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Donnerstag, 29. März 2012

"Der Wille der Rasse spricht im Autobahn-Bau": Fritz Nonnenbruch und die Ideologie von der "rassebedingten Genialität“

“Publikationen aus dem Hoheneichen-Verlag wirken bis heute auch in die gesellschaftliche Mitte hinein, so z.B. das 1939 in der 1. Auflage erschienene Buch „Politik, Technik und Geist“ des seinerzeit leitenden Wirtschaftsredakteurs des „Völkischen Beobachter“, Fritz Nonnenbruch. Nonnenbruch verstand Technik als Ausdruck von „rassebedingter Genialität“ und propagierte ein „völkisches Schöpfertum“. (Vergleiche die Sorge von heute, nur Menschen einer bestimmten Abstammung könnten aktuell gemeldete und künftige Lücken bei den MINT – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik – Berufen füllen.)”
http://guttmensch.blogspot.com/2011/12/hate-speech-hassrede.html

Siehe auch auf diesem Blog Stichworte “Genie”, “Genius”, "Nonnenbruch";
Auszüge aus dem dem 1939 erschienenen Buch "Politik, Technik und Geist" von Fritz Nonnenbruch auf  http://zettelmaus.blogspot.com/2012/05/wunderbare-kriegstechnik.html


  • Nonnenbruch, geboren 1895 in Bordeaux, setzte in seinem Buch eine Klammer zwischen Technik und biologistischer Ideologie, indem er die großen historischen Entwicklungslinien der Technik aufgespürt zu haben glaubte, Technik als Ausdruck von „rassebedingter Genialität“ verstand und zugleich ein „völkisches Schöpfertum“ propagierte. http://de.goldenmap.com/Hoheneichen-Verlag

Auf diesem Post stelle ich erste Ergebnisse einer schnellen Suche nach weiteren Werken von Fritz Nonnenbruch und Informationen über die von ihm propagierte Ideologie von Rasse/ Genialität/ Technik/ Wirtschaft zusammen. Er soll nach und nach ergänzt werden.

Fritz Nonnenbruch
1895 -
Die dynamische Wirtschaft  2 editions - first published in 1936
Das vereinigte Europa 1 edition - first published in 1925
Neuordnung in Europa 1 edition - first published in 1939
Politik, Technik und Geist 1 edition - first published in 1939


Hitler's economy: Nazi work creation programs, 1933-1936
By Dan P. Silverman
http://books.google.com/books?id=ad6Vs508nDkC&pg=PA289&lpg=PA289&dq=fritz+nonnenbruch&source=bl&ots=ijmPMydaRo&sig=Tln4R7Le5kRIfat_ktW6jEpDoVk&hl=sw&sa=X&ei=GJh0T5CFL4SChQf77uylBQ&ved=0CEIQ6AEwBQ#v=onepage&q=fritz%20nonne
Zitiert Dr. Fritz Nonnenbruch: "Rasse, Gesinnung, Führung in der Wirtschaft", “Das erste Ziel unserer Wirtschaftspolitik", “Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik”
  • Nonnenbruch, Fritz, Druckstück betreffend seine Anschauungen einer nationalsozialistischen Wirtschaftsordnung (1935). Institut deutsche Adelsforschung, Pressevorkommen aus dem Dritten Reich 1935-1945; Nachweisregister zu 2.316 Druckstücken aus der deutschen Zeitgeschichte http://home.foni.net/~adelsforschung2/druckstuecke01.htm


(2005) III. Ideologie und Praxis der NS-Motorisierungspolitik. Motorisierung und "Volksgemeinschaft": pp. 151-190. Autorin: Dorothee Hochstetter
http://www.oldenbourg-link.com/doi/abs/10.1524/9783486596304.151 ;
http://www.oldenbourg-link.com/doi/pdf/10.1524/9783486596304.bm
Mit einem Quellenhinweis auf Fritz Nonnenbruch; auch sonst lesenswert.

Auszüge:
“Adolf Hühnlein verkündete in einer Ansprache vor NSKK-Mitgliedern 1938: „Wir sind keine Techniker, wir sind keine Kraftfahrer, keine Spediteure, keine Transporteure. Wir sind unserer inneren Struktur und unserer geschichtlichen Entwicklung nach die motorisierte SA."(1)”
“Die Selbstdarstellung als unpolitische Technokraten,(19) die ihre Bestimmung darin sahen, Sachaufgaben bestmöglich zu erfüllen, ähnelt dem technokratisch orientierten Selbstverständnis eines Rudolf Höß, Albert Speer oder Fritz Todt - vorgeblich unpolitischen Experten, die indes an der Verlängerung des Krieges und der Durchführung des Holocaust einen entscheidenden Anteil hatten ...(20) Dass sich ... kein Widerspruch, sondern vielmehr eine effektive Verbindung aus technischen Aufgaben und politisch-militärischen Inhalten herstellen lässt,belegen die Aktivitäten des NSKK in der gesamten Zeit seines Bestehens.”
“Die Motorisierung wurde von Hitler zu einem Gradmesserr die Kulturstufe eines Volkes erklärt: “Wenn man früher die Lebenshöhe eines Volkes oft nach der Kilometerzahl der Eisenbahnen zu messen suchte, wird man in der Zukunft die Kilometerzahl der für den Kraftverkehr geeigneten Straßen anzulegen haben.””
(Anm.: Auch Henry Ford – s. Stichwort “Ford” auf diesem Blog - dürfte das sehr gut gefunden haben. Man kann sich vorstellen, wie er dazu kam, freudig den Nazi-Adlerorden aus einem Land anzunehmen, das wie eine Spielwiese für Heilsversprecher war. - Der amerikanische Bestseller-Autor Seth Godin erinnert daran, dass wir Ford nicht nur Autos und die für die Autos gebauten Autobahn-Systeme verdanken, sondern auch unsere Erwartungen an die Arbeit und die Grundlagen unserer modernen, vom Ideal der Produktivitätsmaximierung bestimmten Lebensweise. “Henry Ford left us much more than cars and the highway system we built for them. He changed the world’s expectations for work. … This is the cornerstone of our way of life.“
http://sethgodin.typepad.com/seths_blog/2008/04/henry-ford-and.html)

“Um dem starken Abgrenzungsbemühen gegen die „dunklen Jahre" der deutschen Geschichte nachzukommen, avancierte das „Leitbild des motorisierten Leistungs- und Wohlstandsindividualisten"(23) zum bundesdeutschen Gesellschaftsideal. Die Ablehnung des Tempolimits 1952 wollten Autolobbyisten als Votum gegen die Unfreiheit und den Untertanengeist im „Dritten Reich" verstanden wissen.(24) Auch wenn solcherlei Aussagen das neuartige Lebensgefühl als Kontrapunkt kollektivistischer Vereinnahmung verbalisierten, hatte die motorisierungsfreundliche Sprache der Nachkriegszeit mehr mit der NS-Propaganda gemein, als die bundesdeutschen Verkehrspolitiker dies wahrhaben wollten.”

Briefmarke "Reichsautobahn", 1936

"Der Wille der Rasse spricht im Autobahn-Bau".
Fritz Nonnenbruch, "Die dynamische Wirtschaft", 1935 (S. 153). Zitiert nach Jeffrey Harf, "Reactionary Modernism: Technology, Culture, and Politics in Weimar and the Third Reich", Cambridge University Press, 1986; zurückübersetzt aus dem Englischen  ("the will of the race speaks in higway construction")
http://books.google.com/books?id=QRHbrqzywrcC&pg=PA208&lpg=PA208&dq=%22fritz+nonnenbruch%22&source=bl&ots=9zspzgqmvI&sig=oV_cZHVeMnYtlDw3HO3k6AAdQt0&hl=sw&sa=X&ei=Y1R1T4K3C6LH0QXwtMjIDQ&sqi=2&ved=0CEoQ6AEwBg#v=onepage&q=%22fritz%20nonnenbruch%22&f=false
Stichworte aus der Inhaltsangabe zu dem Buch von Jeffrey Harf: The paradox of reactionary modernism -- The conservative revolution in Weimar -- Oswald Spengler: bourgeois antinomies, reactionary reconciliations --
Ernst Jünger's magical realism -- Technology and three mandarin thinkers -- Werner Sombart: technology and the Jewish question -- Engineers as ideologues -- Reactionary modernism in the Third Reich



“Es erfüllt uns mit Stolz, so viele schwangere Frauen wie möglich zu haben”.
Zitat in englischer Uebersetzung, verwendet in einer Ausstellung in London, 1944 "Germany- the Evidence": 'It fills us with pride to have as many pregnant women as possible' - Dr. Fritz Nonnenbruch [14th] July, 1940
http://digitalassets.ushmm.org/photoarchives/detail.aspx?id=1175362&search=WOMEN&index=25
Vgl. Stichwort "Geburtenkrieg" auf diesem Blog

(Dieses Fritz Nonnenbruch zugeschriebene Zitat dürfte aber eher von dem Arzt und "Rassenhygieniker" Dr. Wilhelm Nonnenbruch sein, Jahrgang 1887 (Bruder von Fritz?). Auzug aus dem Wikipedia-Eintrag zu W. N.: "Nonnenbruch nahm am 27. Januar 1944 an einer Tagung im Rüstungsministerium teil, wo die Verwendung des Zelluloseabfallprodukts Mycel als Nahrungsersatz für KZ-Häftlinge diskutiert wurde. http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Nonnenbruch )


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Noch zur Idee von der rassebedingten technischen Begabung:



Der Nazi-“Rassenpapst” Hans F. K. Günter (von ihm war auf diesem Blog schon mehrfach die Rede) führte in Dresden eine Studie durch, die den Nachweis erbringen sollte, dass Strassenbahnführer mehr “nordisches Blut” haetten als Strassenbahnschaffner. Dies war dann natürlich auch das Ergebnis.
Referenz:  The End of the Soul: Scientific Modernity, Atheism, and Anthropology in France, von Jennifer Michael Hecht, Columbia University Press, 2005
http://books.google.de/books?id=MAw5Ol_VnmwC&dq=%22hans+f.k.+guenter%22&source=gbs_navlinks_s

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Auch Fritz Nonnenbruch stilisierte sich, ähnlich wie z.B. der Eugeniker und Nazi-Propagandist Erwin Liek (s. Stichworte "Liek" und "Ketzer" auf diesem Blog), gern als mutiger Tabubrecher.
Nonnenbruch-Zitat, gefunden auf dem Forum einer "germanischen Weltnetzgemeinschaft" (Copyright "Jelsoft Enterprises Ltd."; Schlagwort "Odin statt Allah"): "Es ist ein Wagnis, eine neue Anschauungswelt darzustellen. In jede Lücke drängen alte Vorstellungen mit voller Wucht kritisch ein. Die alte Anschauungswelt hat tausend Blößen. Sie werden ihr verziehen. Einer neuen läßt man dagegen nicht die geringste Blöße hingehen. Fritz Nonnenbruch"

http://forum.thiazi.net/showthread.php?p=368975




Copyright-Inhaber ist Jelsoft Enterprises Ltd. übrigens nicht nur für das "Thiazi Forum" der "germanischen Weltnetzgemeinschaft" (s. voriger Absatz), sondern auch für eine Webseite namens "Physics Forums", die im Auftrag der Hubert Burda Media UK LP Fach- und Hobby-Zeitschriften präsentiert.
http://physicsforums.tradepub.com/?pt=adv&page=Hubert%20Burda%20Media%20UK%20LP

 
Eine Google-Suche mit der Kombination "jelsoft enterprises" "burda media" ergibt über 800 Treffer.
https://www.google.com/#hl=sw&sclient=psy-ab&q=%22jelsoft+enterprises%22+%22burda+media%22&oq=%22jelsoft+enterprises%22+%22burda+media%22&aq=f&aqi=&aql=&gs_l=serp.3...6656l8975l0l10178l7l6l0l0l0l0l1707l2267l5-1j8-1l2l0.frgbld.&pbx=1&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.,cf.osb&fp=84e552ce92b6ee65&biw=1024&bih=522

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Publikationen aus Dietrich Eckarts Hocheneichen-Verlag (siehe auch Stichworte "Eckart" und "Hoheneichen" auf diesem Blog) hatten auch nach dem 2. Weltkrieg einflussreiche Anhänger.
Siehe z.B. Wikipedia-Eintrag zu Hans Koch (Historiker, 1894 - 1959)
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Koch_(Historiker)

 Auszug (Hyperlinks entfernt):
 
"1955 kam es zu einem Skandal, über den auch im Deutschen Bundestag diskutiert wurde. Koch hatte dem Buch Marxismus, Leninismus, Stalinismus. Der geistige Angriff des Ostens, erschienen in München beim Hoheneichen-Verlag, eine offizielle Empfehlung gegeben. Bei näherer Untersuchung stellte sich aber heraus, dass es sich bei dem Namen des Autors, Helmut Steinberg, um ein Pseudonym von Heinrich Härtle handelte, einem ehemaligen Mitarbeiter Alfred Rosenbergs. Während des Nationalsozialismus hatte Härtle bereits verschiedene politisch-ideologische Schriften im Zentralverlag der NSDAP veröffentlicht. Sein Buch von 1955 stellte im Prinzip eine Neuauflage seines bereits 1944 erschienenen Werkes Die ideologischen Grundlagen des Bolschewismus, Marxismus, Leninismus, Stalinismus dar, das er nur in einigen, das NS-Regime verherrlichenden Passagen überarbeitet hatte. Versehen mit einer Einleitung Rosenbergs wurde darin der „völkisch-rassische Realismus“ als Abwehr gegen den Kommunismus propagiert, weil er der „arteigenen natürlichen Totalitätsidee des Nationalsozialismus“ entspreche.
Die Opposition im Bundestag forderte deswegen die Entlassung Kochs und eine Sperrung der Subventionen für sein Institut. Doch der damalige CDU-Innenminister Gerhard Schröder wehrte diese Forderung ab und setzte sich für Koch ein."

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Interessant der Gebrauch der Begriffe "Freiheit", "freie Rede" u.ä., wenn es um Propagierung von Nazi-Ideengut geht. Der NS-Ideologe Heinrich Härtle erhielt einen Preis der NPD-nahen "Gesellschaft für freie Publizistik (GfP)".
http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_H%C3%A4rtle
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesellschaft_f%C3%BCr_Freie_Publizistik 
Nach dem gleichen Muster behaupten auch die Proponenten der "Neuen Rechten" und des "Counterdschihad" gern, es gäbe eine Unterdrückung der freien Rede und einen Zwang zu "politischer Korrektheit", wenn sie Hassparolen verbreiten.

 
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Fundstellen mit “Wille der Rasse” 
 
books.google.com/books?isbn=3465033671
... damit am Ende die Überzeugung herrsche, dass »in der Zivilrechtsordnung der Wille der Rasse der Wille Gottes ist« ,3° kann man nicht anders als bedauern, ...
 
books.google.com/books?isbn=3826030508
Jaap Grave, ‎Peter Sprengel, ‎Hans Vandevoorde - 2005 - ‎Anarchism in literature
Es ist der Wille der Rasse.30 Van Eeden zufolge gibt es so etwas wie eine Kooperation des selbstbestimmenden Ichs und der alles bestimmenden Entelechie.
 
 
pdf6679.wuedbooks.com/das-unbewusste-als-schouml...
Denn der unbewusste Wille der Rasse ist starker als die bewusste Absicht des intellektes." 57. Rahner dogm.Anthropologie_ Vorlesung 1959_ Innsbruck.
 

Samstag, 10. März 2012

Schnäppchen! Schallmayers Exemplar von Galtons "Hereditary Genius" auf dem antiquarischen Buchmarkt

Gefunden bei AbeBooks (Stand 17.3.2012)

Hereditary Genius An Inquiry into its Laws and Consequences
Galton, Francis
Bookseller: Antiquariat Niedersaetz Berlin-Zürich (Berlin, B, Germany)
  Book Description: ... Name auf Vorsatz: "Dr. W. Schallmayer, 9. Nov. 04" Wilhelm
  Schallmayer (1857 - 1919), deutscher Arzt, Begründer der Rassenhygiene in
  Deutschland.
  Price: US$ 627.15
http://www.abebooks.com/servlet/BookDetailsPL?bi=1352536240&searchurl=kn%3Dschallmayer%2Bgalton%26sts%3Dt%26x%3D47%26y%3D11


Dieses Exemplar des (von Sarrazin positiv erwaehnten) Buches, mit dem Francis Galton die Eugenik-Lehre begruendete, aus dem Bestand des Mitbegruenders der Rassenhygiene in Deutschland, Wilhelm Schallmayer, kann man trotz des stolzen Preises getrost als Schnaeppchen bezeichnen.
Immer noch geistert ja der Glaube herum, die Eugenik-Lehre Galtons und die "Rassenhygiene" in Deutschland seien unabhaengig voneinander entstanden.

Es gibt allerdings auch ohne diesen anfassbaren Beleg genuegend Nachweise, dass dem nicht so ist (z.B. reichlich Literaturhinweise auf Galton in Werken deutscher "Rassenhygieniker", Informationen zur Entstehungsgeschichte des Begriffs "Rassenhygiene" in der Galton-Biographie seines Mitarbeiters Karl Pearson und nicht zuletzt die Tatsache, dass auch in englischsprachigen Laendern der Begriff "racial hygiene" verwendet wurde). Deshalb ist mir die Investition zu hoch. Fuer ein Institut oder Museum, das die Ideengeschichte des NS-Rassenstaats zum Thema hat, waere dieses Buch, das auch Anstreichungen und Randbemerkungen enthaelt, aber sicherlich eine sehr sinnvolle Anschaffung. 


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Weitere interessante Funde aus der gleichen Suche bei AbeBooks (Suchworte Rassenhygiene Galton)

EUGENIK. - Mit 34 Abbildungen auf Tafeln und Text.
MUCKERMANN, Hermann

  Bookseller: CO-LIBRI (Bremen, HB, Germany)
  Book Description: Berlin - Bonn, Ferd. Dümmlers Verlag, 1934

Die Rassenhygiene in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. München, J.F.
Lehmanns Verlag, 1913, 8°, VIII, 237, (5) pp., mit einer Figur im Text ...
  Hoffmann, Géza v.:
  Bookseller: Medicusbooks (Marburg, N/A, Germany)
  Book Description: Erste Ausgabe!"Der englische Naturwissenschaftler Francis
  Galton (1822-1911), der als eigentlicher Begründer der Eugenik gilt,
  definierte sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als "die
  Wissenschaft, die sich mit allen Einflüssen befasst, welche die angeborenen
  Eigenschaften einer Rasse verbessern und welche diese Eigenschaften zum
  größtmöglichen Vorteil der Gesamtheit zur Entfaltung bringt". Er verstand
  Eugenik sowohl als wissenschaftliches als auch ein sozialpolitisches Programm
  und sie unterstand somit einem spannungsgeladenen Dreieck von Wissenschaft,
  Politik und Öffentlichkeit. Eugenische Ideen in den verschiedensten
  Ausformungen wurden von allen weltanschaulichen Richtungen vertreten. Wenn
  dies auch in unterschiedlichem Ausmaß passierte und eugenisches Gedankengut
  nicht unumstritten blieb, so kam es doch in sehr vielen Ländern zur Gründung
  von eugenischen Vereinen und Gesellschaften, die konkrete eugenische Maßnahmen
  verlangten. In den Jahren 1907 und 1909 wurden in den US-Bundesstaaten Indiana
  und Kalifornien die ersten Sterilisationsgesetze beschlossen, bis 1912 folgten
  weitere 10 Bundesstaaten. In Nazi-Deutschland wurde 1933 das "Gesetz zu
  Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlassen. Ebenso griffen andere Länder zur
  "surgical solution": die kanadische Provinz Britisch-Columbia 1933, Norwegen
  und Schweden 1934, Finnland 1935, Estland 1936 und schließlich Island 1938.
  Dänemark verschärfte 1934 sein seit 1929 bestehendes Sterilisationsgesetz,
  ebenso die kanadische Provinz Alberta 1937." Monika Löscher, Eugenik in
  katholischen Milieus/Netzwerken in Österreich vor 1938, p.1Hoffmann, Géza
  (1885-1921), Konsul; Eugeniker.siehe - Gulyás, Pál: Magyar ¡rók : Élete és
  munkái. éj sorozat / irja és szerkeszti Gulyás Pál. - Budapest , 1939-1995. -
  17 köt.: Aaron - Lyka, Károly. Bookseller Inventory # 46846



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Aus
THE MEN BEHIND HITLER -
A German warning to the world. by Bernhard Schreiber
CHAPTER II
, THE SURVIVAL OF THE FITTEST; http://www.toolan.com/hitler/survive.html

(Einfuehrung: http://www.toolan.com/hitler/index.html)

“In 1900 the founder of racial hygiene in Germany, Dr. Alfred Ploetz, participated in an essay contest. It was sponsored by the industrialist Alfred Krupp, who gave a prize for the best essay on the subject "What can we learn from the principles of Darwinism for application to Inner Political development and the laws of the state?"
Many people entered, and most essays agreed that a biological blue-print and a group of biologically fit must maintain a pure strain to ensure the further existence of the state.
Wilhelm Schallmeyer, who won first prize, interpreted culture society, morality, and even "right" and "wrong" in terms of the struggle for survival. He wanted all laws brought into line with these concepts to prevent the white races from degenerating to the level of the Australian Aborigines. Such a degradation would be unavoidable if society continued to pander to the physically or mentally weak. His colleague, Dr. Alfred Ploetz, endorsed the whole essay and supported the superiority of the Caucasian race from which, of course he excepted the Jews' while the Aryans were claimed as the apex of racial perfection.  
(Anm. Blogger: Schallmayer ist hier irrtuemlich “Schallmeyer” geschrieben.- Das eindeutig antisemitische Element bei Ploetz kam nach anderen Quellen erst spaeter hinzu; es wurde zunaechst “nur” ein “Anderssein” der Juden proklamiert. Ansaetze zu antisemitischen Elementen der Eugenik gab es schon frueh sowohl in England als auch in Deutschland. Sie waren Teil des mit der Eugenik verbundenen, als “Rassenanthropologie” pseudo-wissenschaftlich verbraemten Rassismus, der sich zuerst gegen “Neger” und andere “Ureinwohner” von Europa aus eroberter Kontinente richtete. Daher wuerde ich im Element des Antisemitismus nicht einen fundamentalen Unterschied zwischen den fruehen Entwicklungen der Eugenik/ Rassenhygiene in England und in Deutschland sehen. Vielmehr zeigt sich im Rassismus der fruehen Eugenik die Anlage eines, wie es im Englischen so einpraegsam heisst, “slippery slope” – eines glitschigen Abhangs, also eines “Rutschbahn-Effekts”. Sobald die “Einheit des Menschengeschlechts” zur Humanitaetsduselei erklaert und die Menschheit mit pseudo-wissenschaftlichen Begruendungen in “hoeherwertige” und “minderwertige” Gruppen eingeteilt wurde, gab es kein Halten mehr.)

In 1904 the first chair in Eugenics and working society in Eugenics were instituted at University College, London, and these led to the establishment of the Galton Laboratory of National Eugenics in 1907. Soon Eugenics groups began to spring up all around the world. In 1908 the Eugenics Education Society (renamed the Eugenics Society in the 20's) was founded in England and in 1910 the Eugenic Record Office in the United States. Both institutes used the research results of the Galton Laboratory of National Eugenics to propose practical applications, and they made it their task to intensely propagandise the eugenic idea to the public.

Dr. Alfred Ploetz, the same man who had assisted Schallmeyer with his prize essay, in 1905 founded the "Gesellschaft für Rassenhygiene" [Society for Racial Hygiene] in Germany. Later it changed its name to "Gesellschaft für Rassenhygiene (Eugenik)", which means the Society for Racial Hygiene (Eugenics). This change of name took place after Galton's announcement that racial hygiene and eugenics were in fact synonymous terms. These terms used in the German language were not only interchangeable, but racial hygiene was taken to be the German translation of eugenics. As racial hygiene was closely connected with political anthropology - a pseudo-science developed by Gobineau - eugenics was used as the scientific basis upon which racialist and political ideas, especially those of the Nazis, were based.

In 1904 Dr. Alfred Ploetz founded the journal "Archiv für Rassen-und Gesellschaftsbiologie" [Archive for Racial and Social Biology] which after one year of existence became the official organ of the "Gesellschaft für Rassenhygiene" [Society for Racial Hygiene], which Ploetz had created. A co-founder of this society was the later world-famous psychiatrist and racial hygienist, Professor Dr. Ernst Rüdin.”



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Noch ein Schnaeppchen (Nov. 2013)

 
"From the Smithsonian Inst. Library"

Book Description: J. H. Lehmanns. Hardcover. Book Condition: Very Good. Illustrated (illustrator). 1st Edition. Roy 8vo. ** From the Smithsonian Inst. Library with printed numbers. & S. I. Library in gilt lettering at bottom of spine. Original stiff paper wraps bound-in. VERY NICE condition. PRICE: For volumes 19-24(6 Vols.): $500.00 - For volumes 27-30(4 Vols.): $350.00. Bookseller Inventory # 013028


Mehr zum Thema Nostalgie


Früher, da herrschten noch Sitte und Recht –
Ein Herr war ein Herr, und ein Knecht war ein Knecht!
Où sont les neiges d'antan?
Wo ist der Schnee vom vergangenen Jahr?
Où sont les neiges d'antan?
Où sont les neiges, les neiges d'antan?

Aus einem Lied von Ulrich Roski, “Wo Ist Der Schnee Vom_Vergangenen_Jahr”



Hat der DDR-Funktionaer Erich Correns den spaeteren Sarrazin-Ideengeber Volkmar Weiss dabei unterstuetzt, Traditionen der Forschung im Sinne der "Rassenhygiene" wieder zu beleben? Weiss selbst verwies auf einen Artikel, in dem dies - positiv gemeint - nahe gelegt wird, und zwar mit ausdruecklichem Bezug darauf, dass Erich Correns der Sohn des Genetikers Carl Correns war. Spielten das Gedenken an Carl Correns (1864-1933), Mitglied des 1920 gegruendeten "Beirats fuer Rassenhygiene", und nostalgische Rueckbesinnung auf eine vermeintlich "reine", noch nicht vom Nazi-Regime angeeignete Form der Eugenik/ Rassenhygiene, eine Rolle bei der Foerderung eugenisch-rassenhygienisch orientierter "Intelligenzforschung" in der DDR? 
(S. voriger Post; http://guttmensch.blogspot.com/2012/03/seltsame-wege-der-nostalgie.html)

Das Thema "Nostalgie" im Zusammenhang mit Tendenzen zur Wiederbelebung der Eugenik/ Rassenhygiene ist einer weiteren Vertiefung wert. Ich lege hier erst einmal einen Zettel an, um nach und nach Funde zu diesem Thema hinzu zu fuegen.

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"Mit seiner nostalgischen Beschwörung der alten Bundesrepublik bedient Sarrazin nostalgische Sehnsüchte nach einer Vergangenheit, die so nie existiert hat."
Daniel Bax in der TAZ vom 05.09.2010 (Kommentar "Nein zum Salonrassismus"), http://www.taz.de/!57939/

(Die "alte Bundesrepublik", das war auch die Bundesrepublik, in der Kontinuitaeten - wie etwa das Weiterwirken des Mengele-Chefs Von Verschuer im Wissenschaftsbetrieb - noch nicht thematisiert wurden.)


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Literatur und Wissenschaft im Dienste des “Dritten Reichs”:
Der wendige Paul Fechter und seine Kreise

Aus dem Klappentext des Gedichtbands “Ahorndekade” von Hans Christian Sarrazin (Vater von Thilo Sarrazin), Laumann-Verlag Dülmen, 1993:(Hervorhebungen von mir)

Hans Christian Sarrazin … begann 1934 mit dem Studium der Gemanistik, die er nach einigen Semestern mit der Medizin vertauschte. … Truppenarzt in Frankreich und Italien … Leiter der sozialmedizinischen Abteilung eines Knappschaftskrankenhauses und, bis heute, ärztlicher Gutachter für die Sozialgerichte. … Den ersten Druck eines Gedichtes besorgte 1937 Paul Fechter in der Deutschen Allgemeinen Zeitung. …”

 




  • Es liegt nahe, sich zu fragen, ob die hier genannte langjährige Tätigkeit für Sozialgerichte auch zeitweilige Tätigkeit für ein “Erbgesundheitsgericht” einschließt. (Aufgabe war hier insbesondere die Begutachtung "Schwachsinniger" im Hinblick auf Zwangssterilisation; s. Stichwort "Erbgesundheitsgericht" auf diesem Blog.) Was aus den wenigen, aber bemerkenswerten Angaben zur Biographie (einschließlich auch des stolzen Hinweises auf den Kontakt zu Paul Fechter, s.u.) zu entnehmen ist, spricht eher dafür als dagegen.

    Erbgesundheitsgerichte vor, Sozialgerichte nach Ende des 2. Weltkriegs: Gibt es Traditionslinien? - Stoff zum Nachdenken/ Weiter-Recherchieren
    “Landessozialgericht NRW, L 13 R 114/05 Tenor: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 29. April 2005 wird zurückgewiesen. …
    Tatbestand: 1 Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der Zeit vom 31.5.1938 bis zum 20.12.1943 als Verfolgungsersatzzeit. Der am 00.00.1924 geborene Kläger wurde laut einer ärztlichen Bescheinigung vom 12.2.1954 am 13.1. 1933 unter der Diagnose "Imbecillitas minor (1a)" in die "Westfälisch evangelische Heil- und Pflegeanstalt X" (Kreis N) verbracht und am 6.11.1941 in die "Q- Heilanstalt H" verlegt, wo er bis zum 7.2.1942 verblieb. Anschließend befand er sich bis zu seiner Entlassung am 14.12.1943 in der Qheilanstalt E. Aufgrund Beschlusses des "Erbgesundheitsgerichts" Dortmund vom 30.4.1943 (13a XIII 10/43) wurde er am 24.11.1943 "wegen angeborenem Schwachsinn" sterilisiert. Seinen Antrag auf Entschädigungsleistungen für Schaden an Körper und Gesundheit, für Schaden an Freiheit, im beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommen vom 6.7.1958 lehnte der Regierungspräsident Detmold mit Bescheid vom 29.8.1958 ab … Aus den vom Kläger beigebrachten Beweisunterlagen gehe eindeutig hervor, dass der Kläger unter das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses gefallen und wegen angeborenen Schwachsinns sterilisiert worden sei. Unfruchtbarmachungen auf Grund von Beschlüssen des Erbgesundheitsgerichts stellten grundsätzlich keine nationalsozialistische Gewaltmaßnahme im Sinne des BEG dar. ...”
    http://www.jusmeum.de/urteil/lsg_nrw/0d22a7998681dbde674072a65f969d8900027d472ddf3b6f985d1af1e37b3f0d





Wer 1993 im Alter von fast 80 Jahren auf jahrzehntelange Tätigkeit als “Leiter der Sozialmedizinischen Abteilung eines Knappschaftskrankenhauses” und “ärztlicher Gutachter für die Sozialgerichte” zurückblicken konnte, wird  während seiner Laufbahn sicher auch zu Fragen der Entschädigung für Zwangssterilisierte konsultiert worden sein. Wenn diese Tätigkeiten bis in die Zeit vor 1945 zurückreichen sollten, dürften solche Funktionen es auch mit sich gebracht haben, an Entscheidungen über die Unfruchtbarmachung z.B. für  schwachsinnig gehaltener Menschen selbst mitzuwirken. Personelle Kontinuitäten beim Kreis der herangezogenen Gutachter waren nicht selten; siehe z.B. Stichwort “Villinger” auf diesem Blog. - Gerade Knappschaftskrankenhäuser waren ein wichtiger Teil der “Fürsorgestrukturen”, die in der Nazi-Zeit in den Dienst der “Rassenhygiene” gestellt worden waren. Beispiel Recklinghausen:
“Durch den Runderlass des Reichsinnenministeriums vom 13.03.1934 waren das evangelische Krankenhaus in Castrop-Rauxel zur Durchführung von Zwangssterilisationen bei Männern und das Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen zur Durchführung von Zwangssterilisationen bei Frauen und Männern und mit Runderlass vom 01.07.1936 sogar zur Durchführung der Zwangssterilisation mit Röntgen- und Radiumbestrahlung ermächtigt worden. Im evangelischen Krankenhaus wurden 62 Eingriffe vorgenommen. Im Knappschaftskrankenhaus dürfte es das Vielfache dessen gewesen sein. Leider sind die entsprechenden Akten in beiden Krankenhäusern vernichtet worden. Aufschluss dürften da nur noch die über 3000 Akten aus Verfahren der sog. Erbgesundheitsgerichte in etwa 800 Kisten im Landesarchiv NRW geben.”
Aus dem Aufruf “Den Opfern der Euthanasie einen Namen geben”, 19. Januar 2012


Aus einem Angebot des Antiquariats Tautenhahn, Lübeck
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Fechter, Paul: Moeller van den Bruck. Ein politisches Schicksal … (= Die deutsche Innerlichkeit). Frundsberg, Berlin, 1934. - Beiliegend: Prospekt des Verlages Korn/Breslau "Moeller van den Bruck. Künder des Dritten Reiches. Zum 10jährigen Todestag 1925-1935"

Aus einer Buchbeschreibung des Berliner Antiquariats Fundus-Online GbR (Borkert Schwarz Zerfaß) zu Paul Fechters “Geschichte der deutschen Literatur”, Ausgabe 1952, Bertelsmann, Gütersloh:
“Schon eigenartig, wenn jemand 1952 in der Neufassung seiner Literaturgeschichte Gottfried Keller wie folgt zitiert: "Werft diesen Wust verblichener Schrift ins Feuer!". Aber er meinte damit wohl vor allem seine eigene Ausgabe von 1942 in der er Hitlers "Mein Kampf" wie folgt lobte: Das Buch, das alle die verschiedenartigen Strebungen und Tendenzen der großen nationalsozialistischen Bewegungen in sich zusammenfaßt, das den Übergang zu der neueren Form des Sprechens zum Leser am schärfsten vollzieht und damit die Grundlagen der Literatur schafft, [ ] ist Adolf Hitlers Bekenntnisbuch ›Mein Kampf‹."
http://www.abebooks.com/servlet/BookDetailsPL?bi=8528979311&searchurl=an%3DFECHTER%252C%2BPAUL%26bsi%3D60%26sortby%3D1

Volker Peckhaus in “Der nationalsozialistische „neue Begriff“ von Wissenschaft am Beispiel der „Deutschen Mathematik“ – Programm, Konzeption und politische Realisierung” (Philosophische Fakultät der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, 1984):

(S. 70)
"(Der Rostocker Mathematiker G. Thomsen) … prägte den Begriff des ”Fachsoldaten des Dritten Reiches“ … Vgl. dazu den wohlwollenden Artikel von [Paul] Fechter, ”Hochschulgefahren?  Die notwendigen Fachsoldaten des Dritten Reichs“, Deutsche Zukunft (Berlin) 2 (1934), v. 10.6.1934”

(S. 33)
“… Rosenberg (äußert) am 7.11.1934 zur Semestereröffnung der Münchener Universität den ”Glauben“ … , daß nicht Kulturen Völker erzeugen, sondern daß bestimmte Rassen und Völker Kulturen erschaffen …”

Alfred Rosenberg, ”Freiheit der Wissenschaft“, in: ders., Gestaltung und Idee. Blut und Ehre II. Bd. Reden und Aufsätze von 1933-1935, hg. v. Thilo von Trotha, München 1936 ... Vgl. dazu die Einführung v. Trothas: ”Der Freiheit einer wahrhaft germanischen völkischen Wissenschaft, nicht allerdings einer liberalen verantwortungslosen Forschung, gegenüber den noch immer wirksamen Dunkelmännern, hat Rosenbergs Kampf in ganz besonderem Maße immer gegolten“ …”


(Wenn Sarrazin Senior auf seine Beziehung zu Paul Fechter so stolz war, dass dieser sogar noch im Klappentext zu seinem 1993 erschienenen Buch eigens erwähnt wird, war er auch von Alfred Rosenbergs Mitarbeiter Thilo von Trotha begeistert, der weitgehend ähnliche Ideen propagierte? Und wenn, könnte dies einen nachhaltigen Einfluss auf die Gedankenwelt seines im Februar 1945 geborenen Sohnes Thilo gehabt haben?)



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Sebastian Maaß: Kämpfer um ein drittes Reich
"Arthur Moeller van den Bruck und sein Kreis. ... Als Moeller van den Bruck 1925 starb, hinterließ er mit seinem Hauptwerk Das dritte Reich (1923) ein Buch, das einer ganzen Epoche ihren Namen geben sollte. Doch das Reich des Konservativen Revolutionärs Moeller war ein ganz anderes, als jenes, das 1933 verwirklicht werden sollte. ... Diese wissenschaftliche Studie spürt dem wegweisenden jungkonservativen Denker und seinem Kreis nach, deren gegen Liberalismus und Parlamentarismus gerichtete Schriften die gesamte Konservative Revolution nachhaltig beeinflußten. ..."

Anm.: Nostalgie nach dem vermeintlich wahren "dritten Reich", dessen Idee von den Nazis nur missbraucht worden sei.... Das hörte sich 1934 aber anders an (s. oben, Paul Fechters Hommage an Moeller van den Bruck).

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Angst vor der "Herrschaft der Minderwertigen"
Jungkonservative Herrenclubs als Vorläufer des "Dritten Reichs"

(s. o. zu Moeller van den Bruck und dessen Biograph Paul Fechter, Förderer von Thilo Sarrazins Vater Hans Christian Sarrazin)
"Aber noch einmal zum hier vom Gauleiter Sprenger erwähnten "Deutschen Herrenklub". ...
Der DHK berief sich bei seiner öffentlichen Tätigkeit insbesondere auf die jungkonservativen Ziele, die Arthur Moeller van den Bruck in seinem Buch "Das dritte Reich" 1923 formuliert hatte ...
Äußerlich stand im Zentrum der politischen Tätigkeit Werner Bests als Student für viele Jahre seine Zugehörigkeit zum "Deutschen Hochschulring" (DHR). Dieser stand - zusammen mit seinem Förderkreis und Altherrenclub - ebenfalls Moeller von den Bruck nahe ...
Die meisten Vortragenden auf den Schulungswochen des DHR entstammten dem Umkreis des Berliner Juni-Clubs um Moller van den Bruck, Heinrich von Gleichen und Martin Spahn.
… Werner Best selbst schrieb noch nach 1945 über seine Zeit vor 1933 ... :
So verkehrte ich in "jungkonservativen" Kreisen, die unter der geistigen Führung von Moeller van den Bruck und Heinrich von Gleichen (...) ihre Gedanken vertraten und in ihren Klubs - "Juni-Klub", "Herren-Klub", "Jungkonservativer Klub" - Gelegenheit zum Treffen und zur Aussprache boten. …
Nach 1945 war es Werner Best dann geradezu ein Anliegen aufzuzeigen, wie der Nationalsozialismus insbesondere aus jenen rechtsintellektuellen Kreisen hervorgegangen wäre, in denen er, Best, sich selbst bewegt hatte, und daß die NSDAP und die SA von diesen rechtsintellektuellen Kreisen nur als "Massenbewegung" und "Fußvolk" benutzt worden wären!! Damit gibt er zugleich selbst an, daß seine eigenen geistigen und klüngelhaften Wurzeln im Umfeld von völkisch-jungkonservativen Geheimgesellschaften liegen, richtiger wohl: in ihnen selbst. Werner Best schreibt ...:
Arthur Moeller van den Bruck schuf den Begriff des "Dritten Reiches" (...). Graf Ernst zu Reventlow forderte einen "deutschen Sozialismus" (...). Edgar J. Jung rechnete in "Die Herrschaft der Minderwertigen" mit den Individualisten ab ..."








Die Herrschaft der Minderwertigen - Ihr Zerfall und Ihre Abloesung durch ein Neues Reich.  Edgar J. Jung.  Berlin, 1930


"Die Herrschaft der Minderwertigen - Ihr Zerfall und Ihre Abloesung durch ein Neues Reich.  Edgar J. Jung.  Berlin, 1930.  Verlag Deutsche Rundschau G.m.b.H.  (The Rule of the
Inferior - Your Disintegration and Replacement through a New Reich)  ... 
Most of the idealism presented in this book made it into Nazi law.  The author
was shot at Oranienburg during the 1934 Roehm Putsch. After the end of WW2, this
book was banned in Germany."

http://www.germandocuments.com/Rare_Books_2.html


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Rechtsextremismus im postnazistischen Deutschland

Hintergrund Verlag 5 Januar 2012
Von Hartmut Krauss


"... So findet die nazistische Sozialismus-Demagogie in Eduard Stadtlers „Deutschem Sozialismus“ und Oswald Spenglers „Preußischem Sozialismus“ ihre geistige Quelle und Vorbahnungen; Arthur Moeller van den Bruck vermittelt mit seinem Buch „Das Dritte Reich“ den Nazis nicht nur einen propagandistischen Schlüsselbegriff, sondern ‚beliefert‘ sie darüber hinaus mit einer Reihe weiterer ideologischer Kernelemente (aggressiv-expansiver Nationalismus, Antiliberalismus, Vermischung von Antimarxismus und Antisemitismus etc.); Ernst Jünger, Max Hildebert Boehm, Egar Julius Jung u. a. stellen mit ihrer Ästhetisierung des Kriegserlebnisses, der Beschwörung des ‚Frontkämpergeistes‘ und der Idealisierung des Opfertodes im Kriege geistiges Rüstzeug für die nazistische Heranzüchtung des deutschen Herrenmenschen zur Verfügung. In seiner differenzierten und instruktiven Studie über „Konservative Theoretiker des deutschen Faschismus“ hat Joachim Petzold (1982, S. 124) das Verhältnis zwischen ‚substanztheoretischem“ Jungkonservatismus und popular-demagogischer Nazibewegung folgendermaßen umrissen: Die Jungkonservativen „schufen das theoretische Fundament, von dem aus das Ziel und die Grenzen faschistischer Demagogie bestimmt werden konnten. ..."


http://europenews.dk/de/node/50921


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Angriff der Eliten – Von Spengler bis Sarrazin

"Nicht erst die Thesen Thilo Sarrazins und Peter Sloterdijks haben gezeigt: Der Debatte um „Elite“ wohnt die Tendenz inne, vom Bestehen gesellschaftlicher Funktionseliten auf die Existenz einer generell höher begabten Menschengruppe zu schließen. Die Befähigung zur „Elite“ wird schließlich auf die biologische Beschaffenheit einer privilegierten Gruppe zurückgeführt: ihre „Rasse“, vererbte Intelligenz oder genetische Veranlagung. Zugleich wird ein apokalyptisches Untergangsszenario entworfen, das Wirklichkeit werde, sollten sich die „Leistungsträger“ bevölkerungspolitisch nicht durchsetzen. Diese Vorstellungen sind nicht neu, denn sie stehen in Tradition der republikfeindlichen Theoretiker der Weimarer Zeit und einer „neuen“ Rechten. Neu ist vielmehr ihr medialer und gesellschaftlicher Erfolg. ...

Dr. Volker Weiß ist Historiker und Autor des Buches „Deutschlands Neue Rechte.
Angriff der Eliten – Von Spengler bis Sarrazin“ (2011)"


http://www.mbr-koeln.de/2011/07/28/angriff-der-eliten-von-spengler-bis-sarrazin/

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“Konservative Revolution” und SPD

 
Den Artikel "Rechte Genossen” von Peter Kratz (1999) http://www.bifff-berlin.de/SPD4.htm
fand Google mit der Suchkombination “Hans F. K. Günther” UND Hofgeismar. Es ging bei der Suche um ein schnelles Abchecken, ob es Bezüge geben könnte zwischen dem Nazi-“Rassepapst” Hans F. K. Günther und dem in Hofgeismar geborenen Journalisten und Verleger Joachim Günther alias Johann Siering, der in der Nachkriegszeit zeitweise mit Paul Fechter zusammenarbeitete.
 
Eine klare Antwort auf diese Frage ist dem Artikel nicht zu entnehmen, aber für eine Notiz im “Zettelkasten” ist der Fund bemerkenswert genug. Es ist interessant, was hier zu den Stichworten “Hofgeismarkreis” und Hans F. K. Günther zu lesen ist. Zudem enthält der Artikel einen Bezug auf den “Juniclub” (einen nationalkonservativen Herrenclub in der Weimarer Zeit, dem auch Paul Fechter angehört hatte). Eine inhaltliche Stellungnahme zu dem Artikel und den hier wiedergegebenen Auszügen kann ich nicht abgeben; es geht um das Notieren von Stichworten und Anhaltspunkten.


“Die Ideen der Konservativen Revolution sind inzwischen in der SPD weit vertreitet und tief verankert. Peter Brandt, Herbert Ammon, Theodor Schweisfurth, Tilman Fichter haben das Ihrige dazu geleistet, Glotz hat es als Bundesgeschäftsführer und als Chefredakteur der "Neuen Gesellschaft/Frankfurter Hefte" geschehen lassen. …

Daß die Partei die Fascho-Jusos des neu gegründeten "Hofgeismarkreises" in Leipzig, die im Fernsehen Verständnis für den ausländerfeindlichen Pogrom in Rostock bekundeten, nicht einfach ausschloß, sondern mit einem milden einjährigen Funktionsverbot belegte, ist nur ein Symptom. "Realitätsnah" müsse man erkennen, "daß es eine Illusion ist, anzunehmen, wir allein könnten die gesamten sozialen Probleme dieser Welt lösen", meinte der Führer dieser Juso-Gruppe, Sascha Jung, zu seiner Verteidigung. Es ist mehrheitsfähig in der SPD, nicht danach zu fragen, wer solche Probleme mit verursacht hat. Und wer dennoch fragt, bekommt als Antwort "Völkermischzone" zu hören. Offenbar glaubt die Parteispitze, solche Nachwuchskräfte in Zukunft zu benötigen.

Die Formierungsbestrebungen in der SPD, mit denen Hochtechnologie-Subventionen und Sozialabbau abgesichert werden, führen zum Konzept der Nation hin. Die SPD greift heute auf ihre eigene Tradition zurück: die der "Kriegssozialisten" der 10er und der Nationalrevolutionäre der 20er und frühen 30er Jahre. …

… (Tilman) Fichter (war) Teilnehmer des "Dienstags-Gesprächskreises" in Berlin …, der zur Heckelmann-Krise der Berliner Großen Koalition führte. Gesprächskreis-Betreiber Hans-Ulrich Pieper kam ehemals aus dem "Nationaldemokratischen Hochschulbund" NHB und der nationalrevolutionären Gründungsorganisation der 60er und frühen 70er Jahre namens "Außerparlamentarische Mitarbeit" APM, deren damaliger Mitglieder sich heute teilweise bei der "Jungen Freiheit" finden. …
Nach einem Bericht des "Berliner Extradienstes" von 1968 war Pieper wegen seiner Militanz sogar in der NPD umstritten, wo er "Propagandareferent der Jungen Nationaldemokraten" gewesen sei. Dann war er REP-Pressesprecher und REP-Kandidat in München, heute ist er FDP-Mitglied beim Zitelmann-von Stahl-Flügel. Er hatte zur Teilnahme an "Dienstags-Gesprächen" in den 90ern neben Fichter auch Jörg Haider, Zitelmann, Fleissner, Heinrich Lummer, Manfred Brunner, einige Top-Manager großer Konzerne sowie Bankiers - sogar von der Bundesbank - und auch "Junge Freiheit"-Redakteure gewinnen können. Pieper werden heute weitreichende Verbindungen in Politik und Wirtschaft nachgesagt. Er war zeitweise Pressesprecher der Rüstungsfirma Rheinmetall in Düsseldorf und Referent der Bonner CDU-Zentrale, als Kurt Biedenkopf dort Generalsekretär war. In Mohlers und Schrenck-Notzings "Criticon" schrieb er in den 90ern gegen die "Umerziehung" der Deutschen durch die Sieger des Zweiten Weltkriegs und über "Reichsverfassungsentwürfe", die angeblich von Treudeutschen erarbeitet würden.

Sein "Dienstags-Gesprächskreis" war der fehlgeschlagene Versuch, zeitgemäß an die "Antibolschewistische Liga" der Jahre 1918/19, den "Juniclub" der Konservativen Revolution oder an den Düsseldorfer "Industrieclub" der frühen 30er Jahre anzuknüpfen. Unmittelbares Vorbild war die "Düsseldorfer Herrenrunde" der 80er und 90er Jahre, die Industriemagnaten mit rechtsextremen Politikern - von völkisch-rassistischen Neuheiden wie dem Verleger und Düsseldorfer Gemeindeleiter der "Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft", Kurt Winter, bis zu Brunner und Schönhuber - zusammenbrachte, wo aber auch z. B. die Präsidenten der deutschen Nachrichtendienste referierten. Der Pieper-Kreis spiegelt die Atmosphäre wieder, in der sich Fichter seit fünfzehn Jahren oder länger bewegt. …
Tilman Fichter wurde von Peter Glotz aus Berlin in die Bonner SPD-Zentrale geholt, als Glotz Bundesgeschäftsführer war. Hier stieg er schnell zum Referenten für Schulung und Bildung beim Parteivorstand auf und ist seit 1987 zuständig für die Fortbildung der hauptamtlichen SPD-Funktionäre in der SPD-Parteischule. "Geistiger Kopf der SPD-Parteischule" und "Angelpunkt" nanne ihn der Berliner "Tagesspiegel" 1993. … Von der Parteibasis unkontrolliert - sein Job steht nicht in der Parteisatzung, dem Votum des Parteitags stellt er sich nicht, eine Wahl findet nicht statt - bastelt Fichter seit Jahren an einem brisanten politischen Bündnis mit dem Neofaschismus, Bandbreite: vom Dunstkreis der Mordhetzer der "Aktion Widerstand" aus den frühen 70er Jahren, die "Willy Brandt an die Wand!" schrien, über die faschistische Intellektuellen-Zeitung "Junge Freiheit" bis zum Pogrom-Rassismus der Leipziger Fascho-Jusos, die in alter Burschenherrlichkeit "Haltet Euer Deutschtum hoch!" grölen. Dabei weist Fichter immer wieder auf seinen Job beim Parteivorstand der SPD hin, als wollte er den Eindruck erwecken, seine Politik habe höchste sozialdemokratische Weihen …

(Fichter ist) ein hauptsächlicher Anker für die Nationalrevolutionäre in der SPD … Er hielt sich immer schon in dieser Szene auf, auch vor seinem Eintritt in die SPD und seiner Anstellung beim Parteivorstand. Schon 1981 veröffentlichte er in der Zeitschrift "Stichwort" - die sich "eine Schrift der Jugendbewegung" nannte - einen Artikel über die vermeintliche "Identitätsaufgabe" der akademischen 68er-Jugend. In der Zeitschrift schrieb im selben Jahr auch Lothar Stengel-von Rutkowski, ehemals Waffen-SS-Offizier an der Ostfront, Mitarbeiter der "Nationalsozialistischen Monatshefte" und hier Biograph des Nazi-Rassisten Hans F. K. Günther. Bis Ende der 80er Jahre war Stengel-von Rutkowski einer der Hauptideologen der kleinen Nazi-Sekte "Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft", aus der nicht nur etliche NPD- und REP-Funktionäre kamen, sondern die es auch in den 80er und 90er Jahren verstand, mannigfache Verbindungen zur Sozialdemokratie zu knüpfen. Alte Kontakte zwischen rechten Teilen der Sozialdemokratie und der Strasser-Fraktion der Nazis, zu der völkisch-religiöse Vorläufersekten der "Deutschen Uniatrier" um Ernst Graf von Reventlow und Wilhelm Hauer zählten, mögen da hilfreich gewesen sein. …
Solche Umgebungen klären, warum Glotz in seiner NG/FH die Zitelmann, Nolte oder Benoist nicht persönlich schreiben zu lassen braucht. Autoren wie Fichter oder Ammon - der 1990 mit dem Backes-Jesse-Zitelmann-Trio in dem Ullstein-Buch "Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus" schrieb - decken den Bereich eine Nummer kleiner und unverfänglicher ab.  …”


Anm.:
Benoist gilt als der Begründer der “Neuen Rechten”.
Tilman Fichter hatte den Posten als Referent für Schulung und Bildung im SPD-Parteivorstand noch bis 2001 inne.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tilman_Fichter


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Mein Vater war ein Goethe-Kenner
 
"Mein Vater war ein Goethe-Kenner und daher bin ich mit einer großen Ausstattung von Goethe-Zitaten ins Leben gegangen. Das kann man wunderbar ausbauen. Es gibt kaum ein Feld des praktischen und geistigen Lebens, zu dem Goethe sich nicht geäußert hätte. Zum Beispiel zur Bildungspolitik: Man könnte erzogene Kinder gebären, wenn die Eltern erzogener wären. Oder: Dreimal glücklich sind diejenigen zu preisen, die ihre Geburt sogleich über die unteren Stufen der Menschheit hinaushebt."

Thilo Sarrazin in einem Interview mit Claus-Christian Malzahn für “Die Welt”
http://www.welt.de/politik/deutschland/article11922325/Ein-Hausbesuch-bei-Thilo-dem-Taliban.html ;
ähnlich für die “Morgenpost”:
http://www.morgenpost.de/berlin/article1498173/Thilo-Sarrazin-Berlin-wird-schlecht-regiert.html
Eine bemerkenswerte Auswahl von Goethe-Zitaten ... wo Sarrazin Senior gerade diese wohl gelernt hat? Sie scheinen ja hervorragend zur Ideologie der Eugenik, alias Rassenhygiene, zu passen; geradezu wie dafür ausgewählt. (Siehe auch auf diesem Post Stichworte "Paul Fechter", "Drittes Reich", "Neues Reich").

Da fällt gar nicht auf, aus welchem Zusammenhang diese Worte gerissen sind: Das Zitat über die dreimal glücklichen Hochgeborenen zum Beispiel hat Goethe seiner schwärmerischen, selbstunsicheren, suizidalen Romanfigur Werther in den Mund gelegt. - Siehe z.B.
http://books.google.de/books?id=fI8NLKyeY4cC&pg=PA156&lpg=PA156&dq=%22Dreimal+gl%C3%BCcklich+sind+diejenigen+zu+preisen%22&source=bl&ots=ebZrM3k1x8&sig=nmT3ZqksKaKW5tgLO4q00ctBatM&hl=de&sa=X&ei=4yX8UNyGNdOZhQeZ3ICoBg&ved=0CD8Q6AEwAw#v=onepage&q=%22Dreimal%20gl%C3%BCcklich%20sind%20diejenigen%20zu%20preisen%22&f=false
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26. 1. 2013

Eine "Studiengruppe Naturalismus", die auf diesem Blog das Klappentext-Zitat zum Werdegang von Sarrazin Senior und den Hinweis auf Paul Fechter gefunden hat (s.o.), hat sich in einem Beitrag vom 21.1.2013 ebenfalls die Frage gestellt, ob familiäre Prägungen und Netzwerke bei der Theoriebildung des Thilo Sarrazin eine Rolle gespielt haben könnten.

 



Sie gibt auf ihrer Webseite den Text eines Briefes des ehemaligen Gauleiters Wartheland, Arthur Geiser, wieder, in dem dieser eine Gutsbesitzers-Familie Sarrazin lobt („Es ist erwiesen, daß durch die Energie und den tatkräftigen Fleiß der Familie Sarrazin der an sich kaum lebensfähige Besitz Kruszewnia zu einem einigermaßen anständigen Gutsbetrieb herausgearbeitet worden ist.”).
Aus dem Brief ist weiter zu entnehmen, dass die Familie Sarrazin dennoch auf pers
önliche Veranlassung Hitlers das Gut der Familie Ludendorff ü
berlassen sollte und einen Ersatz in der Nachbarschaft angeboten bekam. (Kruszewnia, in der damaligen Provinz Posen, ist der Geburtsort des WK1 Generals Erich Ludendorff.) Auf der Webseite werden Anhaltspunkte dafür angeführt, dass es sich hier mit einiger Wahrscheinlichkeit um die Herkunftsfamilie Thilo Sarrazins und seines Vaters Hans-Christian Sarrazin handelt.
(Ergänzung 2.2.13: In dem Fall spricht einiges daf
ür, dass Gregor Sarrazin - s. Kommentar unten - der Großvater sein könnte und dessen Frau Frances geb. Stearne die von Thilo Sarrazin gelegentlich erwähnte "englische Großmutter".)

Studiengruppe Naturalismus: “Von Gutsnachbarn zu "Geistesnachbarn"?”
http://studiengruppe.blogspot.com
Zu Arthur Geiser, der später als Kriegsverbrecher in Polen hingerichtet wurde, siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Arthur_Greiser
Hermann Sarrazin, Felix R. Sarrazin, Josef Sarrazin: Stammbaum der westfaelischen Familie Sarrazin ,1911 (nicht gelesen und nicht bestellt, nur als Hinweis für Interessierte)
http://books.google.com/books/about/Stammbaum_der_westfaelischen_Familie_Sar.html?id=7k3UPgAACAAJ&redir_esc=y
Ludendorff, Ludendorff-Bewegung, Tannenberg-Bund, “arteigenes Gotterkennen”:
Siehe z.B. “Ludendorff-Bewegung: die völkisch-rassistische Sekte”
http://www.youtube.com/watch?v=aYz uWY6ZTyc
und auf diesem Blog Stichworte “Ludendorff” und “Gotteserkenntnis (L)”
Warum sollte Familiengeschichte hier überhaupt von Interesse sein?

Weil Familiengeschichte auch Bez
üge zur Ideengeschichte haben kann – wenn z.B. eine Familientradition besteht, die Mitglieder der eigenen Familie aufgrund ihrer Abstammung für besonders „führungsbegabt“ zu halten und eine Hierarchie von „höherwertigen“ und „minderwertigen“ Abstammungslinien als selbstverstä
ndlich anzunehmen.
Siehe auch “Fü
hrungsbegabte Familien – besondere Gene oder besondere Zugänge?”
http://guttmensch.blogspot.com/2011/12/fuhrungsbegabte-familien-besondere-gene.html
Natürlich bedeutet Familientradition noch lange nicht, dass sich jedes Mitglied einer Familie entsprechend einer solchen Tradition verhält. Aber bei Thilo Sarrazin ist das – uneingestandene – Anknüpfen an ältere Denkmuster so deutlich, dass es sinnvoll ist, auch die Frage nach dem möglichen  Einfluss generationenübergreifender Denktraditionen und Netzwerke mit zu bedenken.
Hypothese:
Es gibt eine Tradition der Sehnsucht nach dem wahren “Dritten Reich”. Sarrazins Denkmuster entstammen der “konservativen Revolution” der Weimarer Zeit, deren Träger dem “Dritten Reich” den Weg bahnten.
Dass einige der frühen Verfechter des “Dritten Reichs” später in den Widerstand gingen oder zum Opfer des von ihnen mit aufgebauten Regimes wurden, andere – wie Paul Fechter – nach dem Krieg für sich in Anspruch nahmen, “inneren Widerstand” geleistet zu haben, ändert nicht, dass sie vorher laut und vernehmlich die Geister gerufen hatten, die sie dann nicht mehr aus eigener Kraft loswerden konnten. (Wie laut sie die Nazi-Herrschaft herbeigerufen haben, das wird erst im Zeitalter des Internet nachprüfbar für jeden, den es interessiert - zum Beispiel dadurch, dass alte Bücher und Dokumente durch Internet-Antiquariate leichter auffindbar sind als jemals zuvor, und Texte und Bilder daraus sofort ins Internet gestellt und mit Suchmaschinen gefunden werden können.)
Gerade die 50er Jahre, die Thilo Sarrazin nostalgisch beschw
ört, waren eine Zeit besonders dreister und selbstbetrügerischer, noch lange nachwirkender Verdrängung und Verleugnung dieser Zusammenhänge.
Auch das folgende Buch zu bestellen und zu lesen wird mir derzeit zuviel; vielleicht interessiert es aber andere, die der Frage nachgehen wollen, wo Thilo Sarrazins Ideal vom kargen Leben (für andere) herkommen könnte:
Vesper, Will und Paul Fechter:  Lob der Armut, Werk und Feier - Bücher von deutscher Art und Arbeit, Erstes Buch (Lob der Armut); Furche-Verlag, Berlin, 1921
- Erhältlich über Internet-Antiquariate