wenn es zu wenig solcher Stellen gibt, oder sie zu schlecht finanziert werden, um sie qualifiziert zu besetzen und auszustatten, ist das keine gute Voraussetzung, um zu verhindern, dass sich Migranten in ethnischen Gruppen abschotten und Parallelgesellschaften mit eigenen Regeln bilden. Das damit teilweise verbundene Problem der Mafia-Bildung tritt – historisch und aktuell - bei Gruppen aus so verschiedenen Herkunftsländern und mit so verschiedenen Religionszugehörigkeiten auf, dass eigentlich schon dadurch die Vorstellung, solche Erscheinungen seien an eine bestimmte genetische Ausstattung oder an eine bestimmte Religion gebunden, ad absurdum geführt wird.
5. Migrationspolitik sollte gezielt die schnelle Integration von Einwanderern in das Arbeitsleben fördern, etwa durch verbesserte Möglichkeiten, anderswo erworbenen Abschlüsse anerkennen zu lassen oder durch Zusatzausbildung “aufzustocken”, und durch leichtere Erteilung einer Arbeitserlaubnis.
Fachkräftemangel wird übrigens nicht nur für Absolventen von “MINT” (Mathematik, Naturwissenschaften und Technik) Fächer, sondern z.B. auch für Pflegekräfte gemeldet (s.o., “Code of Conduct” der Weltgesundheitsorganisation. Für die gezielte Schaffung von Möglichkeiten und Anreizen zur “zirkulären Migration” – d.h. Arbeiten in Deutschland, Rückkehr in das eigene Land, um dort zur Entwicklung beizutragen, auch wieder neue Einsatzmöglichkeiten in Deutschland und anderen hochindustrialisierten Ländern – gibt es bereits Beispiele.
In die Türkei kehren bereits mehr Menschen zurück, als aus der Türkei neu einwandern.
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"Die islamophobe Agitation gegen ‚die Muslime‘ führt erkennbar dazu, daß sich in der bestens integrierten neuen Elite mit Migrationshintergrund, die wir in Deutschland dringend brauchen, die ohnehin zunehmende latente Abwanderungsneigung noch weiter verstärkt. Das wäre im Ergebnis eine Art personalpolitischer GAU in der Firma Deutschland. Er würde den Brain Drain noch verstärken und auf der Seite der Zuwandererbevölkerung unbeabsichtigt genau das forcieren, was Sarrazin grotesk überzeichnet beschrieben hat, nämlich, daß Deutschland im Blick auf sein Erwerbspersonenpotential ‚immer dümmer‘ wird."
Aus: Klaus J. Bade, "Sarrazin schafft Deutschland ab", 29. November 2010.
Wieso wurde Thilo Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab" zum Bestseller? Mit welchen Folgen? Ein „Rückblick auf eine fatale Debatte" vom Vorsitzenden des Sachverständigenrats Deutscher Stiftungen für Integration und Migration, Klaus J. Bade http://www.kjbade.de/bilder/291110_Sarrazin_MIGAZIN.pdf
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Was hat es mit dem viel beschworenen Mangel an MINT-Fachkraeften, von Konjunkturschwankungen abgesehen, tatsaechlich auf sich - vor allem, wenn man die Situation aus einer europa-weiten Perspektive betrachtet?
"Momentan lebe ich von der Abfindung, die mir mein früherer Arbeitgeber gezahlt
hat, damit ich kündige. 30 000 Euro. Ich war Ingenieurin bei dem Beton- und
Zementunternehmen Hormigones Uniland ... "
Sara Benita Bernès, 28 Jahre, Wirtschaftsingenieurin aus Vilanova i la Geltrú,
Spanien
Zitat aus einem Artikel ueber "Die neuen Einwanderer", DIE ZEIT, 19.01.2012
http://www.academics.de/wissenschaft/zwischen_heimweh_und_hoffnung_51713.html
"Das Maerchen vom "Fachkraeftemangel"
http://www.youtube.com/watch?v=lNERneTa9yE
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Erschwerte Arbeitssuche und labyrinthische Zulassungsverordnungen
“Cihan Batman… machte ein gutes Abitur, studierte an der Universität
Stuttgart technische Betriebswirtschaftslehre, arbeitete danach bei KPMG, bei
der DaimlerChrysler Bank, jetzt ist er Senior Manager bei Vodafone.
Gelegentlich geht er zu einem Stammtisch … in einem Café in Istanbul, es ist
ein Rückkehrerstammtisch für Deutschtürken. Sie haben Deutschland verlassen,
weil sich ihnen in der Türkei die besseren Karrierechancen bieten, so wie Cihan
Batman, oder weil sie in Berlin oder Köln nie heimisch wurden, sich nicht
anerkannt fühlten. …
Müge Yücel … ging nach dem Abitur zum Studium in die USA. Mit einem
Doppelmaster in Marketing und Finanzwissenschaften, ersten Joberfahrungen in
einer internationalen Beratungsfirma und hochfliegenden Plänen kam sie nach
Deutschland zurück … Ihre Bewerbungen … brachten ihr statt einer Stelle eine
Reihe "unangenehmer Erfahrungen" ein, erzählt sie. So musste sie sich
in einem Bewerbungsgespräch etwa die Frage gefallen lassen, wie es denn mit dem
Heiraten und Kinderkriegen sei. Als Türkin müsste sie dann ja wohl zu Hause
bleiben. Heute arbeitet Yücel in Istanbul in der Finanzabteilung eines
türkischen Unternehmens, das Autos in die Türkei importiert. …
Zwar wächst in Deutschland die Zahl der Akademiker mit
Migrationshintergrund, die erfolgreich Karriere machen, sei es als Arzt,
Ingenieur oder Politiker. Trotzdem gilt: Oft wird es ihnen schwer gemacht. So
müssen Migranten allein wegen ihres fremdländisch klingenden Namens drei- bis
viermal so viele Bewerbungen schreiben wie Deutsche, bis sie zu einem
Vorstellungsgespräch eingeladen werden, das ergab eine Studie der Organisation
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Soner Süral kennt solche Klagen zuhauf. Der Student der
Computerlinguistik ist Geschäftsführer des Berliner Studenten- und
Akademikervereins BTBTM. Er berät unter anderem Bildungs in- und -ausländer in
Sachen Studium. Deren Stimmungslage fasst er in einem Bild zusammen: Oft fühle
man sich hier wie "ein Tropfen Olivenöl in einem Glas Wasser. Es vermischt
sich nichts." Der Weg zu einem Wir in Deutschland ist noch weit. …
Ähnlich wie die türkischstämmigen Akademiker haben auch hoch
qualifizierte Einwanderer aus Staaten der ehemaligen Sowjetunion mit mangelnder
Anerkennung zu kämpfen. "Viele Spätaussiedler erleben den Neuanfang in
Deutschland als beruflichen Abstieg", sagt Galina Suppes,
wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Trier. Sie hat ihre
Diplomarbeit über Rückkehrer nach Russland geschrieben und kennt sie alle:
Ärzte, die als Krankenpfleger arbeiten, Ingenieure, die sich als Hilfsarbeiter
verdingen, Lehrer mit jahrelanger Berufserfahrung, die nur als niedrig bezahlte
Betreuer für Auswandererkinder unterkommen. Wenn sie denn überhaupt eine
Beschäftigung haben. Aussiedler mit Hochschulabschluss sind ein Beispiel dafür,
dass eine gute Ausbildung auch schaden kann. Ihre Arbeitslosenquote liegt
nämlich (laut IAB) höher als die von Ungelernten. Das ist bei keiner anderen
Bevölkerungsgruppe der Fall. …
Maria Böhmer, Integrationsbeauftragte des Bundes, hat eine Studie namens
Brain Waist in Auftrag gegeben. Demnach finden gerade einmal 16 Prozent der
befragten Einwanderer aus Osteuropa einen Job in ihrer Branche, obwohl die
meisten über eine Ausbildung oder ein Studium verfügen.
Die Untersuchung offenbart ein bizarres Labyrinth von
Anerkennungsstellen und Zulassungsverordnungen, in dem sich nicht einmal
deutsche Beratungseinrichtungen zurechtfinden, geschweige denn die Zuwanderer
selbst. Mal ist der Bund zuständig, mal sind es die Länder. Brain Waist
berichtet von Bewerbern, die sich bei vier Stellen über die Anerkennung ihres
akademischen Abschlusses informierten - und vier unterschiedliche Antworten
bekamen. …
Auf dem Bildungsgipfel haben Bund und Länder eine bessere Beratung der
Betroffenen versprochen. Maria Böhmer fordert darüber hinaus für jeden
Zugewanderten eine schnelle und bundesweit einheitliche Prüfung seiner
Qualifikationen. ...“
Aus DIE ZEIT 04.12.2008
http://www.academics.de/wissenschaft/verprellte_talente_die_abwanderung_der_einwandererkinder_35562.html
Anm. Blogger:
Maria Böhmer löste mit ihrer Aussage, Zuwanderer könnten das Leben in
Deutschland bereichern, ungewollt den Trend zu dem zynisch verwandten,
hassbesetzten Begriff “Kulturbereicherer” aus, auf den auch Thilo Sarrazin in
seiner Deutschland-in-100-Jahren-Satire anspielte.
(Siehe Stichwort
“Kulturbereicherer”auf diesem Blog; z.B. http://guttmensch.blogspot.com/2011/11/kulturtrager-kulturbereicherer-zynische.html)
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"KJN sagt:
7. Februar 2012 um 12:36
... Etwa 2/3 meines Abschlussjahrgangs (Chemie, 1990) sind entweder in den USA, machen “was anderes” oder sind arbeitslos."http://starke-meinungen.de/blog/2012/01/24/sarrazin-und-die-intelligenz/
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Nachtrag 13.10.2012
“Sparprogramm bei Siemens: Bis zu 10.000 Mitarbeiter sollen rausfliegen
Äh, Moment mal. Siemens? Die haben doch
noch im März 2012 vor einem dramatischen Fachkräftemangel gewarnt. Zitat:
"Siemens-Chef Peter Löscher hat dieser Tage auf einen Mangel an
Ingenieuren hingewiesen, der sich in den kommenden Jahren noch verschärfen
werde. Nach den Worten des Konzernchefs drohten allein beim Münchner
Elektroriesen bis 2020 rund 14.000 Stellen unbesetzt zu bleiben." “
http://duckhome.de/tb/archives/10361-Aufgelesen-und-kommentiert-2012-10-12.html#extended
Von wegen. Der jetzt angekündigte Stellenabbau betrifft gerade auch den Bereich "Forschung und Entwicklung". Auch MINT-Stellen fallen weg. Offenbar fehlte es zwar nicht an MINT-Kompetenz, aber an Markt-Kompetenz.
“Die
Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Verwaltung und Vertrieb seien zu stark
gestiegen, sagte Löscher. Bürokratie müsse abgebaut, Doppelfunktionen sollen
gestrichen werden. Der Auslandsvertrieb werde verschlankt. Schwächelnde Geschäfte,
die zur Dauerbelastung für das Unternehmen zu werden drohten, kämen auf den
Prüfstand. Konkrete Schritte und Zahlen will er am 8. November mit der Jahresbilanz
präsentieren.
Siemens habe in seinem im September abgelaufenen Geschäftsjahr 2012 zwar eines der
besten operativen Ergebnisse seiner Unternehmensgeschichte erreicht, sei aber
hinter den eigenen Zielen zurückgeblieben und gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen
geraten - auch wegen „hausgemachter Probleme“, räumte der Vorstandschef ein.”
http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/sparprogramm-siemens-feilt-an-seiner-giftliste/v_detail_tab_print/7242760.html
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MINT und EADS (Ruestungsindustrie)
EADS war Gastgeber der MINT-Tage 2009
http://www.mintzukunftschaffen.de/news.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=23&cHash=bb7c46ed78
Ueber den politischen Einfluss von EADS siehe auch
http://zettelmaus.blogspot.com/2012/11/dialog-mit-eads.html
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Nachtrag 6. Mai 2013
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Ergaenzung 27.2.14
"Mythos Fachkraeftemangel"
http://www.wiwo.de/erfolg/jobsuche/von-wegen-fachkraeftemangel-deutschlands-unbekannte-arbeitskraefte/9552840.html?home_teaser=9552840
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10.4.14
Innovation und DrohnenkriegBemerkenswerte Rolle des UK Department
of Business, Innovation and Skills (BIS)
Aus
Exclusive: Minister in row over BT’s link to US drones’ war
The Independent
Robert Verkaik 26 March 2014
(Hervorhebungen in Fettdruck von mir)
The former chief executive of BT,
who is now a senior Government trade
minister, is at the centre of a row over Britain's alleged role in
America's secret drones' war.
Ian Livingston was head of the
telecoms giant when it won a contract to set up a top secret £15m
communications link between an RAF base
in Northamptonshire and America's
headquarters for drone attacks in Africa. Last year he was made Lord Livingston and four months ago
started a high-profile trade job in the Department
of Business, Innovation and Skills (BIS).
But it has now emerged the BT cable deal with the US military had formed part
of an investigation overseen by what is now Lord Livingston's own department.
The US-run former bomber station at RAF Croughton in Northamptonshire has been
fitted with equipment which human rights groups allege is capable of supplying
secret data to the drone centre in Africa where American unmanned aircraft have
killed hundreds of civilians and extremist militant suspects.
The investigation came about as a result of a complaint by Reprieve first made
last July. Although its conclusions were announced before Lord Livingston
joined BIS, a further review of its initial findings was still underway at the
time of the minister's appointment. That review published its conclusions in
February this year.
Human rights lawyers said the fact that Lord Livingston was to hold a key
position in the department could have raised questions over the fairness of the
investigation, and the subsequent review, both of which were headed by the Organisation for Economic Cooperation and
Development (OECD), which draws up
standards for the behaviour of multinationals, and which is being overseen by BIS.
http://www.independent.co.uk/news/uk/politics/exclusive-minister-in-row-over-bts-link-to-us-drones-war-9215364.html
Siehe auch Stichwort "Livington" auf
http://zettelmaus.blogspot.com/2014/04/drohnenkrieg.html