Ein UN-Gremium wirft dem SPD-Politiker [Thilo Sarrazin]
Anstiftung zu „rassistischer Diskriminierung“ vor. Er habe „die Ideologie
rassischer Überlegenheit“ verbreitet.
von Andreas Zumach taz.de 17.04.2013
von Andreas Zumach taz.de 17.04.2013
GENF taz | Mit der Niederschlagung einer Klage wegen
volksverhetzender Äußerungen des ehemaligen Bundesbankers und Berliner
Wirtschaftssenators Thilo Sarrazin hat Deutschland gegen die
Antirassismuskonvention der UNO verstoßen. Zu diesem Urteil gelangte der
ständige Ausschuss zur Überwachung dieser Konvention (Committee on the Elimination
of Racial Discrimination, CERD) in Genf jetzt nach einer über dreijährigen
Untersuchung.
In dem Interview hatte Sarrazin behauptet, ein Großteil der
in Berlin lebenden TürkInnen habe „keine produktive Funktion“ außer für den
Obst- und Gemüsehandel. Sie seien „weder fähig noch willens“ zur Integration
und hielten an einer kollektiven, traditionellen und aggressiven Mentalität
fest. Sarrazin erklärte, die Türken würden Deutschland mittels ihrer höheren
Geburtenrate erobern, so wie die Kosovaren das Kosovo. Er hätte nichts dagegen,
wenn es sich nicht um Türken, sondern um osteuropäische Juden handeln würde,
die einen 15 Prozent höheren Intelligenzquotienten als die Deutschen hätten.
Mit diesen Aussagen habe Sarrazin „die Ideologie rassischer
Überlegenheit und von Rassenhass verbreitet“ und zu „rassistischer
Diskriminierung angestiftet“, stellte das CERD fest. …
Ebendies hatte die Berliner Staatsanwaltschaft verneint und
in Sarrazins Äußerungen keine Gefährdung des öffentlichen Friedens erkennen
wollen. Mit dieser Entscheidung „hat Deutschland seine Verpflichtung aus der Antirassismuskonvention
verletzt, eine eventuelle Gefährdung des öffentlichen Friedens effektiv zu
untersuchen“, moniert der UN-Ausschuss. Die nationale Gesetzgebung Deutschlands
entspreche bislang nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der
Antirassismuskonvention.
Der CERD empfiehlt Deutschland, „seine Politik und Verfahren
mit Blick auf die Verfolgung mutmaßlicher rassendiskriminierender Äußerungen
sowie der Behauptung rassischer Überlegenheit zu überprüfen“ und in Einklang zu
bringen mit den Bestimmungen der UNO-Konvention.
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Die Entscheidung im englischen Wortlauthttp://www2.ohchr.org/English/bodies/cerd/docs/CERD-C-82-D-48-2010-English.pdf
Zusammenfassung der Argumente siehe auchhttp://www.tagesspiegel.de/berlin/rassismus-vorwuerfe-un-ruegen-deutschland-wegen-sarrazin/8082520.html
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Internationales
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung
vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II S. 961)
http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/user_upload/PDF-Dateien/Pakte_Konventionen/ICERD/icerd_de.pdfNicht Sarrazins Traum: I have a dream - Ich habe einen Traum Martin Luther King in Washington, 1963 http://www.planet-wissen.de/politik_geschichte/persoenlichkeiten/martin_luther_king/buergerrechtsbewegung.jsp |