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Sonntag, 20. Februar 2011

Warum dieser Blog

Ideen aus dem Umfeld von Sozialdarwinismus (Ideologie vom „Überleben der Tauglichsten“), Eugenik (alias Rassenhygiene) und Biopolitik (Umsetzung von „Volk-und-Raum“ Ideen) gewinnen wieder an Boden, und sie haben Auswirkungen auf unser Zusammenleben, auf Politik und Gesellschaft. Ich möchte nicht in einem Umfeld leben, in dem z.B. die Bezeichnung von Menschen als „Genabfall“ zum Umgangston gehört.
   Wie schnell dies geschehen kann, lässt sich auf Webseiten wie „Politically Incorrect“

   nachlesen (Beispiel www.pi-news.net/2010/01/el-sherbini-weitere-ermittlungen-gefordert).

In Deutschland waren und sind die sogenannten „Thesen“ von Thilo Sarrazin eine Speerspitze der Neo-Eugenik. Zwar haben viele eine vage Vorstellung davon, dass Äußerungen Sarrazins irgendwie mit Nazi-Gedankengut in Verbindung gebracht werden. Aber welche Beziehungen im Einzelnen zwischen Eugenik, „Rassenhygiene“ und Nazi-Wahn bestehen, ist in der Öffentlichkeit viel weniger bekannt. Vielleicht will man es auch nicht immer so genau wissen, zumal Sarrazin sehr deutliche Unterstützung von einem Teil der Medien bekommt, und auch einige angesehene Persönlichkeiten verteidigen, was als Klartext eines mutigen Tabubrechers mit vielleicht ein paar kleinen rhetorischen Ausrutschern durchgeht. Schnell ist das Schlagwort von der „Nazikeule“ zur Hand.

Sarrazins Propaganda für die Eugenik, die zeitgeschichtlichen Quellen zufolge in den 1930er Jahren in Deutschland und anderswo auch als „Rassenhygiene“ bezeichnet wurde, kommt sehr viel offener daher, als es in Deutschland seit 1945 außerhalb von Neonazi-Kreisen bisher der Fall war. Sarrazin gebraucht den Begriff "eugenisch" und andere, die damit in Verbindung stehen, eindeutig zustimmend. In dieser Offenheit liegt auch eine Chance: Sie kann ein Auslöser dafür sein, die längst überfällige offene Auseinandersetzung mit der Denktradition von Sozialdarwinismus, Eugenik und Biopolitik zu führen. Diese seit Ende des 19. Jahrhunderts gewachsene Denktradition entwickelte sich weitgehend in Konkurrenz zu den Grundsätzen von Demokratie und Menschenrechten. Durch ihren erkennbaren Beitrag zum Nazi-Wahn wurde die eugenisch-sozialdarwinistische Denktradition diskreditiert. Andererseits wurde sie, weltweit betrachtet, nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes nicht völlig aufgegeben, sondern, wenn auch meist mit einer Wortwahl, die direkte Assoziationen zum Nazi-Vokabular vermied, weiter gepflegt (z.B. über einige „Think Tanks, von denen noch die Rede sein wird) und beeinflusste politisches Denken und Handeln. Dies ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass sie auch in Ländern, die Nazi-Deutschland militärisch besiegt hatten, ideologische Wurzeln (und weiter sprudelnde Finanzierungsquellen) hatte.

Die offene Auseinandersetzung mit dieser Denktradition kann helfen, letztlich sehr viel stärker auf den Punkt zu bringen, wie sich eine menschenrechtsorientierte Politik von einer eugenisch-sozialdarwinistisch geprägten Politik unterscheidet. Zu dieser Auseinandersetzung möchte ich beitragen. Beruflich und aufgrund des dadurch geweckten Interesses auch privat habe ich mich mit Themen wie Menschenrechte, Bevölkerungspolitik, Friedens- und Konfliktforschung besonders beschäftigt. Aus diesem Interesse heraus bin ich im Laufe der letzten Jahre (also nicht erst seit der Sarrazin-Debatte, aber seit einigen Monaten auch im Hinblick darauf) durch Verfolgen aktueller Berichte, Internet-Recherche und Funde in Buchhandlungen und Antiquariaten auf bekannte und weniger bekannte Informationen und Analysen zum Themenbereich Sozialdarwinismus-Eugenik-Biopolitik gestoßen, die ich aufbereiten und in die öffentliche Diskussion einbringen möchte.

Zum schnellen Schreiben eines Buches fehlt mir die Freizeit, die Sarrazin auf seinem nach eigenen Angaben wenig fordernden Bundesbank-Posten reichlich zur Verfügung hatte. Da ich aber nicht zu viel Zeit vergehen lassen möchte, um Informationen, die mir in diesem Zusammenhang wichtig erscheinen, für andere leichter zugänglich zum machen, wähle ich zunächst die Form eines Blogs. Dieser Blog soll eine Art „Zettelkasten“ für Informationsmaterial, Quellen und Ideen sein. Kommentare und Anregungen sind natürlich willkommen.  


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"Wo sich auf dieser Welt die Ideologie der Eugenik durchsetzte, endete sie in übler Praxis. Thilo Sarrazin will eugenisches ­Gedankengut wieder salonfähig machen, indem er in seinem Buch einen Diskurs mit biologistischer Grundierung über die Unterschicht anstößt. Er steht damit in einer langen, zweifelhaften Tradition, die welt­weit und keineswegs nur von der politischen Rechten begründet und gepflegt wurde...
Sarrazin heizt die Kontroversen um muslimische Einwanderer an, um in ihrem Windschatten eugenisches Gedankengut in die Debatten zu schmuggeln. Das Buch muss als entsprechender Versuchsballon gewertet werden, zu testen, wie salonfähig eugenische Ideen heute sind. Hoffen wir, dass es statt dessen den Anstoß dazu bietet, sich mit den Ideen der Eugenik kritisch auseinander zu setzen."

Aus: "Sarrazin und die Eugenik - Wahn der Wohlgeborenen" von Natascha Gillenberg.
Zeitzeichen, (Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft), Dezember 2010
http://zeitzeichen.net/geschichte-politik-gesellschaft/sarrazin-und-die-eugenik//
(Hervorhebung in Fettdruck in mir)


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Montag, 30. August 2010

Zur Debatte über die Äußerungen von Thilo Sarrazin in seinem heute vorgestellten Buch, erklärt der Präsident des ZdK, Alois Glück:

"Das Menschenbild von Thilo Sarrazin und seine Thesen treffen uns alle und fordern unseren entschiedenen Widerspruch. Unsere freiheitliche Demokratie ermöglicht solche Meinungsäußerungen, sie sind aber im Stil und Inhalt ein Spiel mit den Ängsten und geistige Brandstiftung. Deshalb ist Widerstand und Auseinandersetzung notwendig. Von seinen Positionen sind nicht nur die Migranten betroffen, sein Menschenbild trifft uns alle. Es stellt die Grundlagen unserer humanen Gesellschaft infrage.

Die Basis der Argumentation von Sarrazin ist das Erbgut, eine Reduzierung des Menschen auf seine Biologie. Danach werden sie in erwünschte und unerwünschte, brauchbare und unbrauchbare sortiert. Solches Denken war und ist die Grundlage eugenischer Debatten mit einer eigenen Dynamik, bis hin zu den Euthanasieprogrammen. Als Christen sind wir besonders herausgefordert, solchem Denken entschieden Widerstand zu leisten und die Folgen solcher Werturteile zu benennen.

Die Einlassungen von Herrn Sarrazin sind für die Integration nicht hilfreich sondern sie wirken polarisierend und erschweren damit die Aufgabe. Jeder realistisch denkende Beobachter weiß, dass es gravierende Integrationsprobleme insbesondere bei einem Teil der Migranten muslimischen Glaubens gibt, die aus wenig entwickelten Gegenden kommen. Dies ist kein Tabu, das durch Provokationen erst aufgebrochen werden müsste. Es ist aber unerträglich, durch eine solche Argumentation praktisch alle Muslime zu diffamieren.

Unerträglich ist auch, dass Sarrazin die vom Staat zugewiesene institutionelle Aufgabe als Mitglied des Vorstands der Bundesbank nutzt, um seinen privaten Überzeugungen öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen. Mit seiner Sprache und seinem Denken ist er ein Wegbereiter rechtspopulistischer und rechtsradikaler Strömungen, wie wir sie in einigen unseren Nachbarländern in Wahlkämpfen, in der Parteienlandschaft und in den Auswirkungen auf die politische Handlungsfähigkeit dieser Demokratien mit Schrecken beobachten."

http://www.zdk.de/veroeffentlichungen/pressemeldungen/detail/Zur-Debatte-ueber-die-Aeusserungen-von-Thilo-Sarrazin-in-seinem-heute-vorgestellten-Buch-erklaert-der-Praesident-des-ZdK-Alois-Glueck--594Z/

Anmerkung:

Zum Thema “Teil der Migranten muslimischen Glaubens … die aus wenig entwickelten Gegenden kommen” und die Verwahrung dagegen, dass diese mit allen Muslimen in einen Topf geworfen werden: Das ist zutreffend, und es ist auch wichtig, realistisch zu sehen, dass Menschen, die z.B. Hunger, Krieg und gewaltsamen Kampf um Ressourcen gewohnt sind, besondere Schwierigkeiten mit der Integration haben und stellen koennen. Aber es geht nicht nur um das In-Einen-Topf-Werfen von Muslimen aus verschiedenen Regionen.

Es geht auch darum, dass Menschen wegen ihrer Abstammung (wobei Sarrazin, wie er selbst sagte, “ethnisch” als Ersatzwort fuer “rassisch” verwendet) und ihrer vermeintlich minderwertigen Gene die Faehigkeit, jemals wertvolle Mitglieder einer so intelligenten Gesellschaft wie der deutschen zu werden, kategorisch abgesprochen wird. Das gilt nicht nur fuer sie selbst, sondern auch fuer ihre Kinder und Kindeskinder.

Dieses Pauschalurteil wird auch nicht dadurch eingeschraenkt, dass einige einzelne Menschen tuerkischer oder arabischer Abstammung gnaedig ausgenommen werden, wenn sie sich fuer die eugenische Argumentation als Kronzeugen einspannen lassen.
Es trifft im Uebrigen nicht “nur” Muslime, sondern auch deutsche Unterschichten. Sarrazins Thesen sind keineswegs Thesen zur “Integration”. Es sind Thesen zur “Exklusion”; eine Werbung fuer Ausschluss, Ausgrenzung und Vorenthalten von Chancen und fuer eine Spaltung der Gesellschaft in vermeintlich genetisch vorbestimmte Leistungstraeger und unnuetze Esser.

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